In der Woche des Ukrainekrieg-Jahrestages hat sich Wladimir Putin eine Rede zur Lage der Nation gehalten.Bild: Pool Sputnik Kremlin / Maxim Blinov
Analyse
Der Krieg in der Ukraine spaltet die Konservativen.
Philipp Löpfe / watson.ch
Im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" befindet sich der Protagonist in einer Endlosschleife. Jeden Morgen steht er auf, nur um wieder genau das Gleiche zu erleben wie tags zuvor. In unserem Nachbarland, der Schweiz, gibt es ein solches Murmeltier. Der rechte Journalist Roger Köppel: Auch er steht jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe auf, um mit seinem Video-Blog "Weltwoche daily" zu beglücken. Die ewig gleiche Botschaft, die er dort verkündet, lässt sich kurz und bündig wie folgt zusammenfassen: Wir müssen Verständnis aufbringen für Putins Krieg gegen die Ukraine.
Köppel ist nicht bloß Journalist, er ist auch Politiker, sitzt im Schweizer Nationalrat. Für die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP). Krude Putin-Freundlichkeit und außenpolitische Eskapaden – wie steht Köppels Partei dazu? Ob sie erfreut ist oder nicht, können nur Insider beurteilen. Tatsache ist, dass sich namhafte Vertreter – etwa der Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker – schon resolut dagegen ausgesprochen haben. Der stramm rechte Kolumnist Henryk Broder hat deswegen die "Weltwoche" verlassen.
Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update!
Hier findest du unseren
Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne
hier auch auf Instagram.
Mehr Glück könnte Köppel jedoch bei den Schweizer Nachbarn haben, die er neuerdings ebenfalls mit seinen Videos beglückt. Die rechtsradikalen Populisten der österreichischen FPÖ und der AfD hier in Deutschland machen aus ihrer Bewunderung für Putin schon lange keinen Hehl mehr. Doch auch außerhalb rechter Parteien sieht es wild aus: Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht planen eine als Friedensdemonstration verkleidete Kundgebung, in der um Verständnis für Putin geworben wird. Auch Rechtsradikale sind dabei willkommen.
Die Rechten stehen jedoch keineswegs vereinigt hinter Putin. Typisch dabei ist die Situation in Italien. Die neofaschistische Premierministerin Georgia Meloni ist soeben von einem Trip nach Kiew zurückgekehrt. Dort hat sie Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht nur die Unterstützung Italiens gegen Putin versichert, sie hat gar mit einer möglichen Lieferung von italienischen Kampfflugzeugen geflirtet.
Melonis Bündnispartner werden dies mit saurer Miene verfolgt haben. Silvio Berlusconi – schon lange mit Putin in einer Männer-Kumpanei verbunden – hat sich kürzlich verächtlich über Selenskyj ausgelassen. Das überraschte niemanden. Hingegen war erstaunlich und erfreulich zugleich, wie resolut Meloni deswegen den clownesken Greis Berlusconi in den Senkel gestellt hat.
In Kiew hat Meloni ihre Solidarität mit der Ukraine ausgesprochen.Bild: IMAGO/APAimages
Der Dritte im rechtsradikalen Bündnis Italiens, Lega-Chef Matteo Salvini, hält sich derweil noch dezent im Hintergrund. Seine Sympathien für den russischen Präsidenten sind jedoch bekannt. Schließlich pflegte er noch vor Kurzem in einem T-Shirt mit Putins Konterfei herumzuspazieren, und angeblich soll er auch Spenden aus Moskau angenommen haben.
Europas rechtsextreme Szene ist jedoch nicht Match-entscheidend. Für das Schicksal der Ukraine weit relevanter ist, wie sich die Republikaner in den USA positionieren, denn ohne die amerikanische Hilfe stehen die Verteidiger der Ukraine bald auf verlorenem Posten.
Auch die Grand Old Party (GOP) ist gespalten. Die Mehrheit der Republikaner und auch das Parteiestablishment unterstützen Bidens Hilfe an die Ukraine, ja sie wollen sogar noch weiter gehen. Lindsey Graham, der außenpolitisch einflussreiche Senator aus South Carolina, wirft seinem Präsidenten vor, zu wenig zu tun, und fordert ihn auf, endlich auch F-16-Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Den gleichen Vorwurf erhebt auch der republikanische Kongressabgeordnete Mike McCaul. Er ist Vorsitzender der außenpolitischen Kommission und hat wie Biden soeben Kiew besucht.
Führende Köpfe der MAGA-Fraktion: Matt Gaetz und Marjorie Taylor Greene.Bild: AP / Alex Brandon
Die sogenannte MAGA-Fraktion (Make America Great Again) innerhalb der GOP sieht dies jedoch ganz anders. Die "Fraktion der Durchgeknallten" – Marjorie Taylor Greene, Matt Gaetz, Lauren Boebert etc. – findet die US-Hilfe an die Ukraine verschwendetes Steuergeld. So quittierte etwa Greene Bidens überraschende Kiew-Visite mit folgendem Tweet: "Der Präsident der Vereinigten Staaten kümmert sich mehr um die Ukraine als um Amerika und zwingt das amerikanische Volk, für den Krieg der ukrainischen Regierung zu bezahlen."
Angefeuert von Tucker Carlson haben sich auch andere Mitglieder der Durchgeknallten-Fraktion in gleicher Weise geäußert. Der Fox-News-Moderator ging gar so weit, Bidens Besuch in Kiew gegen ein Öko-Desaster in East Palestine auszuspielen. An diesem Ort im Bundesstaat Ohio hat sich kürzlich ein schweres Zugunglück ereignet, bei dem giftige Gase entzündet wurden. Der Präsident wäre besser nach Ohio gereist und hätte dort Hilfe versprochen, hetzte Carlson.
Zunehmend wird die Ukraine-Hilfe auch ein Thema im anlaufenden Rennen um die amerikanische Präsidentschaft. Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley hat ihre Kandidatur bereits offiziell verkündet. Sie unterstützt die traditionelle Parteilinie. "Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht um die Freiheit generell", erklärte sie letzte Woche an einer Wahlveranstaltung in Exeter (New York). "Sollten die Russen die Ukraine erobern, dann werden sie als nächstes Polen und die baltischen Staaten überfallen und einen Dritten Weltkrieg entfachen. Und sollte Russland gewinnen, dann können wir darauf wetten, dass China in Taiwan einfallen und der Iran die Atombombe entwickeln wird."
Befindet sich auf der traditionellen Parteilinie: Nikki Haley.Bild: The Gazette / Jim Slosiarek
Ron DeSantis hat seine Kandidatur zwar noch nicht verkündet, führt jedoch bereits einen Wahlkampf auf kleinem Feuer. Obwohl der Gouverneur von Florida einst ebenfalls ein erklärter Putin-Kritiker war, schwenkt er nun auf die Fox-News-Linie um. "Es kann nicht in unserem Interesse liegen, in einen Stellvertreter-Krieg mit China verwickelt zu werden und uns darum zu kümmern, wie die Grenze auf der Krim verläuft", erklärte er gegenüber dem Sender.
Und was ist mit Donald Trump? Die Bewunderung des Ex-Präsidenten für Putin ist sattsam bekannt, und dessen Einmarsch in die Ukraine bezeichnete er ursprünglich als "genial". Inzwischen äußert Trump sich kaum mehr zu diesem Thema, außer dass er ebenfalls wie das eingangs erwähnte Murmeltier unablässig wiederholt: Wäre er Präsident, dann wäre dies alles niemals geschehen.
Russlands Präsident Putin ist mit zahlreichen Problemen konfrontiert, die er sich mit dem Einmarsch in der Ukraine vor zweieinhalb Jahren selbst eingebrockt hat. Westliche Sanktionen bremsen die Wirtschaft, Embargos sorgen für Materialengpässe und in der Bevölkerung schwindet die Unterstützung für den brutalen Angriff auf den Nachbarn.