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SPD-Politikerin Bärbel Bas ist neue Bundestagspräsidentin

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Bärbel Bas (SPD) ist neue Bundestagspräsidentin.Bild: imago images / Frederic Kern
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Auf den ersten Blick ein wenig glamouröser Job: Bärbel Bas ist Präsidentin des neuen Bundestags – warum das eine so bedeutende Aufgabe ist

26.10.2021, 19:4727.10.2021, 07:57
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Wer über 30 Jahre alt ist, wird sich noch an den Hamburger Rapper Das Bo erinnern – und an dessen populären Rap-Song "Türlich, Türlich". Dieser erlebt gerade ein unerwartetes Comeback, und das hat mit der frisch gewählten Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu tun.

"Bass, bass, wir brauchen Bass!", rappte Das Bo im Jahr 2000, und eine ganze Generation von Hip-Hop-Fans stimmte mit ein.

Mit der Wahl der SPD-Politikerin Bärbel Bas zur Bundestagspräsidentin am Dienstag ist der Ohrwurm-Hit zurück: "Bas, Bas, wir brauchen Bas!" skandieren die Fans der bisher noch recht wenig bekannten Duisburgerin, die nun das zweitmächtigste Amt im Staat innehat.

Am Dienstag kam der neu gewählte Bundestag erstmals zusammen. Zu der Sitzung gehört auch die Wahl eines neuen Präsidiums, dem die Bundestagspräsidentin vorsteht. Seit 2017 füllte CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble das Amt aus, der nun Alterspräsident ist.

Warum die Bundestagspräsidentin so wichtig ist

Auf den ersten Blick ist es ein wenig glamouröser Job, den Bärbel Bas nun für die kommenden vier Jahre übernehmen wird. Traditionell schwebt das Amt über den Dingen des alltäglichen parlamentarischen Betriebs. Während sich die Abgeordneten der Parteien teils heftige Wortgefechte liefern und sich auch mal zu der einen oder anderen Unsachlichkeit hinreißen lassen, muss die Bundestagspräsidentin vor allem moderieren.

Vergreift sich jemand allzu sehr im Ton oder benimmt sich anderweitig daneben, kann sie Ordnungsrufe und Rügen verteilen, jemandem das Wort entziehen, Sitzungen unterbrechen oder, auf der maximalen Eskalationsstufe, wegen "störender Unruhe" ganz beenden. Der Bundestagspräsident oder die Bundestagspräsidentin und ihre Vertreterinnen sind sozusagen die Erwachsenen am Tisch der parlamentarischen Demokratie.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, ein Auge auf den friedlichen Ablauf zu haben. Gab es im ersten gesamtdeutschen Parlament nach der Wiedervereinigung 1990 noch unschuldige drei Rügen, waren es 2017 zehn an der Zahl. Ordnungsrufe stiegen im gleichen Zeitraum von 35 auf 47. Mit der AfD ist der Ton zuletzt immer rauer geworden, was nicht nur am populistischem Kampfvokabular der Partei liegt – sondern zuweilen auch an spitzen Angriffen ihrer Gegner.

Gemeinsam mit ihren Stellvertretern bildet die Bundestagspräsidentin das Präsidium. Ihnen kommen wichtige Verwaltungsaufgaben im Parlament zu. Die Präsidentin vertritt den Bundestag. Gesetzentwürfe, die vom Bundesrat, der Bundesregierung oder vom Bundestages eingebracht werden, werden formal an sie adressiert.

Dazu kommt die Festlegung der staatlichen Mittel zur Parteienfinanzierung, Personalangelegenheiten der Bundestagsverwaltung und der Abschluss wichtiger Verträge.

Bas ist die dritte Frau im Amt

Bärbel Bas ist nach ihrer Partei-Genossin Annemarie Renger (1972 bis 1976) und der CDU-Politikerin Rita Süssmuth (1988 bis 1998) die dritte Frau in diesem Amt. Bei ihrer Antrittsrede am Dienstag vor dem Plenum forderte sie vor allem eine klare und für jeden verständliche Kommunikation aus dem Bundestag nach außen – statt juristischer Fachsprache.

"Wir können über unsere Sprache zeigen, dass wir das Wohl aller im Blick haben." Wer verstehe, worüber im Bundestag gesprochen werde, "wird auch das Gespräch suchen." Bas meinte weiter:

"Wer merkt, dass wir diesen Austausch ernsthaft wollen, wird sich auf uns einlassen, wird mitdenken, über politische Entscheidungen mit uns streiten wollen und nicht gleich losschreien, dagegenhalten und andere niedermachen."

Zu den Vorgängern von Bärbel Bas gehört CDU-Politiker Norbert Lammert, der von 2005 bis 2017 dem Bundestag vorstand. Der Bochumer Politiker verstand sich wie sein Parteifreund Schäuble in der Kunst des unaufgeregten Moderierens.

Schäuble selbst wird nun im Amt des Alterspräsidenten seine politische Karriere herunterfahren. Mehrere Versuche, nach höherer Macht in Staat und Partei zu streben, scheiterten. Viele innerhalb und außerhalb seiner Partei hätten den dienstältesten Abgeordneten in der Geschichte des Parlaments gern als Bundespräsidenten gesehen.

Aber die CDU-Spendenaffären der 1980er- und 1990er-Jahre hingen wie ein Schatten über seinem politischen Leben. 2000 hatte Schäuble zugegeben, vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber im Jahr 1994 eine Spende über 100.000 Deutsche Mark in Bar für seine Partei entgegengenommen zu haben.

Neben Schäubles Nachfolgerin Bärbel Bas wurden am Dienstag auch mehrere Stellvertreter gewählt.

Dem Präsidium des 20. Deutschen Bundestags gehören neben Bärbel Bas Yvonne Magwas (CDU/CSU), Claudia Roth (Grüne), Wolfgang Kubicki (FDP), Aydan Özoğuz (SPD) und Petra Pau (Linke) an. Die AfD scheiterte mit ihrem Kandidaten Michael Kaufmann.

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