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USA: Datenklau in Wahllokal? Trump und Anwältin Powell unter Verdacht

Former President Donald Trump gestures as he departs Trump Tower, Wednesday, Aug. 10, 2022, in New York, on his way to the New York attorney general's office for a deposition in a civil investiga ...
Donald Trumps Anwält:innen sollen heimlich Wahldaten in drei Bundesstaaten kopiert haben.Bild: AP / Julia Nikhinson
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Vorwurf Datenklau: Wahlbeamtin gibt Einblicke in Machenschaften von Trumps Anwältin Powell

17.08.2022, 20:07
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Immer wieder machte der ehemalige US-Präsident Donald Trump den Demokraten den Vorwurf: Wahlbetrug. Nun sind er und seine ehemalige Anwältin Sidney Powell offenbar selbst in illegale Machenschaften bezüglich der Präsidentschaftswahl 2020 verstrickt.

Das schreibt zumindest die US-amerikanische Tageszeitung "Washington Post". Computerexpert:innen haben demnach offenbar sensible Wahldaten nach den Präsidentschaftswahlen 2020 kopiert. Dieser illegale Vorgang soll unter der Leitung von Donald Trumps Anwält:innen geschehen sein – wie eben Sidney Powell. In mindestens drei für die Wahl wichtigen US-Bundesstaaten soll das Team durch geheime, staatenübergreifende Aktivitäten den Zugang zu den Wahlsystemen erhalten haben. Die Zeitung bezieht sich dabei auf E-Mails und Aufzeichnungen.

Eine Wahlbeamtin aus dem US-Bundesstaat Georgia bekräftigt diesen Vorwurf gegenüber watson. Auf Anfrage gibt sie exklusive Einblicke in die Vorgänge und zeigt auf: Trumps Anwält:innen müssen Verbündete gehabt haben.

Trumps Anwält:innen beauftragen die Datenfirma "Sullivan Strickler"

Laut der "Washington Post" beauftragten Trumps Anwält:innen die Datenfirma "SullivanStrickler", um illegal auf lokale Wahlsysteme zuzugreifen. Die Computerexpert:innen haben darauf Wahldaten in ländlichen Bezirken in Michigan, Nevada sowie Georgia kopiert.

Laut der Wahlbeamtin muss das Computerteam Verbündete in den Wahllokalen gehabt haben. Ihr zufolge ist das Wahlverwaltungssystem grundsätzlich nicht mit dem Internet verbunden. Somit sei es vor Hackerangriffen geschützt. Demnach habe das Team nur auf das System zugreifen können, indem es direkt vor dem betreffenden Computer saß.

November 19, 2020, USA: Attorney Sidney Powell offers remarks while joined by former Mayor Rudy Giuliani Republican of New York, New York during a press conference at Republican National Committee hea ...
Computerexpert:innen haben unter der Leitung Trumps damaliger Anwältin Sidney Powell Wahltdaten kopiert.Bild: IMAGO / ZUMA Wire / Rod Lamkey-Cnp

Am Tag nach dem Angriff auf das Kapitol vom 6. Januar 2021 hat das Computerteam zum Beispiel Daten aus dem Wahlsystem im ländlichen Coffee County des Bundesstaates Georgia kopiert. Die E-Mails und andere Aufzeichnungen wurden an ein Bundesgericht in Georgia zur Überprüfung weitergeleitet. Diese Dokumente liefern wohl die erste Bestätigung, dass Daten aus dem Wahlsystem kopiert wurden. Staatsbeamte haben erklärt, dass sie Ermittlungen einleiten werden.

Aber um welche sensiblen Daten handelt es sich genau?

Inhalte aus dem Wahlverwaltungssystem gestohlen

"Eventuell haben sie Inhalte etwa aus dem Wahlverwaltungssystem gezogen – was sehr illegal ist", erklärt eine Wahlbeamtin aus Georgia gegenüber watson. Aus beruflichen Gründen möchte sie anonym bleiben. Sie geht zudem davon aus, dass man die Speicherkarten von den Touchscreens der Wahlautomaten kopiert hat. Diese zeichnen sämtliche Abstimmungen und Zeitprotokolle auf. Zudem könnten die Computerexpert:innen Zugriff auf den Stimmzettelscanner erhalten haben. In diesem sind unter anderem auch die Fotos der ursprünglichen Stimmzettel hinterlegt.

Und das, obwohl das offenbar gar nicht nötig gewesen wäre, wie die Wahlbeamtin erklärt. Vieles sei in den USA aufgrund des Öffentlichkeitsgesetzes (Open Records Law) frei zugänglich. "Trumps-Anwälte hätten Kopien von Stimmzettelfotos anfordern können, und der zuständige Protokollführer hätte sie herausgegeben", meint sie.

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Ein Mitarbeiter zählt die Wahlzettel bei der Präsidentschaftswahl 2020 aus.Bild: IMAGO / VCG

Laut Aaron C. Davis, Journalist von der Washington Post, wurden ganze Festplatten von Wahlsystemsoftware kopiert und dann mit Trump-Verbündeten geteilt. Diese Software wird bis heute in Georgia und in anderen Bundesstaaten der USA verwendet.

"Powell könnte eine Gefängnisstrafe drohen."
Wahlbeamtin, Georgia, USA

Solch ein Zugriff auf das Wahlverwaltungssystem ist laut der Wahl-Expertin extrem gefährlich:

"Der Zugriff könnte für Betrug missbraucht werden. Wenn dieser Vorfall nicht aufgeflogen wäre, hätten die Beteiligten bei zukünftigen Wahlen Änderungen am System vornehmen können. Sie hätten die Wahlstimmen ändern oder löschen können."

Mittlerweile wurde nach Angaben der Wahlbeamtin der Server des Wahlbüros im Landkreis Coffee County ersetzt. Der Bundesstaat Georgia wird die Leitung der gesamten Abteilung übernehmen, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Sie erinnert sich, wie vor kurzem das gesamte Personal in der lokalen Wahlbehörde gefeuert wurde. Damals habe keiner gewusst, warum – bis jetzt. Jeder, der darin verwickelt sei, werde strafrechtlich verfolgt. "Powell könnte eine Gefängnisstrafe drohen. Sie war direkt damit verbunden und es gibt keine Möglichkeit, das zu leugnen", erklärt die Wahlbeamtin.

Wenn es zweifelsfrei Beweise gibt, dass die Anwältin Powell auf Trumps Befehl gehandelt hat, könnte Trump ebenfalls zur Rechenschaft gezogen werden. Obwohl er kurz nach der Wahlniederlage die Zusammenarbeit mit Powell beendet hatte.

Trumps Verbündete sollen Wahl beeinflusst haben

Seit der Präsidentschaftswahl 2020 werden zunehmend mutmaßliche Sicherheitsverletzungen in lokalen Wahlbüros enthüllt. Derzeit wird auch gegen Trumps Anwalt Rudy Giuliani ermittelt. Hintergrund sei ebenfalls eine mögliche Beeinflussung der Präsidentschaftswahl 2020.

Rudy Giuliani, President Donald Trump s campaign legal advisor, speaks on the election results, at the Republican National Committee headquarters in Washington, DC on Thursday, November 19, 2020. PUBL ...
Auch gegen Trumps Anwalt Rudy Giuliani wird wegen mögliche Wahl-Beeinflussung ermittelt.Bild: IMAGO / UPI Photo / KEVIN DIETSCH

Zudem steht derzeit das Telefonat zwischen Trump und dem obersten Wahlaufseher in Georgia, Brad Raffensperger, im Fokus. Trump hatte ihn in dem Gespräch aufgefordert, die bis dahin noch fehlenden Stimmen zu "finden", um den knappen Wahlsieg seines Konkurrenten Joe Biden zu kippen.

Georgia gehört zu den Bundesstaaten, in denen sich die Präsidentenwahl 2020 zugunsten des Demokraten Biden entschied. Bis heute hält Trump ohne Beweise daran fest, er sei durch Betrug um den Sieg gebracht worden.

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