Für Ex-Präsident Donald Trump dürfte der Frühling unangenehm werden.Bild: AP / Andrew Harnik
Analyse
Ein Richter im Bundesstaat Georgia hat angeordnet, dass Teile eines Untersuchungsberichts wegen Wahlmanipulation veröffentlicht werden müssen.
Philipp Löpfe / watson.ch
"Finden Sie mir 11.780 Stimmen", hatte Donald Trump den Staatssekretär des Bundesstaates Georgia, Brad Raffensperger, in einem legendären Telefongespräch aufgefordert. Und weil dieses Gespräch aufgenommen wurde und die Stimme von Trump von einem Fünfjährigen erkannt werden kann, scheint der Fall für Laien glasklar: Der Ex-Präsident hat eindeutig versucht, die Wahlen 2020 zu seinen Gunsten zu manipulieren, und sich strafbar gemacht.
Diesen scheinbar offensichtlichen Befund versucht Fani Willis, eine Untersuchungsrichterin in Fulton County, einem Bezirk in Georgia, seit zwei Jahren in eine Anklage zu gießen. Zu diesem Zweck hat sie eine spezielle Grand Jury einberufen, ein Gremium, das eine Art Voruntersuchung begleitet. Vor dieser Grand Jury mussten zahlreiche Personen als Zeugen aussagen.
Mehr als ein Zeuge: Rudy Giuliani.Bild: AP / Jacquelyn Martin
Darunter befanden sich auch prominente Namen wie Trumps Anwalt Rudy Giuliani und Lindsey Graham, der wankelmütige Senator aus South Carolina. Er hatte versucht, die Zeugenaussage zu verweigern und zog seinen Fall bis vor den Supreme Court, wo er verlor.
Viele der Personen, die vor der speziellen Grand Jury vortraben mussten, sind nicht bloß Zeugen. 20 von ihnen wurden gewarnt, dass gegen sie wegen möglichen Straftaten ermittelt werde. Unter ihnen befinden sich Giuliani und David Shafer, der Vorsitzende der republikanischen Partei in Georgia.
Die spezielle Grand Jury ist nicht befugt zu entscheiden, ob und wer angeklagt werden soll. Dazu braucht es eine reguläre Grand Jury (sorry, US-Recht kann sehr kompliziert sein). Doch das Gremium hat einen ausführlichen Bericht darüber verfasst, was bei diesen Zeugenaussagen herausgekommen ist. Und die Mitglieder haben darauf gedrängt, dass dieser Report auch veröffentlicht wird.
Dagegen hat Untersuchungsrichterin Willis ihr Veto eingelegt, mit der Begründung, sie wolle nicht, dass mögliche Angeklagte vorverurteilt würden. Sie werde ohnehin die Katze bald aus dem Sack lassen und zusammen mit einer regulären Grand Jury abklären, ob und wer angeklagt werden soll.
Ein Richter fällt ein salomonisches Urteil
Gegen dieses Veto haben wiederum Medienvertreter eine Sammelklage eingereicht und im Namen der Transparenz die Veröffentlichung des Berichts verlangt.
Nun hat ein Richter namens Robert McBurney ein salomonisches Urteil gefällt. Er hat verfügt, dass Teile des Reports – die Einleitung, die Zusammenfassung und einzelne Zeugenaussagen ohne Namensnennung – am Donnerstag veröffentlicht werden müssen.
Vieles deutet darauf hin, dass die Befunde des Reports brisant sind. Der Richter hat angedeutet, dass einzelne der Befragten falsche Zeugenaussagen gemacht hätten, und Meineid ist in den USA ein Vergehen, das mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Einer, der wahrscheinlich nicht mehr gut schlafen kann, dürfte Rudy Giuliani sein.
Die alles entscheidende Frage ist allerdings: Was ist mit Trump? Ob eine Bezirksuntersuchungsrichterin tatsächlich geeignet ist, einen Ex-Präsidenten anzuklagen, wird sich zeigen müssen. Doch es wird auch weit potenteres juristisches Geschütz gegen Trump in Stellung gebracht. Jack Smith, der von Justizminister Merrick Garland eingesetzte Sonderermittler, hat sein Team mittlerweile zusammengestellt und die Büros gegenüber dem Justizdepartement bezogen. Jetzt legt er los.
Smith gilt als harter Hund. Er muss gleich zwei Dinge abklären: Was genau hat es mit den geheimen Dokumenten auf sich, welche das FBI in Trumps Residenz Mar-a-Lago in Florida beschlagnahmt hat? Und welche Rolle hat Trump vor und während des Sturms auf das Kapitol gespielt?
Gilt als harter Hund: der Sonderbeauftragte Jack Smith.Bild: Pool AP / Peter Dejong
Offensichtlich lässt Smith nichts anbrennen. Er hat bereits Mike Pence als Zeugen aufgeboten. Trumps Vize könnte ein für alle Mal klären, in welcher Absicht der Ex-Präsident in den verhängnisvollen Wochen nach seiner Wahlniederlage gehandelt hat. Diese Absicht zu kennen, ist unabdingbar für eine erfolgreiche Anklage gegen Trump.
Eine solche Anklage – sollte sie tatsächlich zustande kommen – muss noch in diesem Frühsommer erfolgen. Danach beginnen bald die Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl 2024 und damit auch die Zeit, in der aus politischen Gründen eine solche Anklage problematisch wäre.
Mit Volldampf durchforstet das Team von Smith daher die zahlreichen Dokumente und Zeugenaussagen, welche der Ausschuss zur Abklärung der Ereignisse vom 6. Januar 2021 gesammelt hat, und lädt selbst Zeugen vor. Gleichzeitig werden auch die Anwälte vernommen, die mit den klassifizierten Dokumenten zu tun hatten.
In New York hat derweil Alvin Bragg, der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, seine Ermittlungen im Fall der Schweigegelder an den Pornostar Stormy Daniels wieder aufgenommen. Es kann daher die Prognose gewagt werden, dass auf Trump ein stürmischer Frühling wartet – zumindest, was seine juristischen Angelegenheiten betrifft.
Wird sie Trumps Vize? Kari Lake.Bild: AP / Ross D. Franklin
Das hindert das Trump-Lager keineswegs daran, weiterhin mit der Big Lie – der Lüge, dass er die Wahlen 2020 gewonnen habe – zu hausieren. Derzeit befindet sich Kari Lake, die ebenfalls gescheiterte Kandidatin für das Gouverneursamt in Arizona, auf Tournee im Bundesstaat Iowa. Lake wird als mögliche Vizepräsidentin von Trump gehandelt.
Obwohl Lake letztlich ziemlich deutlich verloren hat, gestand sie ihre Niederlage wie Trump nie ein. Wie der Ex-Präsident weiß sie dabei die Mitglieder ihrer Partei hinter sich. Gemäß einer kürzlich veröffentlichten Umfrage sind nach wie vor 55 Prozent der Republikaner überzeugt, dass der Sieg von Joe Biden das Resultat einer Wahlfälschung war.
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine war nie eine reine Angelegenheit zwischen zwei Ländern. Schon von Anfang an waren im Westen die Nato-Alliierten als Waffenlieferanten und Finanziers involviert. Dasselbe gilt für die Freunde Putins. Ohne Supermacht China sowie Paria-Staaten wie der Iran wäre die Invasion kaum denkbar.