Donald Trump will wieder Präsident der USA werden. Bild: AP / Eric Gay
USA
Nach den jüngsten verbalen Entgleisungen vergleichen die "New York Times" und prominente Historiker den Ex-Präsidenten mit Hitler und Mussolini.
Philipp Löpfe / watson.ch
Die Diskussion, ob man Donald Trump dem faschistischen Lager zuordnen darf oder nicht, quält sich seit Jahren dahin. Die jüngsten Äußerungen des Ex-Präsidenten und die Offenlegung seiner Pläne, sollte er tatsächlich nochmals ins Weiße Haus einziehen, haben die Debatte nun entschieden.
So spricht beispielsweise Rob Reiner, ein bekannter Schauspieler und Regisseur ("Harry und Sally"), in einem Interview mit Ari Melber bei der Kabel-TV-Station MSNBC Klartext: "Im Vorfeld spricht man immer von historischen Wahlen", erklärt er. "Doch diesmal trifft es wirklich zu. Wir müssen uns entscheiden zwischen Demokratie (Biden) und Faschismus (Trump)."
Macht es vor: Javier Milei, frisch gewählter Präsident von Argentinien.Bild: AP / Natacha Pisarenko
Wer seine politischen Gegner "Ungeziefer" nennt, das es "auszurotten" gilt, der lässt tatsächlich keine Fragen mehr offen. "Hier handelt es sich um Echos einer faschistischen Rhetorik, und sie sind sehr präzise", erklärt denn auch Ruth Ben-Ghiat, Professorin an der New York University, gegenüber der "New York Times". "Die allgemeine Strategie ist klar ersichtlich. Es geht darum, seine Gegner zu entmenschlichen, damit es keinen Aufschrei geben wird, wenn man das umsetzt, was man zu tun gedenkt." Ben-Ghiat ist Expertin für die Geschichte des Faschismus.
Seit er 2015 die Rolltreppe des Trump Tower heruntergeschwebt ist und seine Kandidatur verkündet hat, ist der Ex-Präsident hart entlang der faschistischen Rhetorik geschrammt. So hat er Mexikaner pauschal als Verbrecher und Vergewaltiger bezeichnet. Jetzt überschreitet er diese Grenzen immer öfters und immer deutlicher.
Trumps fragwürdige Drohungen
Hier ein paar Beispiele: Er will Mark Milley, den ehemaligen Generalstabschef der amerikanischen Armee, wegen angeblichen Verrats hinrichten lassen. Er droht seinen politischen Gegnern, die er allesamt – ganz speziell jedoch die Familie Biden – ins Gefängnis werfen will, Rache und Vergeltung an. Er habe "keine andere Chance", so Trump.
Überhaupt seien die Demokraten in Washington "ein mit kranken Leuten gefülltes Nest, das gesäubert werden muss, und zwar sofort". Er werde im Falle einer Wiederwahl endgültig "die Handschuhe ausziehen" und zuschlagen, so Trump weiter. Ja, er will gar eines der größten Tabus der Amerikaner brechen: die Verfassung außer Kraft setzen.
Soll wieder ins Weisse Haus einziehen: Michael Flynn, ehemaliger Sicherheitsberater und QAnon-Anhänger.Bild: AP / Darron Cummings
Dazu kommt, dass in der jüngsten Vergangenheit immer mehr Details bekannt geworden sind, wie Trump seine faschistischen Pläne umsetzen will. Nicht von ungefähr hat er Javier Milei, dem frisch ernannten Präsidenten von Argentinien, wärmstens zu dessen Wahlsieg gratuliert. Dieser will den Staat bekanntlich auf ein absolutes Minimum reduzieren und Beamte im großen Stil entlassen.
Auch Trump will rund 5000 Beamte feuern und sie durch absolut loyale Marionetten ersetzen. So soll der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn wieder in den West Wing des Weißen Hauses einziehen und Jeffrey Clarke ist als Justizminister im Gespräch. Flynn ist verurteilt – und von Trump begnadigt – worden, weil er das FBI angelogen hat. Clarke ist einer der Mitangeklagten im Strafprozess in Georgia.
Demokraten sind alarmiert
Angesichts dieser Fakten räumen selbst diejenigen, die Trump zwar als Chaoten verurteilten, ihn hingegen mehr als Politclown denn als Faschisten betrachteten, allmählich ein, dass sie sich möglicherweise geirrt haben. Einer davon ist Chuck Hagel, ein Republikaner und ehemaliger Verteidigungsminister unter Barack Obama. Er glaubt zwar immer noch, dass Trump keine kohärente Weltanschauung vertritt, doch gegenüber der "New York Times" gibt er zu: "Sein Stil ist verdammt gefährlich."
Trumps mittlerweile offen zur Schau getragener Faschismus hat auch etwas Gutes: Endlich erwachen die Demokraten. Lange haben sie versucht, den Ex-Präsidenten zu ignorieren. Joe Biden hat sich bisher gar geweigert, seinen Namen in den Mund zu nehmen, und sprach, wenn überhaupt, nur vom "former guy", dem Typen vor mir.
Greift Trump endlich frontal an: Präsident Joe Biden.Bild: AP / Evan Vucci
Jetzt aber greift Biden Trump in seinen Reden namentlich und frontal an. Nebst der Abtreibungsfrage wird die Gefahr, die Trump für die Demokratie darstellt, zum zentralen Thema der demokratischen Wahlkampagne. Die Demokraten fordern auch die TV-Stationen auf, wieder vermehrt über die Trump-Rallys zu berichten. Sie haben erkannt, dass Ignorieren die falsche Taktik ist.
"Je mehr die Menschen von Trump sehen und hören, was er mit dem Land im Schilde führt, sollte er wieder an die Macht kommen, desto besser ist dies für die Wahlchancen der Demokraten", erklärt etwa Ben Wikler, Vorsitzender der Demokratischen Partei in Wisconsin. "Trumps unersättliches Bedürfnis nach Aufmerksamkeit ist ein Vorteil für uns."
Trumps faschistische Rhetorik hat auch das Lager der Never-Trumper aufgeschreckt. In einem Gastkommentar in der "New York Times" schlagen drei juristische Koryphäen Alarm: George Conway, Michael Luttig und Barbara Comstock. Alle drei haben einen einwandfreien, konservativen Leistungsausweis. Sie beklagen, dass die Federalist Society – eine äußerst mächtige juristische Lobby in den USA – ihrer Aufgabe als Hüter der Demokratie nicht mehr nachkomme.
"Die Federalist Society, lange der Fahnenträger der konservativen juristischen Bewegung, hat in dieser Krise versagt", stellen die drei fest. Sie wollen daher eine neue Bewegung von verantwortungsbewussten Juristen auf die Beine stellen. Denn: "Wir müssen eine solche Bewegung wieder aufbauen, die in der Lage ist, die amerikanische Demokratie, die Verfassung und den Rechtsstaat zu unterstützen."
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