
Hach, was waren das noch für Zeiten, als der US-Präsident ein Clown war, jedoch ohne Faschist zu sein? Bild: imago images / upi photo
Analyse
Viele, wenn nicht gar alle Trends, kommen irgendwann wieder. Vintage, Retro, Oldschool oder Neuerfindung: Was Mode, Musik oder Popkultur angeht, hat die Welt in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Revivals gesehen. Doch warum ist ausregechnet Ex-Präsident George W. Bush der heiße Scheiß bei der Gen Z?
22.08.2025, 07:5922.08.2025, 07:59
"Now watch this drive." Ein skurriler Anblick, eine Szene, die bereits bei ihrer Aufnahme im Jahr 2002 für Kopfschütteln sorgte – und 23 Jahre später ein beliebtes Meme ist. George W. Bush, US-Präsident zu der Zeit, sprach damals vor einer Gruppe von Reporter:innen auf einem Golfplatz über die Notwendigkeit, Terrorist:innen zu stoppen.
Auf Tiktok oder Instagram sind Ausschnitte dieses Interviews millionenfach angeklickt worden. Zu sehen ist in den meisten Clips zunächst, wie Bush, auf Deutsch übersetzt, mit Nachdruck sagte:
"Ich rufe alle Nationen dazu auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diese terroristischen Mörder zu stoppen."
Schlagartig und nahezu ohne Atempause änderte er das Thema und schob die berühmten Worte nach: "Und jetzt schaut euch diesen Drive an." Ein Video, das für viele die Essenz von Bushs ungewollter Tollpatschigkeit darstellt – und der Startpunkt des sogenannten Bushcore auf Social Media ist.
USA: Bushcore everyday – wie der Ex-Präsident zum Meme wird
"Ich zitiere 'Now watch this drive' mindestens einmal pro Tag." Das erklärte dem Portal "Air Mail" ein 25-Jähriger aus Washington D.C., auch ein 26-jähriger New Yorker zeigte sich als Fan der Bush-Memes: "Ich finde sie so lustig. Ich schaue sie mir immer an."
Die Magie Bushs könnte man als einen Mix aus Naivität und der Fähigkeit, so häufig das Falsche zu tun und dabei aber sympathisch zu wirken, beschreiben.
Dieses Verhalten macht ihn zu einer witzigen Onkel- und Opa-Figur – führt aber auch zu Vergleichen mit einer absoluten Cringe-Ikone der Popkultur: Laut "Air Mail" nennen Bush viele Tiktok-User:innen in Anlehnung an die Hauptfigur der Serie "The Office" auch den "Michael Scott der Präsidenten".
George W. Bush: Cringe-Opa oder USA-Desaster?
Interessant ist, dass Bush die Generationen zu spalten scheint. Während die Gen Z ihn als unterhaltsamen und charmanten Cringe-Opa feiert, verbinden ihn viele ältere Menschen in den USA vor allem mit politischen Fehltritten und Krisen.
Die Kritik der Älteren: Kriege, Krisen und Katastrophen. Für viele, die Bushs Amtszeit bewusst miterlebt haben, bleibt er laut "Air Mail" ein Symbol für politische Fehlentscheidungen: Der Irakkrieg, basierend auf falschen Behauptungen über Massenvernichtungswaffen im Besitz Saddam Husseins, kostete Milliarden und unzählige Menschenleben. Die Finanzkrise und die verheerende Reaktion seiner Regierung auf den Hurrikan Katrina hinterließen ebenfalls tiefe Spuren.
Als Bush 2009 das Weiße Haus verließ, war sein Ruf stark beschädigt und er hatte die öffentliche Meinung gegen sich. Zu Beginn seiner Amtszeit feierten jedoch auch die damaligen Generationen ihn für seine Ausgelassenheit wie nun die Gen Z. So erklärt Historiker Robert Draper gegenüber "Air Mail", Bush galt anfangs als "der Typ, mit dem man ein Bier trinken möchte".
Die jüngere Generation kann die negativen Gefühle gegenüber Bush offenbar nicht ganz nachempfinden. Richard Haass, Präsident des Council on Foreign Relations, schätzt gegenüber der "Air Mail":
"Mein Eindruck ist, dass viele dieser jungen Leute nicht allzu sehr mit historischem Wissen und politischen Zusammenhängen belastet sind. Sie würden also nicht von Dingen abgeschreckt, die er als Präsident getan hat – zum Beispiel den Irakkrieg."
Stattdessen ist er für sie eine wandelnde Meme-Quelle. Ob er auf der White-House-Wiese mit vollem Einsatz Bongos spielte, Schwert-Tänze mit Saudis aufführte oder den Papst mit "Thank you, Your Holiness. Awesome speech!" lobte – jetzt ist es Kult.
Doch all das würde wahrscheinlich nicht reichen, würden viele der jungen Bush-Fans ihn nicht auch für seine Weltanschauungen schätzen – vor allem im Vergleich zu seinem jetzigen Nachfolger Donald Trump.
Donald Trump als trauriger Vergleich und Bush-Booster
Besonders beeindruckt zeigen sich viele Bushcore-Fans von seinem Engagement für Migrant:innen, obwohl er Patriot und Republikaner ist, eine immer seltenere Eigenschaft in der Partei. Nach seiner Amtszeit widmete Bush sich der Malerei und veröffentlichte 2021 ein Buch mit Porträts von Einwander:innen, die er persönlich traf. In einem Interview mit NBC sagte Bush:
"Meine Botschaft ist, dass wir jede:n Einwander:in in diesem Land als Kind Gottes ehren sollten. Und wir sollten die kraftvolle Wirkung anerkennen, die die Neuankömmlinge auf unsere Seele haben können."
Worte, wie sie kaum gegensätzlicher klingen könnten zu dem rassistischen Hetzgesang des aktuellen republikanischen US-Präsidenten: Donald Trump. Migrant:innen essen angeblich Hunde, hätten oftmals schlechte Gene und seien perfekt für die Feldarbeit gemacht.
Auch Draper meint, er habe "keinen Zweifel daran, dass Bushs Zustimmungswerte von dem Chaos und der Spaltung profitieren, die durch die derzeitige Regierung verursacht werden". Bushs "Achtung vor Institutionen" verleihe ihm "eine Art liebenswürdige Großvater-Aura, die in krassem Gegensatz zu Präsident Trump steht".
So ist es wohl auch zu erklären, dass die Hochzeit des Bushcore auf Social Media so richtig erst begann, nachdem ein Video von ihm von der Amtseinführung Trumps im Januar 2025 viral gegangen war.
Darauf ist Bush, mittlerweile 79 Jahre alt, zu sehen, wie er während Trumps Rede seine Augenbrauen hebt und jemandem mit diebischer Freude zulächelt.
Mittlerweile gibt es das Video mit allerlei verschiedenen Captions. Was für viele Gen-Z-ler jedoch die wichtigste Überschrift sein wird: Der tollpatschige Opa hat sich über den faschistischen Opa lustig gemacht. Allein dafür gehören ihm viele Herzen.
Donald Trump will auch auf wirtschaftliche Anreize setzen, um Kreml-Chef Wladimir Putin zu einem Ende des Ukraine-Kriegs zu bewegen. Auch Rohstoffe aus der Ukraine soll er Putin anbieten wollen.
Am Freitag trifft Trump im US-Bundesstaat Alaska auf Putin, um mit ihm über ein Ende des Angriffskriegs auf die Ukraine zu verhandeln. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Aus Sorge, dass bei dem Gipfel etwas über die Köpfe der Ukraine und deren Verbündeten entschieden werden könnte, lud Bundeskanzler Friedrich Merz am Mittwoch zu Videoschalten. Bei dem Gipfel selbst sind sie nämlich nicht vertreten.