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Gen Z, Tiktok und der dritte Weltkrieg: Humor und Ohnmacht sind im Trend

Tiktok-Trend: So bereiten sich Gen Z und Millennials auf den dritten Weltkrieg vor.
Tiktok-Trend: So bereiten sich Gen Z und Millennials auf den dritten Weltkrieg vor.Bild: screenshot tiktok / @sheiladyeah
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Gen Z auf Tiktok: Zwischen Playlist und Parodie verdrängt man die wahre Krise

Wenn Ernst und Zynismus ununterscheidbar werden, bleibt oft nur ein Gefühl zurück: Ratlosigkeit. Eine Generation scrollt sich durch Szenarien, die sie nie erleben wollte – und hofft darauf, dass sie es nie wird.
25.06.2025, 19:5625.06.2025, 19:56
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Als die amerikanische Popsängerin Kesha vor mittlerweile mehr als 15 Jahren sang: "This place about to blow", meinte sie vermutlich einen anderen Blow, als jenen, für den Tiktok und die Gen Z ihren Sound gerade verwenden.

Dass sie damit eine "ww3 Playlist" auf Spotify inspirieren würde, die mehr als 10.000 Downloads hat, hätte sie vermutlich auch nicht gedacht.

Darin enthalten: Von "Blow" über Sias "Titanium" bis "Bang Bang" (von Nicki Minaj, Ariana Grande und Jessie J) mehr als acht Stunden Material für den Dritten Weltkrieg. Nun, zumindest Material für die Ohren. Aber wie konnte es so weit kommen? Und, mit Verlaub, was zur Hölle?!

Neben Kesha und Taylor Swift: Der Soundtrack zum WW3 laut Tiktok

Wer bis hierhin gelesen hat, fühlt sich wahrscheinlich gesehen – oder vielleicht doch eher ertappt, weil man insgeheim doch wissen will, welcher Soundtrack am besten zu dieser unsicheren Zeit passt.

Und damit: herzlich willkommen zum Einmaleins des Coping-Mechanismus einer verängstigten und zukunftspessimistischen Gen Z.

Die Gen Z ist in einer Welt voller Krisen aufgewachsen. Erst die Finanzkrise mit ihren weltweiten Folgen – eine ganze Generation lernte früh, dass Sicherheit eine Illusion ist. Dann eine globale Pandemie, die das Leben lahmlegte, als wären wir zurück im Mittelalter.

Heute schaut diese Generation zu, wie politische Machthaber – Gendern überflüssig – ihre fragilen Männer-Egos über Menschenleben stellen. Geleitet von imperialistischen Vernichtungsfantasien wird eskaliert und gedroht, wie selten zuvor: Nordkorea, China, Russland, Iran, USA – die Liste der Brandherde ist lang. Und sie brennt lichterloh.

Ziemlich viel Zündstoff für einen Dritten Weltkrieg – denkt sich auch die Gen Z auf Tiktok. Und beginnt, ihn schon mal vorzuverarbeiten. Unter dem Hashtag WW3 gibt’s nicht nur die passende Playlist, sondern auch Outfit-Inspiration fürs Schlachtfeld. Vorbereitung ist schließlich alles.

Wenn es eines Tages ernst werden sollte, heißt es also: Kampfstiefel schnüren, Airpods rein – und im Takt von Taylor Swifts "Bad Blood" an die Front. Slay, aber diesmal eben tödlich.

Auf Tiktok bereitet sich Gen Z auf den dritten Weltkrieg vor

Beim Scrollen lacht man schnell – bis sich plötzlich ein flaues Gefühl im Magen breitmacht. Dann wirkt etwas zu real, zu nah. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie rasant weltweit aufgerüstet wird.

Die Verunsicherung ist groß – und die Fragen werden mehr. TikTok reagiert darauf, wie immer: mit schwarzem Humor.

"Gibt es vorher ein Briefing?" fragt ein User auf Tiktok in seinem Video, welches mittlerweile mehr als 100.000 Aufrufe erreicht hat:

In den Kommentaren zeigen sich User:innen ähnlich ahnungslos: "bezahlt man seine Fixkosten dann einfach weiter?"

"Ich hoffe jemand dreht ein 'get ready with me war Edition' wenns soweit ist, damit ich einen Anhaltspunkt habe, was andere so machen", schreibt ein:e User:in. Kein Problem, ein 'GRWM' gibt es natürlich schon längst:

Wirklich ernsthafte Antworten auf die vielen, teils wohl gar berechtigten Fragen auf Tiktok gibt es jedoch nicht. Ein:e User:in schließt: "Vielleicht sollten wir zu diesem Thema ChatGPT befragen..."

Gen Z nutzt Zynismus zur Verarbeitung von Angst – aber nicht nur

Schwarzer Humor ist längst kein Gen-Z-eigenes Phänomen. Schon seit vielen Generationen wird Zynismus genutzt, um eigentlich schwer belastende Themen besser verarbeiten zu können.

Die rebellischen Jugendbewegungen der Nachkriegszeit etwa setzten so auf Gegenentwürfe zur politischen Realität: Die Hippies antworteten auf den Kalten Krieg mit Utopie, Pazifismus und Protest gegen das globale Aufrüsten.

In den späten 1970ern erhob sich der Punk – wütender, lauter, radikaler. "No Future" war nicht nur ein Slogan, sondern Ausdruck eines tief sitzenden Gefühls der Ohnmacht gegenüber einer Welt am Rande des atomaren Abgrunds.

Nun ist Gen Z eben die erste Generation, die damit aufwächst, jeden Gedanken auf Social Media einem potenziellen Millionenpublikum präsentieren zu können. So ist es also ganz folgerichtig, dass auf Tiktok Einberufungsbescheide parodiert und Tipps ausgetauscht werden, wie man am besten aus dem Kriegsdienst ausgemustert wird.

Das ständige Teilen wird zum kollektiven Tagebuch einer verängstigten Generation. Das Ganze ist also irgendwas zwischen Selbsttherapie und dem Versuch, Kontrolle über die eigene Gefühlswelt zu erlangen.

Dritter Weltkrieg als makaberer Coping Mechanismus der Gen Z

Für einen Moment schafft schwarzer Humor die Distanz zum Unfassbaren und macht die eigentlich so lähmende Angst damit ein kleines bisschen erträglicher. Aber langfristig gesehen könnte aus dieser Ironie schnell auch ein Schutzschild werden, das echte Auseinandersetzung verhindert und nur noch betäubend wirkt.

Denn zwischen realen Kriegsbildern auf Social Media und viralen Sounds wie denen des Hashtags WW3 verschwimmen Realität und Inszenierung so schnell wie nie zuvor.

Das Problem daran: Wir stumpfen nicht ab, weil uns alles egal ist – sondern weil uns alles zu viel ist. Und genau das macht es so gefährlich. Denn wenn Überforderung zur Normalität wird, bleibt für echte Gefühle kaum noch Platz.

Dabei braucht es eben gerade Gefühle, um der Ohnmacht etwas entgegenzusetzen. Denn während weltweit bereits Tausende Menschen im Krieg um ihr bloßes Überleben kämpfen, setzen politische Machthaber weiterhin das Leben von Millionen aufs Spiel.

Gleichzeitig gelingt es ihnen dabei erschreckend gut, die brutale Realität zu verdrängen. So könnten am Ende ganze Generationen ihre Jugend verlieren.

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