Politik
Analyse

Trump: Flüchtlingspolitik an der Grenze geht der UN zu weit

Einwanderer stellen sich den US-Behörden in Texas: Trumps Null-Toleranz-Politik steht in der Kritik.
Einnderer stellen sich den US-Behörden in Texas: Trumps Null-Toleranz-Politik steht in der Kritik.Bild: Loren Elliott/Reuters
Analyse

Warum Trumps Null-Toleranz-Politik an der US-Grenze nicht normal ist

06.06.2018, 07:3022.06.2018, 10:02
Fabian Reinbold 
Mehr «Politik»

An der Südgrenze der USA steigen die Flüchtlingszahlen. Zur Abschreckung trennt die Trump-Regierung auch Kleinkinder von ihren Eltern – das geht nicht nur den Vereinten Nationen zu weit.

Die harte Linie, mit der Donald Trump Flüchtlinge von der US-Südgrenze fernhalten will, gerät immer stärker in die Kritik. Am Dienstag griffen die Vereinten Nationen die US-Regierung an. Dass die Behörden Eltern von ihren Kindern trennten, verstoße gegen die Kinderrechte, teilte der UN-Menschenrechtsrat mit.

Daran, dass Kinder zudem allein eingesperrt würden, sagte eine UN-Sprecherin, "ist nichts normal". Die Praxis müsse sofort gestoppt werden.

Seit Wochen sorgen Berichte über forcierte Trennungen von Eltern und Kindern an der US-Südgrenze für Aufregung in den USA. Hunderte zum Teil sehr junge Kinder sind Flüchtlingen bei der Einreise weggenommen worden. In zahlreichen Fällen wüssten die Eltern nicht, wo sich ihre Kinder aufhalten, heißt es in vielen Berichten. Die Grenzlager für Kinder sind überfüllt. Das zuständige Gesundheitsministerium erwägt, Kinder auf Militärbasen unterzubringen.

Die USA kämpfen mit stark ansteigenden Flüchtlingszahlen an ihrer Südgrenze, vor allem aus armen Ländern. Die Behörden sind überfordert. Eine neue Null-Toleranz-Politik der Trump-Regierung macht die Lage noch angespannter, die Grenzschützer sollen jeden Übertritt strafrechtlich verfolgen. 

Je mehr Einwanderer festgesetzt werden, desto mehr Erwachsene werden auch von ihren Kindern getrennt.

Dabei betrifft die Politik nicht nur jene, die illegal die Grenze übertreten, sondern auch jene, die an Grenzübergängen bei den Behörden offiziell um Asyl bitten. Das ist eine weitere Verschärfung der Grenzpolitik. Unter den Vorgängerregierungen wurden mitunter nur Einwanderer inhaftiert, die sich strafbar gemacht hatten.

Die harte Linie ist Programm. Zwar ist der Anstieg der Migrantenzahlen auch saisonbedingt. Es kommen auch zahlreiche Wirtschaftsmigranten auf der Suche nach einem Sommerjob in den USA. Doch Trump hatte einen Rückgang der Zahlen in Aussicht gestellt.

Sehr viel mehr als Rhetorik hatte Trump allerdings nicht zu bieten. Der Kongress verwehrt ihm die Gelder für seine berüchtigten Mauerpläne. Trump ist sichtlich frustriert und schickte zuletzt zur Verstärkung Einheiten der Nationalgarde an die Grenze.

Jetzt soll die Politik der Familientrennung helfen.

Trumps Justizminister Jeff Sessionssagte es ganz deutlich und lapidar: "Wer nicht von seinen Kindern getrennt werden möchte, sollte sie gar nicht erst mit zur Grenze bringen." Das Ziel ist klar: Abschreckung.

Einen typischen Fall schilderte ein Migrant aus Guatemala Ende Mai dem "Houston Chronicle". Er sei mit seinem anderthalb Jahre alten Sohn über die Grenze nach New Mexico illegal ins Land gekommen und prompt festgenommen worden. Der Sohn wurde ihm weggenommen. Als er nach drei Monaten Abschiebehaft wieder außer Landes gebracht wurde, sei ihm nur mitgeteilt worden, sein Sohn befinde sich "irgendwo in Texas".

Laut Bürgerrechtlern mehren sich solche Fälle derzeit. Wie weit verbreitet solche forcierten Familientrennungen derzeit wirklich sind, ist aber nur schwer zu sagen. Die Aufnahmezentren für Kinder sind strikt abgeriegelt. Selbst ein Senator scheiterte bei dem Versuch, sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen. Der Demokrat Jeff Merkley wollte sich ein Lager in einem ausrangierten Walmart-Supermarkt in Texas anschauen, doch die Betreiber wimmelten ihn ab und riefen die Polizei.

Recherchen der "New York Times" ergaben Mitte April, dass innerhalb von sechs Monaten mehr als 700 Kinder von den Personen getrennt wurden, die angaben, ihre Eltern zu sein. Darunter befänden sich mehr als 100 Kleinkinder. Auf diese Untersuchung beziehen sich auch die UN. Seit Beginn von Sessions' Null-Toleranz-Politik im Mai sind solche erzwungenen Trennungen stark angestiegen, sagt die Bürgerrechtsorganisation ACLU. Sie hat gegen die Praxis Klage eingereicht.

Zwischenzeitlich hieß es gar, die US-Regierung habe 1500 Kinder verloren.

Eine Kampagne im Internet fragte #WhereAreTheChildren ("Wo sind die Kinder?"). Doch hinter dieser Zahl, die ein Behördenvertreter vor dem Kongress einräumte, stehen vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in die Obhut von Pflegefamilien gegeben wurden und sich nicht zurückmeldeten. Das ist auch ein Problem, aber ein anderes als das der erzwungenen Familientrennungen.

Und auch Donald Trump hat eingeräumt, dass er es "furchtbar" finde, wenn an der Grenze Eltern von ihren Kindern getrennt würden. Doch er stellt die Lage wieder einmal auf seine ganz eigene Weise dar: 

Schlechte Gesetzgebung der Demokraten sei Schuld an der Lage, schrieb er am Dienstag auf Twitter. Das entspricht allerdings nicht den Tatsachen. Auch wenn es in der Vergangenheit in Einzelfällen zu Trennungen kam, gibt es kein Gesetz, dass eine solche Zwangstrennung vorschreiben würde.

Und die Mehrheit im Parlament haben nicht die Demokraten inne, sondern Trumps Republikaner.

Dieser Text ist zuerst auf t-online.de erschienen. 

Wirtschaftsministerium korrigiert CDU-Politiker Jens Spahn

"Bettelte Habeck um französischen AKW-Strom?" So lautet die Überschrift eines Artikels der "Bild" vom vergangenen Mittwoch. Die Zeitung bekam Zugang zu Briefen zwischen dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der französischen Energieministerin Agnès Pannier-Runacher aus dem Jahr 2022.

Zur Story