Der versuchte Mordanschlag auf Donald Trump hält die USA auch Tage später in Atmen. Der frühere US-Präsident zeigt sich nach dem vergleichsweise glimpflich verlaufenen Attentat dankbar und überrascht mit für ihn eher ungewöhnlich ruhigen Tönen.
"Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte tot sein", sagt Trump in einem Interview mit dem "Washington Examiner". Laut ihm rettete eine kleine Geste während der Wahlkampfveranstaltung ihm womöglich das Leben.
Der 78-Jährige habe just im Moment des Angriffs auf ein Plakat zum Thema Migration gezeigt und deswegen den Kopf leicht weggedreht. "Das wird mir erst langsam bewusst. Ich gucke selten von der Menschenmenge weg. Wenn ich es in dem Moment nicht getan hätte, na ja, dann würden wir heute nicht miteinander sprechen, oder?", erklärte er kurz danach.
Unmittelbar vor dem Attentat aufgenommene Fotos zeigen, wie Trump sich leicht nach rechts dreht und mit der Hand in Richtung des Plakats zeigt. Dann traf ihn der Schütze nach eigenen Angaben mit einer Kugel am rechten Ohr. Im Gespräch "New York Post" sagt er: "Durch Glück oder durch Gott – und viele Leute sagen, es war Gottes Werk – bin ich noch hier".
Laut der Boulevardzeitung trug Trump beim Interview einen weißen Verband über seinem rechten Ohr, seine Mitarbeitenden hätten aber keine Fotos erlaubt. Ob er diesen auch noch auf dem Parteitag der Republikaner tragen wird? Der Kongress beginnt am Montag im US-Bundesstaat Wisconsin.
50.000 Teilnehmende werden in der 560.000-Einwohner-Stadt Milwaukee erwartet. Das Zentrum soll sich förmlich im Lockdown befinden, wie US-Medien berichten. Am Samstag waren in der Innenstadt bereits zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen in Kraft.
Beim Parteitag ernennen die Republikaner am Donnerstag offiziell den Präsidentschaftskandidaten für die Wahl am 5. November – und das wird Trump sein. Seine Rede für den Anlass habe er schon vor dem Attentat vorbereitet, doch diese werfe er nun über Bord, wie er im Interview mit dem "Washington Examiner" am Tag nach dem versuchten Mordanschlag auf ihn mitteilt.
"Die Rede, die ich am Donnerstag halten wollte, sollte ein Knaller werden", sagt er. "Wäre das nicht passiert, wäre es eine der unglaublichsten Reden geworden", die sich vor allem gegen die Politik von Präsident Joe Biden richtete. "Ehrlich gesagt, wird es jetzt eine ganz andere Rede sein."
Zunächst sei sein Plan gewesen, mit seinen Worten seine Wählerschaft zu begeistern. Nun soll seine Rede aber seine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass der Angriff auf ihn "den Wahlkampf völlig verändert hat". Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben dies nach dem schockierenden Vorfall vom Samstag eingeräumt.
Trump meint, dass ihn Menschen aus allen Teilen des Landes aus verschiedenen Gesellschaftsschichten und mit unterschiedlichen politischen Ansichten angerufen haben. Seine Rede werde dem gerecht, was "die Geschichte verlangt". "Es ist eine Chance, das Land zusammenzubringen. Diese Chance wurde mir gegeben."
Trump setzt sich als Versöhner in Szene – ein ungewohntes Bild. US-Expert:innen sehen darin durchaus eine Taktik, den Mordanschlag auf ihn bestmöglich für sich zu nutzen.
Denn während er davon spricht, dass das Land sich jetzt vereinen sollte, hetzen seine Maga-Anhänger:innen gegen Biden und die Demokraten. Maga steht für Trumps Wahlspruch "Make America Great Again". In der Maga-Bewegung, die Trump in den vergangenen Jahren hinter sich scharen konnte, gilt die Loyalität ausschließlich dem "Führer" Trump. Expert:innen sprechen deshalb mittlerweile von einem Kult.
Mit haltlosen Thesen schieben Trumps Maga-Republikaner Biden die Schuld für den Anschlag zu. Er widerrum will mit seiner Rede auf dem Parteitag das Land zusammenbringen: "Dies ist eine Chance, das ganze Land, ja sogar die ganze Welt, zusammenzubringen. Die Rede wird ganz anders ausfallen, ganz anders als noch vor zwei Tagen", sagt er gegenüber dem "Washington Examiner".
Am frühen Sonntagmorgen postete Trump auf der sozialen Plattform Truth Social, dass es "Gott allein war, der das Undenkbare verhindert hat" und dass er sich "nicht fürchten" werde. Auch im Gespräch mit dem "Washington Examiner" berief er sich auf "Gott" für seine Befreiung.
Diese Annahme werden wohl vor allem die christlichen Nationalist:innen unterschreiben, die sich hinter Trump versammeln.