Barack Obamas Karriere war auch eine schwere Belastung für ihre Ehe: Michelle Obama kamen Zweifel, ob es mit ihnen beiden funktionieren kann.Bild: Getty Images North America / Win McNamee
Analyse
Michelle Obama über Eheprobleme mit Barack: "So hatten wir es nicht abgemacht"
Die Obamas gelten als Traumpaar. In ihrer langjährigen Ehe gab es trotzdem Momente, an denen ihre Beziehung fast gescheitert wäre. Der fünfte und letzte Teil der watson-Serie zu Barack Obamas Memoiren.
Für viele sind sie das absolute Traumpaar der US-Politik. Michelle und Barack Obama wirkten auf Fotos und Videos oft verliebt wie am ersten Tag. Unvergessen der erste Tanz der beiden als Präsidentenpaar beim sogenannten Nachbarschaftsball 2009. Zur Stimme von Beyoncé Knowles tanzten die beiden eng umschlungen und um ihre Liebe bewundert von der ganzen Welt.
Verliebt wie am ersten Tag: First Lady und US-Präsident tanzen zur Stimme von Beyoncé Knowles.Video: YouTube/Beyoncé
Dass aber nicht immer eitel Sonnenschein zwischen den Obamas herrschte und es eine Zeit gab, in der Michelle Obama heftig an ihrer Ehe zweifelte, erzählt der ehemalige US-Präsident offen wie nie in seinen Memoiren. Watson hat die interessantesten Teile zusammengetragen
Bild: AFP / CHANDAN KHANNA / watson-montage
watson-Serie: Obamas Amerika – Alles zu seinen Memoiren "Ein verheißenes Land"
Michelle und Barack Obama lernten sich in Chicago kennen, als der spätere US-Präsident ein Praktikum in Michelles Anwaltskanzlei absolvierte und Michelle ihm laut Obamas Memoiren zeigte, "wie der Kopierer funktioniert". Aus den rein beruflichen Treffen wurden bald private und es bahnte sich eine Beziehung zwischen den beiden an, die manche Familienmitglieder nicht für möglich gehalten hätten.
"Ihr Bruder Craig, ein früherer Basketballstar in Princeton, der als Investmentbanker gearbeitet hatte, bevor er Basketballtrainer wurde, behauptete oft im Scherz, in ihrer Familie habe keiner geglaubt, dass Michelle (sie nannten sie Miche) jemals heiraten werde – sie sei viel zu tough, kein Mann würde es mit ihr aufnehmen können. Komischerweise mochte ich genau das an ihr: dass sie mich ständig aus der Reserve lockte und dazu zwang, meine ehrliche Meinung zu sagen."
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Die Stärke und Unabhängigkeit war es auch, die Barack Obama an seiner späteren Frau zu schätzen wusste. Auch, wenn das dem US-Präsidenten zufolge für einige hitzige Wortgefechte zwischen den beiden Sturköpfen führte.
Startete als First Lady ein Programm gegen Übergewicht und für mehr Bewegung für junge Menschen: Michelle Obama.Bild: imago stock&people / Xinhua
In einigen Punkten waren die Obamas jedoch auch ziemlich verschieden, wie Barack erklärt. So sei Michelle, die selbst in Chicago aufgewachsen war, deutlich verwurzelter und behüteter groß geworden als Barack, der seine Jugend zwischen Hawaii und Jakarta pendelnd verbrachte und erst im jungen Erwachsenenalter nach Chicago gezogen war.
"Von einem Leben an meiner Seite versprach sich Michelle etwas anderes, nämlich genau das, was sie in ihrer Kindheit nicht gekannt hatte. Abenteuer. Reisen. Ein Bruch mit den strengen Regeln. So wie ich mir von ihrer Verwurzelung in Chicago – ihrer riesigen erweiterten Familie, ihrem gesunden Menschenverstand, ihrem Wunsch, vor allem eine gute Mutter zu werden – den Anker versprach, der mir in meiner Jugend gefehlt hatte. Es ging nicht nur darum, dass wir uns liebten, uns gegenseitig zum Lachen brachten und dieselben Werte teilten – in der Art, in der wir einander ergänzten, war völlige Symmetrie. Wir konnten uns gegenseitig den Rücken stärken und den toten Winkel des anderen im Blick behalten. Wir konnten ein Team sein."
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Und diesen Team-Spirit benötigte das Ehepaar in den kommenden Jahren. Denn neben der politischen Karriere von Barack Obama, mussten sie zwei Kinder großziehen, den Verlust von Eltern und Großeltern verkraften und mit finanziellen Krisen zurechtkommen, die auch aus der politischen Arbeit des späteren US-Präsidenten entstanden waren.
Baracks Karriere steht im Vordergrund
Barack Obama konzentrierte sich nach seiner Tätigkeit für Bürgerrechtsorganisationen und in einer Anwaltskanzlei zunehmend auf eine Karriere in der Politik. Als er für den Senat von Illinois antrat, unterstützte ihn auch seine Frau, die zum damaligen Zeitpunkt unter der Woche bereits als Anwältin arbeitete, zusätzlich am Wochenende beim Sammeln von Unterschriften.
"Klinkenputzen war für mich nichts Ungewöhnliches, aber für Michelle war es eine neue Erfahrung. Tapfer hatte sie sich bereit erklärt, mich an jedem Wochenende für ein paar Stunden zu begleiten, und obwohl sie – mit ihrem Megawattlächeln und den Geschichten aus ihrer Kindheit, die sie nur wenige Blocks entfernt verbracht hatte – oft mehr Unterschriften sammelte als ich, war ihr das Lächeln ein paar Stunden später, wenn wir uns ins Auto setzten und nach Hause fahren wollten, jedes Mal gründlich vergangen. 'Ich weiß nur eins', sagte sie irgendwann, 'ich muss dich wirklich sehr lieben, wenn ich meinen Samstagmorgen für das hier opfere.'"
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Doch die harte Arbeit zahlte sich aus. Barack Obama zog 1997 für die Demokraten in den Senat von Illinois ein. Für die Beziehung der Obamas stellte sein Amt jedoch eine ganz schöne Belastung dar. Michelle arbeitete nach wie vor in Chicago und Barack pendelte fortan zwischen Chicago und Springfield, der Hauptstadt von Illinois, in der der Senat tagte.
Als ein Jahr später ihre erste Tochter Malia geboren wurde, geriet das sowieso schon fragile Gleichgewicht aus den Fugen. Zwar stellten die Obamas nach drei Monaten Mutterschutz eine Nanny ein, die sich um die kleine Malia kümmerte, aber die Hauptlast des Haushalts blieb an Michelle Obama kleben, die nebenher auch noch eine eigene Karriere hatte, die sie verfolgte.
"Die Leidtragende war Michelle, denn sie versuchte, Arbeit und Kind unter einen Hut zu bringen, und hatte das Gefühl, beide Jobs nicht gut zu machen. Jeden Abend, nachdem sie das Baby gefuttert und gebadet und ihm vorgelesen hatte, räumte sie noch die Wohnung auf, versuchte, sich daran zu erinnern, ob sie die Wasche aus der Reinigung abgeholt hatte, notierte sich im Geist, dass sie am Morgen einen Termin bei der Kinderärztin vereinbaren musste, und fiel schließlich in ein leeres Bett in dem Bewusstsein, dass sich der Tagesablauf nur wenige Stunden später wiederholen wurde, wahrend ihr Mann unterwegs war, um sich 'wichtigen Dingen' zu widmen. Wir stritten immer häufiger, meistens nachts, wenn wir beide völlig erledigt waren. 'So hatten wir es nicht abgemacht', sagte sie irgendwann zu mir. 'Ich habe den Eindruck, ich mache alles allein.'"
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Brachte Lässigkeit und Black Culture ins Weiße Haus: First Lady Michelle Obama.Bild: imago stock&people / UPI Photo
Die Obamas verschulden sich
Zwar versuchte der spätere US-Präsident seine Termine besser zu planen, um abends rechtzeitig zu Hause zu sein, doch der Eindruck blieb bestehen, dass Michelle ihr eigenes Leben und das ihrer Familie den politischen Ambitionen ihres Mannes unterordnete. Als Barack Obama sich schließlich entschied, für den Kongress zu kandidieren und sein gesamtes Geld und das von Freunden sowie Unterstützern in einen Wahlkampf investierte, den er am Ende aufgeben musste, war er mental und finanziell am Ende.
"Ich war fast vierzig Jahre alt und pleite, hatte eine demütigende Niederlage kassiert, und mit meiner Ehe stand es auch nicht zum Besten. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, die falsche Richtung eingeschlagen zu haben und sämtliche meiner Energien, meinen Optimismus und mein Potenzial für ein absolut sinnloses Unterfangen vergeudet zu haben."
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Auch Michelle Obama beschreibt die Anfänge der politischen Karriere ihres Mannes als Scheideweg ihrer Ehe. In ihrem Buch "Becoming" berichtet sie, dass die Obamas zu diesem Zeitpunkt auch eine Paartherapie besuchten, um ihre Beziehung zu retten. Schließlich setzte Barack Obama Anfang der 2000er Jahre alles auf eine Karte und kandidierte für den Senat der USA.
Er erklärte Michelle, laut seinen Memoiren, dass seine Popularität durch einen gewonnen Wahlkampf so groß sein würde, dass ein neues Buch von ihm reißenden Absatz finden und er damit ihre Schulden begleichen könnte. Michelle hingegen glaubte nicht an die "magischen Zauberbohnen" in Barack Obamas Hosentasche, wollte ihm aber vertrauen und unterstützte ihn schließlich bei seiner Kandidatur.
Gelten trotz aller Widrigkeiten und Streits immer noch als Traumpaar: Michelle und Barack Obama.Bild: Getty Images North America / Win McNamee
"Ich kann nicht glauben, dass du das geschafft hast"
Bekanntermaßen schaffte Barack Obama 2004 überraschend den Einzug in den Senat und wurde aufgrund seines überragenden Wahlergebnisses über Nacht zum Star seiner Partei. Die Neuauflage seines Buches "Ein amerikanischer Traum" wurde zum Bestseller und die finanziellen Sorgen der Obamas lösten sich in der Tat in Wohlgefallen auf. Als schließlich der Umzug nach Washington bevorstand, konnte auch Michelle Obama ihrem Unglauben kaum Ausdruck verleihen.
"Sie sah mich mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck an und schüttelte den Kopf. 'Ich kann nicht glauben, dass du das wirklich zuwege gebracht hast. Den Wahlkampf, das Buch, alles.' Ich nickte und küsste sie auf die Stirn. 'Zauberbohnen, Baby, Zauberbohnen.'"
Barack Obama, "Ein verheißenes Land"
Für Barack Obama waren diese Tiefpunkte seiner politischen Karriere und auch seines Lebens wichtige Lehrjahre. Seine Lektionen aus dieser Zeit: In der Politik sind viele Dinge nicht vorhersehbar, es gibt immer wieder Zufälle und Entwicklungen, die man nicht beeinflussen kann. Und das Wichtigste sei, dass man sich ein dickes Fell wachsen lassen müsse.
Das brauchte er anschließend auch während seiner acht Jahre im Oval Office.
Barack Obamas Memoiren, "Ein verheißenes Land", erschienen am 17.November beim Penguin Verlag.Bild: penguin verlag / random house
Barack Obama: "Ein verheißenes Land"
Aus dem amerikanischen Englisch von Sylvia Bieker, Harriet Fricke, Stephan Gebauer, Stephan Kleiner, Elke Link, Thorsten Schmidt und Henriette Zeltner-Shane.
1024 Seiten, mit 32 Seiten Farbbildteil. Preis: 42 Euro (Hier erhältlich). Am 17. November im Penguin Verlag erschienen.
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