Bereits im vergangenen Jahr attackierte die Ukraine Ölraffinerien in Russland, nun verstärkt auch weit hinter der Front (Symbolbild).Bild: imago images / ITAR-TASS
watson antwortet
Die Ressourcen auf beiden Seiten schwinden: Seit mehr als zwei Jahren verteidigt sich die Ukraine gegen den Angriff Russlands. Kriegsgerät wird knapp, ebenso die Soldat:innen an der Front und die finanziellen Mittel.
So langsam ist also Kreativität im Kampf gefragt. Russlands Machthaber Wladimir Putin versucht es mit der Trickkiste und lockt Wehrpflichtige bewusst mit großzügigen Versprechungen in die Falle – sollten sie so lang an der Front überleben.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versuchte es jüngst mit einem Herabsetzen des Wehrpflichtalters. Doch die Ukrainer:innen zeichneten sich in ihrer Verteidigung in der Vergangenheit immer wieder durch große Kreativität aus.
So setzten sie bereits früh vergleichsweise billige, umfunktionierte Drohnen im Kampf ein – um ein Vielfaches günstiger als teure Panzer. "Drohnen werden offensichtlich einer der entscheidenden Faktoren für den Sieg in diesem Krieg sein", sagte Selenskyj Anfang der Woche.
So vergeht auch kaum eine Woche, in der die ukrainische Armee keine Erfolge mithilfe von Kampfdrohnen erzielen konnte. Zuletzt setzte die Ukraine verstärkt ihren Fokus dabei auf russische Ölraffinerien, teils weit hinter der Front.
Was steckt dahinter?
Was hinter den ukrainischen Angriffen auf russische Raffinerien steckt
Die meisten Anlagen befinden sich in Grenznähe, doch auch weiter entferntere Raffinerien werden von der Ukraine inzwischen ins Visier genommen. Zuletzt in der Region Samara. Diese liegt rund 800 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Die Frage nach dem Warum ist hier schnell beantwortet: Die Ukraine will die russische Wirtschaft schwächen.
"Unsere Aufgabe ist es, dem Feind die Ressourcen zu entziehen", wird etwa eine Geheimdienstquelle in ukrainischen Medien zitiert.
Das verfolgt die Ukraine seit einigen Wochen offenbar verstärkt.
Russland: Wie wichtig Raffinerien für Putin sind
Wirtschaftsexperte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) analysiert dazu auf X, wie wichtig die Raffinerien für Russland sind und welche Auswirkungen ukrainische Angriffe darauf haben.
Zwar würde das russische Militär laut Kluge "natürlich keinen Mangel spüren", sinnvoll seien die Angriffe aber dennoch. Denn sie sind laut dem Russland-Experten ein wirksames Mittel, um die Benzinpreise in Russland in die Höhe zu treiben. Er schreibt:
"Ein Benzinmangel wäre für Putin ein politischer Albtraum, denn er würde von allen gefühlt und diskutiert werden. Benzinpreise sind politisch, auch in Russland. Der Durchschnittsrusse ist nicht bereit, einen Preis für den Krieg zu zahlen."
Und tatsächlich, die Angriffe zeigen offenbar Wirkung.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters sind die Raffineriekapazitäten des Aggressors um etwa 14 Prozent reduziert worden. Grund seien die Anschläge der Ukraine.
Einem Bericht von "ntv" zufolge, in dem Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer zitiert wird, seien inzwischen etwa die Hälfte der rund 30 großen Raffinerien in Russland angegriffen worden – teils mehrfach. Auch Torbjörn Törnqvist, Chef der internationalen Ölhandelsfirma Gunvor Group, geht n dem Bericht davon aus, dass pro Tag 600.000 Barrel der russischen Raffineriekapazitäten außer Kraft gesetzt werden.
Im März waren deshalb die Benzinpreise für russische Autofahrer:innen tatsächlich auf ein Sechsmonatshoch geklettert. Als Reaktion darauf setzte der Kreml ein weitreichendes Exportverbot erneut in Kraft. Das bedeutet konkret, dass Benzin nun nur noch nach Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und in die Mongolei exportiert werden darf.
Eingekauft werden muss dafür nun umso intensiver – vorzugsweise aus Belarus. Während im Januar laut Berichten noch kein Benzin aus dem Nachbarland bezogen wurde, sind es inzwischen wohl 3000 Tonnen.
Könnten Ukraine-Angriffe auf Ölraffinerien auch globale Folgen haben?
Kluge geht in seiner Analyse auch auf mögliche globale Auswirkungen ein: laut ihm gebe es keine. Das mache die Attacken der Ukraine so effektiv. Denn russische Raffinerien hätten mit dem Ölexport nichts zu tun. Das heißt, die Effekte sind lokal auf Russland begrenzt. Diese Ansicht teilen verschiedene Expert:innen.
Jedoch nicht die USA. Die befürchten laut Informationen der "Financial Times" einen Anstieg der Ölpreise. Würde dies eintreten, könnte das auch schlechtere Chancen für Demokrat Joe Biden bei einer möglichen Wiederwahl bedeuten.
Doch trotz der bereits erfolgten Auswirkungen auf Russland, hat Putins Armee noch keinen Weg gefunden, die Angriffe der Ukraine zu stoppen. Janis Kluge schreibt dazu: "Die Ukraine hat gerade erst an der Oberfläche dessen gekratzt, was sie hier tun kann. Russland wird Gegenmaßnahmen versuchen, aber wahrscheinlich weiterhin verwundbar bleiben."
Laut Oberst Reisner könnte Russland versuchen, seine Raffinerien durch Raketenabwehrsysteme zu sichern, die allerdings dann wiederum an der Front fehlen würden.
Das Institute for the Study of War (ISW) analysiert in dem Zusammenhang: "Die ukrainischen Drohnenangriffe auf Ziele in Russland erhöhen wahrscheinlich den Druck auf die verfügbaren russischen Luftverteidigungsanlagen." Das heißt, die Ukraine könnte künftig auch Luftwaffenstützpunkte, Häfen und Militärquartiere ins Visier nehmen.
(Mit Material der dpa)
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