Zwischen Softdrinks findet man in manchem Supermarkt jetzt tödliche Geschosse.Bild: American Rounds
USA
16.07.2024, 09:0416.07.2024, 09:05
Das versuchte Attentat auf Donald Trump hat am Samstag ein Schlaglicht auf die US-Waffenkultur geworfen. Künftig könnten Schießereien nun sogar noch häufiger auf der Tagesordnung stehen: Eine neue Verkaufsrevolution macht Munition einfacher und rund um die Uhr zugänglich. Ein Waffenhändler stellte den ersten Verkaufsautomaten für Projektile vor.
In drei US-amerikanischen Staaten wird es dadurch nun noch einfacher, scharfe Munition zu bekommen. Wer Kugeln für Pistolen, Gewehre und halbautomatische Schusswaffen kaufen möchte, war bisher vor allem auf spezialisierte Waffenläden oder Großraum-Supermärkte wie Walmart angewiesen. In Texas, Alabama und Oklahoma könnten jetzt Munitions-Automaten zum alltäglichen Anblick an Tankstellen, Parks und in Supermärkten werden.
"Viele Menschen waren geschockt von der Idee, Munition in Supermärkten zu verkaufen."
CEO von American Rounds, Grant Magers
Supermärkte rüsten auf: Munition aus dem Automaten
Denn in diesen Staaten erhielt der Waffenhändler American Rounds die Erlaubnis zum Vertrieb von Projektilen mittels Verkaufsautomaten. Für den Geschäftsführer des Unternehmens, Grant Magers, ist die Neuerung nicht wirklich bemerkenswert: "Es ist nicht viel anders, als die Einrichtung jedes anderen Unternehmens."
"Ich glaube, viele Menschen waren geschockt von der Idee, Munition in Supermärkten zu verkaufen", räumte Magers ein. "Aber wie wir erklärt haben: Wo ist da schon der Unterschied zu Walmart?" Selbst spät in der Nacht können Kund:innen nun an ausgewählten Standorten Munition für verschiedene Zwecke erwerben. Rund 200 Anfragen von Einzelhändlern seien bereits eingegangen. Kandidaten für die erste Erweiterung des Geschäftsbereichs sollen Florida und Colorado sein.
Waffenhändler wirbt: 24/7-Verkauf, "stressfreie Einkaufserfahrung"
Im Sortiment der Verkaufsautomaten befinden sich Kugeln für mehrere verschiedene Waffengattungen und Kaliber. Auf der Website wirbt die Firma mit einer "stressfreien Einkaufserfahrung" und dem Rund-um-die-Uhr-Betrieb der Automaten. Zudem sei man bemüht, die Automaten stets in der Nähe von Geldautomaten zu platzieren.
Dass die USA eine besondere Beziehung zu Schusswaffen haben, ist eigentlich keine Neuigkeit. Rund 400 Millionen Schusswaffen befinden sich bereits jetzt in den Händen von US-amerikanischen Bürgern.
Die liberalsten Waffengesetze der Welt sorgen nicht nur für volle Schießhallen, sondern auch für etliche tödliche Schießereien. Unter den Industrienationen führen die USA die Liste der tödlichen Schießereien pro Einwohner mit großem Vorsprung an.
Alabama: Armut, Gewalt und nun auch Munitionsautomaten
Bereits seit November ist der erste "American Rounds"-Automat im Bundesstaat Alabama im Betrieb. Fünf weitere Standorte sind dort, in Texas und in Oklahoma seitdem hinzugekommen. Aus rechtlicher Sicht kein Problem, wie das Büro des Generalstaatsanwalts von Oklahoma dem TV-Sender "CNN" mitteilte. Solange der gesetzliche Rahmen nicht gedehnt werde, sehe die Behörde keinen Anlass für spezifische Kontrollen.
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Automaten, die bereits im Betrieb sind, stehen ausschließlich in traditionell von Trumps Republikanern regierten Staaten. Speziell in Alabama wirft die Neuerung Sicherheitsfragen auf. Der Staat am Golf von Mexiko liegt laut Statista und der US-Gesundheitsbehörde CDC bei zahlreichen relevanten Kategorien auf den hintersten Plätzen. Dazu zählen Lebenserwartung, Bildungsstandard und Einkommen pro Kopf. Einen Spitzenplatz belegt Alabama jedoch in der Rubrik Tote durch Schusswaffen.
"Die Maschine prüft nur das Alter. Sie prüft nicht das Vorstrafenregister."
Aktivistin Kris Brown über das Kontrollsystem
Während Zivilschutzaktivisten und NGOs auf die Gefahr ständig verfügbarer Munition ohne menschliche Zwischeninstanz hinweisen, beharrt der Anbieter auf angeblich verstärkten Sicherheitskontrollen. Wer sich die Produkte beschaffen will, muss seine Identität einer Prüfung durch die künstliche Intelligenz unterziehen.
Dass die Verkaufsmaschinen mittels KI prüfen, wer sich Munition besorgt, beruhigt Aktivist:innen nicht. Nick Suplina, Vize-Präsident der Zivilschutzorganisation Everytown for Gun Safety klagt gegenüber der Presseagentur "AP":
"Innovationen, die Munitionskäufe mit Gesichtserkennung, Altersprüfung und Nachverfolgbarkeit von Serienverkäufen sicherer machen, gehören in Waffenläden. Nicht an den Ort, den Kinder zum Milchkaufen aufsuchen."
Kris Brown von der Anti-Waffengewalt-Organisation "Brady" zeigte im Gespräch mit der "BBC" ein anderes Problem auf. So könne man nun reibungslos rund um die Uhr Munition kaufen, egal ob man betrunken, von Drogen berauscht oder emotional aufgeladen ist.
Noch schlimmer: Selbst verurteilten Straftäter werde der Zugang ermöglicht: "Die Maschine prüft nur das Alter. Sie prüft nicht das Vorstrafenregister." Doch wie genau funktioniert das?
USA: "Revolution der Munitionsindustrie"
Per Führerschein oder Personalausweis müssen Kund:innen ab 21 Jahren ihre Volljährigkeit nachweisen. Die KI nimmt dann vom Gesicht der Käufer:innen einen Scan und gleicht die Informationen ab. Ein Vorteil bestehe darin, dass so der Kauf von Munition nach einem Verbrechen leichter nachvollziehbar sei.
Bisher wird Munition in den USA zumeist in speziellen Waffenläden verkauft. Daneben floriert aber auch der Online-Handel, bei dem die Identitätskontrolle einfach umgangen werden kann. Viele Waffen und die dafür passenden Kugeln kaufen US-Amerikaner:innen aber ganz legal second-hand von Privatpersonen und Marktbestellern auf Waffenmessen und -märkten.
Wie Magers betont, gehe die Initiative dafür auf die Einzelhändler selbst zurück. Diese hätten ihn gebeten, den automatisierten Verkauf zu ermöglichen, "um Ladendiebstählen" vorzubeugen. Auf der Homepage beschreibt die Firma ihr Ziel in blumigen Worten: "Wir streben die Revolution in der Munitionsindustrie an, indem wir den Einkauf einfacher, schneller und smarter gestalten."
Bundeskanzler Olaf Scholz' (SPD) Vertrauensfrage am 16. Dezember soll den Weg für die Neuwahlen im Februar ebnen. Es gilt als reine Formalität, damit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann den Bundestag auflösen kann.