Als Rechtfertigung für den Krieg liefert der russische Präsident Wladimir Putin viele Gründe.Bild: Pool Sputnik Kremlin / Mikhail Tereshchenko
Russland
Seit Februar 2022 herrscht in der Ukraine Krieg, über zwei Jahre lang dauert er bereits an. Dafür liefert der russische Präsident Wladimir Putin viele Gründe. Er behauptet etwa seit Beginn der Invasion in seinem Nachbarland, die Nato habe ihr Versprechen gebrochen, sich nicht weiter nach Osten auszudehnen. Ein ehemaliger russischer Außenminister widerspricht dem vehement, bezichtigt Putin der Lüge. Doch was steckt dahinter?
Die Behauptungen von Putin zur Nato-Osterweiterung
Kurz vor dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 äußerte Putin erneut seine Sicht zur Nato-Osterweiterung. Er behauptete etwa, dass die USA 1990 mündlich zugesichert hätten, die Wiedervereinigung Deutschlands würde nicht zu einer Nato-Ausdehnung führen. Putin zufolge hätten die USA zudem erklärt, der Beitritt mittel- und osteuropäischer Länder zur Nato würde die Beziehungen verbessern. Das Gegenteil sei jedoch eingetreten, sagte Putin. Die neuen Nato-Mitglieder hätten "ihre Komplexe und Stereotypen über die russische Bedrohung" eingebracht.
Invasion durch Russland: Seit 2022 herrscht Krieg in der Ukraine.Bild: Russia Emergency Situations Mini / Uncredited
Putin sieht offiziell im Ukraine-Krieg eine logische Folge dieser Entwicklungen. Er bezeichnete einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine als "direkte Bedrohung für die Sicherheit Russlands". Bereits 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz sprach Putin von einem westlichen Versprechen, die Nato nicht nach Osten zu erweitern.
Russland: Politiker widerspricht Putin zu Nato-Frage vehement
Andrej Kosyrew war russischer Außenminister unter der Regierung Boris Jelzins. Er übte sein Amt von Oktober 1990 bis zu seiner Entlassung im Januar 1996 aus. Mit Beginn des Krieges hatte er den Westen vor Putin gewarnt. Nun widerspricht er der Erzählung des Präsidenten zur Nato-Osterweiterung entschieden. Laut Kosyrew gab es niemals ein solches Versprechen.
Andrej Kosyrew war russischer Außenminister unter der Regierung Boris Jelzins. (Foto von 1991)Bild: imago images / sepp spiegl / imago stock&people
Die "Frankfurter Rundschau" berichtet über ein Interview von ihm mit der "Kyiv Post". Darin erklärt er, dass seine umfangreichen Recherchen während seiner Amtszeit keinen Hinweis auf eine Zusicherung Washingtons an Michail Gorbatschow ergeben hätten. "Es ist nicht wahr, dass es solche Zusicherungen gegeben hat", behauptet Kosyrew.
Nato-Osterweiterung: Das sagen Experten dazu
Auch eine Historikerin äußerte sich in der Vergangenheit bereits zu dieser Frage. Mary Elise Sarotte unterstrich im "Standard", dass die Frage der Nato-Erweiterung von der Ukraine-Frage getrennt betrachtet werden müsse. Sie wies darauf hin, dass die Ereignisse schwer zu rekonstruieren seien.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990, der die deutsche Wiedervereinigung regelte, sei rechtlich bindend und erlaube der Nato die Osterweiterung. Die Sowjetunion habe diesen Vertrag nicht nur unterschrieben, sondern auch die finanziellen Vorteile davon genutzt, sagte Sarotte.
Helmut Kohl und Michail Gorbatschow unterzeichneten den Zwei-plus-Vier-Vertrag.Bild: imago images / Sven Simon / imago stock&people
Während der Verhandlungen 1990 soll der damalige US-Außenminister James Baker Gorbatschow vorgeschlagen haben, die Nato würde sich "not one inch" nach Osten ausdehnen. Dies sei jedoch ein Gedankenspiel gewesen, denn Präsident George Bush Senior habe eine solche Zusicherung abgelehnt. Die Nato-Russland-Grundakte von 1997 verpflichtet beide Seiten zur Achtung der Souveränität, ist jedoch nicht rechtlich bindend, sagte Sarotte.
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Der Journalist Andreas Zumach verweist auf freigegebene Dokumente des US National Security Archive. Zumach war zwischen 1988 und 2020 UN-Korrespondent der taz. Ihm zufolge belegen die Dokumente, dass Gorbatschow im Glauben gelassen wurde, die Zusicherung Bakers sei aufrichtig. Gleichzeitig hätten westliche Regierungen über eine NATO-Osterweiterung nachgedacht. Gorbatschow habe einen "handwerklichen Fehler" begangen, indem er sich diese Zusagen nicht schriftlich geben ließ, sagt Zumach.
Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten herrscht viel Ungewissheit darüber, wie es jetzt mit der Ukraine weitergeht. Es gibt nicht unbegründete Ängste davor, Trump könne dem Land bald den Geldhahn zudrehen.