Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine besetzen Russlands Truppen einige Gebiete des Nachbarlandes völkerrechtswidrig. Besonders betroffen sind die östlichen und südlichen Regionen, die Russland teilweise unter seine Kontrolle gebracht hat.
In diesen Gebieten hat Moskau nicht nur militärische Präsenz aufgebaut, sondern auch begonnen, eine neue Ordnung zu installieren – oft unter dem Deckmantel der "Legitimität".
Dabei gehen die Besatzer zunehmend skrupellos vor, um sich Eigentum und Ressourcen anzueignen. Ein aktueller Bericht zeigt, wie russische Behörden systematisch ukrainische Wohnungen beschlagnahmen und dabei auf eine perfide Strategie zurückgreifen.
In den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine setzen die Besatzer eine gezielte Strategie um, um sich Millionen von Wohnungen unter den Nagel zu reißen. Als legaler Prozess getarnt, entpuppt sich diese als skrupellose Aneignung von privatem Eigentum, wie "Obozrevatel" berichtet.
Bereits im Frühjahr 2024 führten die russischen Besatzer in den sogenannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk sowie in den besetzten Teilen der Regionen Saporischschja und Cherson ein neues Gesetz ein.
Dieses Gesetz erlaubt es den Behörden, angeblich herrenlose Immobilien zu beschlagnahmen. Darunter fallen Wohnungen, deren Eigentümer ihre Nebenkosten nicht zahlen oder die nicht im russischen Immobilienregister eingetragen sind. Offiziell heißt es, diese Immobilien stellten "eine Gefahr für die Bewohner" dar.
In der Folge wurden Kommissionen gebildet, die gezielt nach diesen "herrenlosen" Wohnungen suchen. Sie klopften an Türen, forderten Eigentumsnachweise und versiegeln Wohnungen, die leer stehen. Diese werden dann neu vergeben, meist an russische Beamte oder Soldaten, wie "Obozrevatel" berichtet.
Die wahren Eigentümer erfahren oft nichts von dieser Enteignung. Auch wenn die Listen der beschlagnahmten Wohnungen auf offiziellen Kanälen veröffentlicht werden, ist es für geflohene Ukrainer:innen nahezu unmöglich, ihr Eigentum zurückzuerlangen.
Ein Bewohner der besetzten Region Saporischschja nennt die Besatzer aus Russland "skrupellose, gierige Banditen" und beschreibt deren Vorgehen der "Obozrevatel":
Während bisher die Bezahlung von Nebenkosten und die Anwesenheit von Bewohner:innen als ein gewisser Schutz vor Enteignung galten, verschärft Russland einem Bericht zufolge nun die Maßnahmen weiter.
In Melitopol, einer Stadt in der besetzten Region Saporischschja, sind Schätzungen zufolge etwa 35 Prozent des Wohnungsbestands derzeit unter anderem von Ukrainer:innen vermietet. Dies wollen die Besatzer jetzt ändern.
Laut "RIA Pivden", einem russischen Nachrichtenportal, fordern die Behörden von den Mieter:innen aktuell die Vorlage von Mietverträgen und Originaldokumenten. Diese müssen im russischen Register eingetragen sein. Ohne diese Dokumente droht eine Zwangsräumung.
"Vor Kurzem erhielt eine Familie, die in einer Wohnung von Verwandten in der Grizodubovaya-Straße lebt, eine schriftliche Aufforderung. Sie hatten noch bis 2028 Zeit für die Eintragung, aber die Kommission stellte klar, dass sie innerhalb einer Woche ausziehen müssen", heißt es in dem Bericht. Auch das Inventar der Wohnungen soll erfasst werden.
Ähnliche Vorfälle werden auch aus den besetzten Städten Luhansk und Donezk gemeldet. Seit ihrer "Anerkennung" als Teil Russlands im Jahr 2022 werden hier Gesetze nach russischem Vorbild umgesetzt – oft mit lokalen Anpassungen.
In Donezk beschlagnahmte die Besatzungsverwaltung in einem geheimen Akt rund 300.000 Wohnungen. Die Eigentümer:innen erfuhren zufällig von der Enteignung, aber nun wird das Vorgehen noch radikaler.
Laut "Obozrevatel" gehen die Kommissionen in Donezk von Tür zu Tür und befragen die Nachbar:innen, welche Wohnungen leer stehen oder vermietet sind. Eine Bewohnerin aus Donezk erzählt: "Meine Nachbarin lebt schon lange bei ihren Kindern in Dnipro, und ich zahle die Nebenkosten für sie. Sie hatte große Angst, ihre Wohnung zu verlieren."
Nun sei die Frau gewarnt worden, dass ihr Eigentum als 'herrenlos' eingestuft wurde, wenn es nicht innerhalb von zwei Wochen im russischen Register eingetragen werde.
Ein weiterer Bewohner ist überzeugt, dass die Lage weiter eskalieren wird: "Es ist, als würden diese Plünderer uns das letzte Hemd ausziehen."