"Ein Desaster", "schrecklich", "verrückt": US-Präsident Donald Trump wettert ständig gegen das Atomabkommen mit dem Iran. Jetzt könnte er es beerdigen. Aber weshalb eigentlich?
Donald Trump hat wieder einmal einen Termin angesetzt, auf den ein großer Teil der Welt notgedrungen hinfiebert. Am Dienstagabend mitteleuropäischer Zeit will er seine Entscheidung über Sanktionen gegen den Iran verkünden. Nicht nur in Teheran, sondern auch in Berlin, Paris, London und Brüssel wird man ganz genau hinschauen, wenn der US-Präsident um 14 Uhr Ortszeit (20 Uhr Mesz) im Weißen Haus seinen Auftritt hat.
Trump – so die Erwartung der meisten Beobachter – dürfte erneut Sanktionen gegen den Iran verhängen und damit faktisch das 2015 unter Federführung der EU besiegelte Atomabkommen aufkündigen. Seit Jahren spricht Trump von dem "sehr schlechten Deal".
Nur weshalb will er das eigentlich? Trump hat mehrere Punkte, die ihm grundlegend missfallen. Ihn stört, dass das Abkommen
In all diesen Punkten hatte Trump den EU-Staaten am 12. Januar vier Monate Zeit gegeben, Verbesserungen mit den Iranern zu erzielen.
Der EU hängt an dem Abkommen:
Trump setzt weniger auf Kooperation. Er sieht, dass Irans Weg zu Atomwaffen wohl kaum noch gestoppt werden kann. Auch trotz Abkommens. Und so wettert Trump gegen das Abkommen eben auch,
Dieses grundlegende Unbehagen bleibt. Und da trotz aller intensiven diplomatischen Gespräche allen Beteiligten klar ist, dass am Ende Trump entscheidet, gaben sich die EU-Staaten zuletzt skeptisch.
Zuletzt sprach am Montag der britische Außenminister Boris Johnson in Washington bei seinem Amtskollegen Mike Pompeo vor. Davor hatten es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel mit persönlichen Gesprächen im Weißen Haus versucht.
Macron schlug dabei vor, dass das Abkommen ergänzt werden sollte durch neue Maßnahmen gegen Irans Raketenprogramm und Aktivitäten in der Region. Es wäre ein Kompromiss, um den Deal am Leben zu erhalten und nicht auf einen Status ohne jegliche rechtlichen Beschränkungen zurückzufallen.
Die EU-Staaten sehen allerdings auch, dass Trump fest an der Seite Israels und Saudi-Arabiens steht, und dass denen der Deal mit dem Iran nicht gelegen kommt. Auch im Inneren hat sich Trump zuletzt mit Hardlinern umgeben. Sein neuer Außenminister Pompeo ist seit Jahren ein Iran-Falke, ebenso wie der neue Sicherheitsberater John Bolton, der bereits vor Jahren offen über die Vorzüge eines Umsturzes im Iran spekulierte.
Selbst Macron zeigte sich nach seinen Gesprächen mit Trump wenig zuversichtlich. Und auch in Washington rechnen die meisten Beobachter damit, dass Trump die Sanktionen wieder aufnimmt und damit dem Abkommen aufkündigt.
Es ist aber auch vorstellbar, dass Trump das ganze Verfahren noch einmal aufschiebt. Dass er etwa nur einen Teil der Sanktionen wieder einsetzt und damit den EU-Staaten doch noch mehr Zeit gibt, dem Iran weitere Zugeständnisse abzuringen, bevor er das ganze Programm an Strafmaßnahmen wieder hochfährt.D
as würde Trump ermöglichen, zum einen für jedermann sichtbar einen neuen, härteren Kurs gegenüber dem Iran einzuschlagen. Zum anderen könnte er noch ein bisschen auf Zeit spielen.
Aktuell scheint die Priorität des Präsidenten ohnehin auf seinem geplanten Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zu liegen.
Dieser Text ist zuerst erschienen im Nachrichtenportal t-online.de.