Warum Trump den Iran-Deal kündigte – und was der Schritt bedeutet
09.05.2018, 00:4009.05.2018, 00:49
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Donald Trump bleibt sich treu – auch wenn es um
eines der sensibelsten Probleme der Weltpolitik und eine Entscheidung
mit weitreichendsten Folgen geht: "Die USA ziehen sich aus dem
Atomabkommen mit dem Iran zurück", kündigte er am Dienstag an. Selbst
bei der Ankündigung von solcher Tragweite konnte er sich nicht
verkneifen, noch einmal darauf zu verweisen, für wie schlecht er die
Verhandlungsqualitäten der Vorgängerregierung von Präsident Barack
Obama hält.
Trump macht keine Kompromisse. Drei Jahre nach Abschluss des
Atomabkommens mit dem Iran wählt der US-Präsident sehr zur
Enttäuschung seiner europäischen Partner die härteste denkbare
Gangart und setzt alle US-Sanktionen wieder in Kraft.
Das bedeutet der Schritt für die internationalen Beziehungen:
Mit seiner Entscheidung pulverisiert Trump nicht nur 13 Jahre zähe
Verhandlungen mit dem Iran, sondern auch ein Abkommen, das mit
Ausnahme von Washington und Jerusalem fast alle Regierungen als einen
der größten Erfolge internationaler Diplomatie der vergangenen Jahre
angesehen hatten.
Die Reaktionen im Überblick:
Moskau reagierte trotzig: Der Deal werde weiterleben, ungeachtet was die USA tun.
Auch die Europäer und natürlich der Iran wollen zunächst weitermachen. Ob das geht, muss sich zeigen.
Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die Europäische Union haben sich klar positioniert. "Wir glauben, die Vereinbarung funktioniert, und unsere Verpflichtung, mit der Umsetzung fortzufahren, bleibt bestehen", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.
Trumps Art von Nahost-Politik hat eine Menge Kritiker - zumal ein
konkreter Plan, wie das gehen soll, von der US-Regierung bisher nicht
bekannt ist. Ein europäischer Diplomat sagte noch kurz vor der
Ankündigung, man verstehe die Strategie nicht. Die Forderung nach
Nachbesserungen seien nachvollziehbar. Aber warum deswegen alles
Erreichte abbrechen und nicht darauf aufbauen?
Worum geht's bei dem Abkommen noch mal?
Der Atomdeal mit dem Iran wurde im Juli 2015 von den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland unter Beteiligung der EU ausgehandelt. Teheran verpflichtet sich darin, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffen bauen zu können. Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt. Die USA hatten unter Präsident Barack Obama ihre Wirtschaftssanktionen gegen den Iran lediglich ausgesetzt.
So argumentiert Trump:
Das politische Verhalten des Irans in der Region steht für viele
Nahost-Experten inzwischen mehr im Fokus als die eigentliche Frage,
ob Teheran an einer Atomwaffe arbeitet. Denn: Der Atomdeal
funktionierte bisher. Die Beobachter der Internationalen
Atomenergiebehörde IAEA mit Sitz in Wien bescheinigen Teheran in
regelmäßigen Abständen, alle Bestimmungen zu erfüllen. Noch nie seit
2015 hat es irgendein signifikantes Problem gegeben.
Der US-Regierung geht es deshalb auch weniger um die technische
Einhaltung der Regelungen. "Der Iran verstößt gegen den Geist des
Abkommens", sagt Trump. In der Analyse bekommt er durchaus Zustimmung
auch aus Europa. Die Bundesregierung, Frankreich und Großbritannien
sehen im Iran nicht gerade einen verlässlichen Verbündeten. Doch sie
sehen auch die Verpflichtung zur Vertragstreue.
Trump argumentiert anders. "Der Deal versperrt dem Iran nicht den Weg
zu einer Atomwaffe", sagt er. Er erlaube nicht ungehinderten Zugang
für Inspektoren zu bestimmten Militärkomplexen. Er verhindere auch
nicht, dass das Regime ballistische Mittelstreckenraketen hat. Und er
gebe Teheran die finanziellen Mittel, um Terroristen weltweit zu
unterstützen. "Teilweise in bar", wie Trump als weiteren Seitenhieb
auf Obama hinzufügte.
Die Regierung in Teheran und ihre Revolutionsgarden steckten hinter
beinahe jedem Problem im Nahen Osten - sei es in Syrien, im Jemen
oder im Libanon, sagt Trump. Der Iran destabilisiere die Region,
finanziere Terror und trachte nach der Vernichtung Israels.
Teheran winkte schon vorab ab, Nachverhandlungen oder Ergänzungen
werde es nicht geben. Man könne nicht den Preis für ein Haus neu
verhandeln, das man bereits abgerissen habe, ließ Irans Präsident
Hassan Ruhani den Immobilien-affinen US-Präsidenten wissen - als
wolle er sichergehen, dass der Adressat das auch versteht.
Der Iran werde sich zunächst mit China, Russland und dem EU-Trio Deutschland, Frankreich und Großbritannien beraten und dann über sein weiteres Vorgehen entscheiden, sagte Präsident Hassan Rohani am Dienstagabend in einer Fernsehansprache.
Bild: Reuters
Er warf den USA aber auch "psychologische Kriegführung" gegen Iran vor. Rohani drohte damit, dass man "in den nächsten Wochen" Uran in größeren Mengen anreichern könnte als zuvor.
Das steckt hinter Trumps Nahost-Politik:
Es geht letztlich um die Hegemonialstellung im Nahen Osten, eine der
ganz großen Weichenstellungen der Weltpolitik. Teherans Erzfeind
Saudi-Arabien und Israel käme eine Schwächung des Irans höchst
willkommen - beide sind enge Verbündete Washingtons.
Mit seiner Nahost-Politik agiert Trump nun im Sinne der regionalen Verbündeten
Israel und Saudi-Arabien und macht massiv Druck. Der
Iran soll zur Räson gezwungen werden - weit über das Maß hinaus, das
2015 sechs Länder mit dem Iran festgezurrt hatten. Die Europäer
werden de facto vor die Alternative gestellt: Politik mit dem großen
Verbündeten USA - oder eben dagegen.
Eskaliert die Situation?
Viele Experten hielten einen Schritt, wie ihn Trump nun vollzieht,
schlichtweg für viel zu gefährlich. "Trumps Ziel sollte sein,
unbedingt einen Krieg im Nahen Osten zu vermeiden", warnte am
Dienstag selbst sein erzkonservativer Haussender Fox News.
Die Folge
einer Fehlentscheidung könnte eine eklatante Erhöhung der Spannungen
im Nahen Osten sein. Bis hin zu einem neuen Krieg, der weit über die
bisher lodernden kleineren Feuer hinausgehen könnte - wie es zuletzt
auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron skizzierte.
Schon jetzt fallen Berichten zufolge israelische Bomben auf iranische Stellungen in Syrien, iranische Drohnen gelangen in Israels Luftraum und Saudi-Arabien und der Iran stehen sich im Jemen gegenüber. Israel ließ schon am Dienstag Bombenbunker öffnen. Man habe ungewöhnliche Bewegungen iranischer Kräfte in Syrien festgestellt, hieß es zur Begründung.
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