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Rente: Merz poltert gegen Junge Union – Söder und Prien versöhnlich

15.11.2025, Baden-Württemberg, Rust: Johannes Winkel (l, CDU), Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU), und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommen beim Deutschlandtag der Jungen Union in die Veran ...
Merz (r.) bekommt derzeit kein Lächeln von der JU und deren Chef Johannes Winkel (l.).Bild: dpa / Philipp von Ditfurth
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Rentenstreit: Merz poltert gegen Junge Union – Söder und Prien versöhnlich

Im unionsinternen Rentenstreit poltert Bundeskanzler Friedrich Merz erst gegen die eigene Parteijugend und versucht dann, die Wogen zu glätten. Andere Kolleg:innen geben sich versöhnlicher.
17.11.2025, 10:2017.11.2025, 10:39

Bislang war die Junge Union für den Kanzler eine sichere Machtbasis. Im Wahlkampf klebte der Parteinachwuchs unermüdlich Plakate und stand bei Wind und Wetter an der Seite von Friedrich Merz. Doch der Streit um das Rentenpaket der Regierung entzweit beide Seiten: Beim Deutschlandtag der JU wird es bei der Rede des Kanzlers erst immer stiller, in der Aussprache bekam er dann kaum noch Applaus.

Kritische Fragen der Delegierten wurden hingegen frenetisch bejubelt. Kann die JU, die mehrere Bundestagsabgeordnete stellt, das Vorhaben kippen?

Worum geht es beim Streit?

Im Zentrum steht die sogenannte Haltelinie bei der Rente, also das Absicherungsniveau der Rente im Verhältnis zu den Löhnen. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent zu verlängern.

In dem vom Kabinett beschlossenen Rentengesetzentwurf ist außerdem aber vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag moniert das und argumentiert, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist.

Welche Position vertritt Merz?

Merz will dem Vorschlag zustimmen. "Ja, ich werde mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen, wenn wir es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorliegen haben", sagte er in seiner Rede am Wochenende. Er forderte den Parteinachwuchs auf, sich an der Debatte konstruktiv zu beteiligen.

"Aber nicht, indem ihr sagt, was nicht geht", forderte er. Man müsse gemeinsam diskutieren, was gehe. "Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettbewerb gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau?", rief Merz in den Saal. "Das kann doch nicht euer Ernst sein!" Damit gewinne man keine Wahlen.

Was sagt die Junge Union?

Die Junge Union und auch die jungen Abgeordneten im Bundestag haben die Sorge, dass die Folgekosten den finanziellen Spielraum im nächsten Jahrzehnt massiv einschränken und zulasten der Beitragszahler:innen und damit der jungen Generation gehen.

JU-Chef Johannes Winkel hatte vor den Delegierten in Rust klargestellt: "Dieses Rentenpaket mit den Folgekosten von 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus, das darf auf keinen Fall so kommen."

Knickt Merz angesichts der Kritik ein?

Im "Bericht aus Berlin" hielt Merz den Kritiker:innen entgegen, dass der zur Rede stehende Rentengesetzentwurf genau dem Koalitionsvertrag entspreche. In ihm gehe es um die Zeit bis 2031. "Ich unterstütze es, dass wir für die Zeit nach 2031 in unserem Rentensystem grundlegend etwas ändern." Dafür werde noch in diesem Jahr die Rentenkommission eingesetzt.

"Die wird auch so besetzt werden, dass diejenigen, die das jetzt alles kritisch sehen, mit dabei sind." Die Kommission solle noch vor der Sommerpause 2026 ihre Arbeit abschließen. Unmittelbar danach werde das Gesetzgebungsverfahren beginnen. Man könne diese Schrittfolgen auch in einem "Begleittext", etwa einem Entschließungsantrag, zum aktuellen Gesetzesentwurf klarstellen, sagte Merz in der ARD.

Er versicherte, dass er sich um die Zusammenarbeit mit der Jungen Union und auch mit der Jungen Gruppe im Bundestag bemühe. "Aber ich bin als Bundeskanzler nicht nur einer Gruppe gegenüber verantwortlich, ich bin gegenüber dem ganzen Land in der Verantwortung."

Und was sagt Söder?

Der bayerische Ministerpräsident zeigte Verständnis für den Kanzler. Er werde Merz nicht in den Rücken fallen, sagte er beim Deutschlandtag. "Friedrich Merz muss auch eine Koalition zusammenhalten." Söder sprach sich aber für weitere Verhandlungen mit der SPD aus.

"Ich finde, ihr habt schon gute Argumente, und man muss sie auch wägen und beachten. Und wir müssen darüber auch mit der SPD reden", sagte Söder an die JU gerichtet. Mit Blick wohl auf SPD-Chef Lars Klingbeil, der zuvor Änderungen ausgeschlossen hatte, merkte er an: "So ein reines SPD-Basta von der Seite geht auch nicht."

16.11.2025, Baden-Württemberg, Rust: Markus Söder (M, CSU), Ministerpräsident von Bayern, steht beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) gemeinsam mit Johannes Winkel (r, CDU), Bundesvorsitzender der ...
Markus Söder unterstützte Merz auf dem Deutschlandtag.Bild: dpa / Philipp von Ditfurth

Um wie viel Geld geht es?

Die Junge Union geht davon aus, dass durch den Gesetzentwurf ab 2031 zusätzlich 118 Milliarden Euro an Belastungen auf die sozialen Systeme und letztlich die Steuerzahler:innen zukommen könnten. Merz sieht das anders und argumentiert, dass er davon ausgeht, dass vorher andere Entscheidungen getroffen werden. "Wir werden alles tun, dass es nicht zu dieser Belastung kommt", sagte Merz.

Ist das ein Generationenkonflikt?

Nicht wirklich. Die Konfliktlinien gehen quer durch die gesamte Union. Merz' Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) etwa teilt Argumente der JU. Die umlagefinanzierte Rente dürfe nicht zu einer weiteren Belastung der Lohnnebenkosten führen – Reformen seien unumgänglich. Insofern habe die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten recht, sagte die 52-Jährige.

Unterstützung bekam die JU auch von Baden-Württembergs CDU-Landeschef Manuel Hagel, der weitere Verhandlungen forderte. Wenn der Entwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) eins zu eins komme, brauche es keine Rentenkommission mehr. Diese soll eigentlich Reformvorschläge machen. "Das einzige, was ihr in der Rentenkommission noch werdet tun können, ist Kaffee trinken, Kuchen essen und euch überlegen, ob ihr 120 Milliarden oder 150 Milliarden zuschießt", sagte der 37-Jährige.

Selbst der Chef der Senioren Union, der 69-jährige Hubert Hüppe, äußerte Verständnis für die Jungen. "Die Sorgen der jungen Generation sind berechtigt, insbesondere mit Blick auf die Finanzierung der Rente und den demografischen Wandel", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Wie gefährlich könnte das für die Koalition werden?

Bleibt die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten bei ihrer Ablehnung, fehlt der Koalition eine sichere eigene Mehrheit. Der Gruppe gehören 18 Abgeordnete an, CDU, CSU und SPD haben im Bundestag aber nur eine Mehrheit von 12 Stimmen.

In Krankheitsfällen kann es trotzdem reichen. Allerdings lässt sich das schwerlich vorausberechnen. Womöglich bestünde auch noch die Gefahr, dass das Vorhaben mit Stimmen der in weiten Teilen rechtsextremen AfD oder Linken durchgehen könnte. Beides wäre ein extremes Risiko für die Koalition und für Merz.

Wie geht es weiter?

Nun dürfte erneut gesprochen werden. Fraktionschef Jens Spahn (CDU) bot dem Parteinachwuchs in Rust an, die Gespräche über das Thema fortzusetzen. Man könne nicht aufhören, miteinander zu schauen, wie man eine akzeptable Lösung finde.

Bundesjugendministerin Karin Prien (CDU) plädierte am Montag dafür, die Abstimmung im Bundestag zu verschieben. "Was die konkrete Frage nach dem Rentensystem angeht: Es ist wichtig, dass im Parlament gerechte Lösungen für die breite Mehrheit gefunden werden", sagte die Ministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend dem "Handelsblatt".

Deshalb müsse die Bundesregierung im Bundestag weiter das Gespräch "über die Generationen hinweg" suchen.

Potenziellen Überlegungen, auch mit der SPD noch einmal ins Gespräch über das Vorhaben zu kommen, wie von CSU-Chef Söder angedeutet, erteilte SPD-Chef Klingbeil am Wochenende allerdings direkt eine Absage. "Ich sage euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert", sagte der Vizekanzler beim Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg in Ulm. "Wir stehen beim Thema Rente. Das werden wir im Bundestag verabschieden."

(mit Material von dpa und afp)

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