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So sagen Republikaner den trans*Menschen in den USA den Kampf an

March 31, 2023, Atlanta, Georgia, USA: Transgender individuals, family members and advocates rally and march outside Georgia statehouse March 31, recognized nationally as Transgender Day of Visibility ...
Bereits 492 Anti-Trans-Gesetze wurden dieses Jahr in den USA eingereicht.Bild: IMAGO / ZUMA Wire
Analyse

So sagen Republikaner den trans*Menschen in den USA den Kampf an

Bereits 492 Anti-Trans-Gesetze wurden dieses Jahr in den USA eingereicht. So aggressiv ist die konservative Politik noch nie gegen trans Menschen vorgegangen. Was in den Entwürfen drinsteht und welche Gesetze bereits angenommen wurden.
07.04.2023, 15:5307.04.2023, 15:57
Salome Woerlen / watson.ch
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Die Zahlen

Schon seit Längerem nimmt die Zahl der Anti-Trans-Gesetze in den USA zu. Doch dieses Jahr gehen republikanische Gesetzgebende so aggressiv gegen trans*Menschen vor, wie noch nie zuvor. 2023 bricht die Gesamtzahl zum vierten Jahr in Folge einen Rekord:

Die Website Trans Legislation Tracker protokolliert alle eingereichten Anti-Trans-Gesetze, um auf deren problematischen Inhalte aufmerksam zu machen. Auch die Menge machen sie dadurch ersichtlich: In der laufenden Legislaturperiode wurden bereits mehr als 492 Anti-Trans-Gesetze in 47 Staaten eingebracht. Das ist bereits mehr als doppelt so viel als im gesamten vergangenen Jahr.

Der Gründer von Trans Legislation Tracker Andrew Bales sieht darin eine gefährliche Entwicklung. Gegenüber Vice sagt er:

"Die nationale Gesetzgebung, die in diesem Jahr auf den Weg gebracht wird, sollte deutlich machen, dass es sich nicht um einen begrenzten Angriff handelt – es ist eine hasserfüllte Vision für die Zukunft unseres Landes."

Die Gesetze

Wie die Website Trans Legislation aufzeigt, sind dieses Jahr bereits 492 Anti-Trans-Gesetze eingebracht worden. Was beinhalten diese und was fordern sie? Ein genauerer Blick auf sechs Anti-Trans-Gesetze.

House Resolution 115

Die House Resolution 115 ist ein Gesetzesentwurf auf Bundesebene, der zum Ziel hat, enge biologische Definitionen für Mann und Frau festzuschreiben. Im Entwurf, der am 9. Februar ins Repräsentantenhaus eingeführt wurde, heißt es beispielsweise:

"Männer und Frauen weisen einzigartige und unveränderliche biologische Unterschiede auf, die sich bereits vor der Geburt manifestieren und mit zunehmendem Alter und der Pubertät zunehmen."

Weiter heißt es, dass "jüngste fehlgeleitete Gerichtsurteile" der Definition des Begriffes "Geschlechts" zu einer "Gefährdung von Räumen und Ressourcen" geführt hätten, die Frauen gewidmet seien. Mit dem Gesetz solle deshalb bekräftigt werden, dass …

"... sich die Begriffe 'Frau' und 'Mädchen' auf weibliche Menschen und die Begriffe 'Mann' und 'Junge' auf männliche Menschen beziehen."

Die Abstimmung über den Entwurf steht noch aus.

North Dakota Senate Bill 2199

Dem republikanischen Senator David Clemens aus North Dakota sind trans*Menschen und ihre Pronomen ein Dorn im Auge. Deswegen reichte er im Januar den Gesetzesentwurf SB2199 ein, der eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Dollar vorsieht, wenn trans*Menschen mit ihren korrekten Pronomen angesprochen werden. Laut dem Gesetzesentwurf müssten sie mit den Pronomen angesprochen werden, die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurden.

People attend a rally as part of a Transgender Day of Visibility, Friday, March 31, 2023, by the Capitol in Washington. Transgender people and their allies gathered at venues across the country Friday ...
In North-Dakota könnte es strafbar werden, die korrekten Pronomen von trans*Personen zu benutzen.Bild: AP / Jacquelyn Martin

Das Gesetz würde in Institutionen zum Zuge kommen, welche staatliche Mittel erhalten – so etwa öffentliche Schulen. In anderen Worten: Wenn Lehrkräfte die korrekten Pronomen ihrer trans*Schüler:innen oder ihrer Mitarbeitenden verwenden, riskieren sie eine Geldstrafe.

Im Gesetzesentwurf heißt es:

"Wörter, die verwendet werden, um auf das Geschlecht, die Geschlechtszugehörigkeit, die Geschlechtsidentität oder den Geschlechtsausdruck einer Person zu verweisen, beziehen sich auf das bei der Geburt festgelegte Geschlecht der Person, also männlich oder weiblich. Jede Person, die gegen diesen Abschnitt verstößt, muss mit einer Buße von eintausendfünfhundert Dollar belegt werden."

Bereits im Vorfeld empfahl der Justizausschuss des Senats, den Gesetzesentwurf nicht zu verabschieden, da er zum Teil schlecht geschrieben und schwer durchzusetzen sei. Schlussendlich wurde er aber dennoch in den Senat eingebracht, wo er am 20. Januar mit 39 zu 8 Stimmen abgelehnt wurde.

Oklahoma Senate Bill 129 & 613

Der republikanische Senator David Bullard reichte in Oklahoma am 4. Januar die Senate Bill 129 ein. Dieser Gesetzesentwurf zielt auf Mitarbeitende im Gesundheitssektor ab und verbietet ihnen die geschlechtsangleichende Behandlung von trans Menschen unter 26 Jahren. Nur schon das weiter verweisen von trans Patienten an andere Gesundheitsfachleute kann als Straftat verurteilt werden. Die Strafmaß liegt zwischen 1000 Dollar Strafe und zwei Jahren Gefängnis.

Eine Ausnahme macht Bullard in einem Gesetzesentwurf jedoch: Geschlechtsangleichende Operationen an intersexuellen Kindern – also solche, die mit zwei Geschlechtern geboren worden sind – dürfen ohne deren Einverständnis durchgeführt werden.

Nachdem in Oklahoma gegen das Gesetz protestiert wurde, liess Bullard verkünden, dass das Alter im Gesetzesentwurf von 26 auf 18 gesenkt worden sei. Der Gesetzesentwurf liegt dem Senat jetzt als Senate Bill 613 vor.

Tennessee House Bill 0009 & 0001

In Tennessee stehen noch mehrere Anti-Trans-Gesetzesentwürfe aus, zwei sind Anfang Mai bereits angenommen worden. In einem neuen Gesetz wird es Minderjährigen verboten, geschlechtsangleichende Behandlungen in Anspruch zu nehmen.

Das zweite Gesetz betrifft Drag-Shows. Die in der Vorlage als "Erwachsenenkabinett" bezeichneten Shows sind im öffentlichen Raum ab dem 1. April verboten. Zudem müssen Veranstaltungsorte mindestens 300 Meter von Schulen und Kindergärten entfernt sein. Jack Johnson, der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat von Tennessee begründete das Gesetz auf Twitter folgendermaßen:

"Dieser Gesetzentwurf gibt Eltern das Vertrauen, dass sie ihre Kinder zu einer öffentlichen oder privaten Show mitnehmen können und nicht von einer sexualisierten Aufführung überrumpelt werden."

Kentucky Senate Bill 150

Ein weiteres Gesetz wurde unter großer Aufruhr im Bundesstaat Kentucky angenommen.

Der Gesetzesentwurf Senate Bill 150 gilt als einer der bisher strengsten und aggressivsten und beinhaltet folgende Punkte:

  • Verbot von Lektionen über sexuell verbreitete Krankheiten sowie sexuelle Aufklärung vor der sechsten Klasse.
  • Die Voraussetzung der schriftlichen Zustimmung der Eltern für solche Lektionen für ältere Schüler.
  • Das Verbot von Lektionen, in denen die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität behandelt wird.
  • Die Erlaubnis für Lehrkräfte, Pronomen für Schülerinnen und Schüler zu verwenden, die sie selbst nicht verwenden.
  • Das Erstellen von Toilettenrichtlinien, welche trans* und nicht-binären Schüler:innen verbietet, die Räumlichkeiten zu benutzen, mit denen sie sich identifizieren.
  • Verbot von geschlechtsangleichender medizinischer Versorgung, einschließlich Pubertätsblockern, Hormontherapie und chirurgischen Eingriffen.
  • Die Anforderung an medizinisches Fachpersonal, geschlechtsangleichende Behandlungen rückgängig zu machen, sollten sie derzeit solche durchführen.

Sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat stimmten dem Gesetzesentwurf am 16. März zu, worauf dieser dem demokratischen Gouverneur Andy Beshear vorgelegt wurde. Statt den Gesetzesentwurf zu unterzeichnen, legte er am 24. März das Veto dagegen ein.

FILE - Kentucky Gov. Andy Beshear addresses reporters during a press conference in Frankfort, Ky., Nov. 15, 2022. Beshear’s veto of a bill aimed at transgender health care has put Kentucky in the midd ...
Andy Beshear hat sich gegen das Transgender-Gesetz ausgesprochen.Bild: FR43398 AP / Timothy D. Easley

Er begründete seinen Entscheid damit, dass der Gesetzesentwurf zu viele staatliche Eingriffe in persönliche Gesundheitsfragen zulasse und den Eltern die Freiheit nehme, medizinische Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen.

Weiter betont er die hohe Selbstmordrate unter LGBTQ-Jugendlichen: Fast jede fünfte jugendliche trans*Person hätte 2022 einen Selbstmordversuch unternommen. Dann zitiert er die American Medical Assocation, die berichtet ...

"... dass die Inanspruchnahme einer Betreuung die Rate der Selbstmordversuche drastisch senkt, Depressionen und Angstgefühle verringert und den Drogenmissbrauch reduziert."

Mit einer Annahme des Gesetzesentwurfes sieht Andy Beshear die mentale Gesundheit von trans*Jugendlichen in Gefahr. In seinem Veto warnt er:

"Senate Bill 150 wird zu einem Anstieg der Selbstmordrate unter Jugendlichen in Kentucky führen."

Der Gesetzesentwurf ging nach seinem Veto wieder an die beiden Kammern zurück, die erneut darüber abstimmten. Mit einer einfachen Mehrheit beider Kammern kann in Kentucky das Veto des Gouverneurs gegen ein vorgeschlagenes Gesetz aufgehoben werden. Und genau das ist am Donnerstag passiert.

Fast alle Punkte des Gesetzes treten ab sofort in Kraft. Einzig die geschlechtsangleichenden Behandlungen werden ab Ende Juni verboten. Zu diesem Zeitpunkt müssen Ärzte und Ärztinnen solche Behandlungen zudem rückgängig machen.

Die Folgen

Bereits jetzt werden trans*Menschen häufig belästigt und bedroht. Die amerikanische Rechte schürt diese Hetze mit dem immer häufiger verwendeten Begriff "Trans-Terrorismus" noch mehr. So lag etwa der Fokus nach dem Amoklauf im amerikanischen Tennessee nicht auf den laschen Waffengesetzen, sondern auf der Tatsache, dass sich der Schütze als trans identifizierte.

Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass das Vorgehen gegen trans*Menschen auch auf Gesetzesebene immer mehr an Fahrt aufnimmt: In diesem Jahr sind bisher 25 Anti-Trans-Gesetze angenommen und 43 abgelehnt worden. Bei über 424 Gesetzen steht der Entscheid noch aus.

Auch wenn viele der Gesetzesentwürfe wohl nicht durchkommen werden, so ist der Trend alarmierend. Chase Strangio, Anwalt der American Civil Liberties Union führt gegenüber der New York Times aus:

"Wir haben diese Diskussion so unglaublich weit in Richtung einer Einschränkung der Autonomie und der Rechte von trans Personen verschoben, wie es für viele von uns noch vor drei oder vier Jahren völlig unvorstellbar war."

Aktivistinnen und Aktivisten befürchten zudem, dass die aggressivsten Gesetzesentwürfe – selbst wenn sie nie in Kraft treten – den Weg für spätere Gesetzesentwürfe ebnen. Mildere Gesetzesentwürfe könnten dadurch wie Kompromisse erscheinen, auch wenn sie die Rechte von trans*Menschen Schritt für Schritt mehr einschränken.

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