Das mecklenburg-vorpommerische Dorf Upahl sorgte zu Beginn des Jahres für Aufsehen: Die Bevölkerung hat sich in großen Teilen zusammengeschlossen, um gegen den Bau eines Containerdorfes für Geflüchtete aufzubegehren. Bereits im Januar kam es im Zusammenhang mit der geplanten Geflüchtetenunterkunft zu tumultartigen Szenen. Protestierende hatten versucht, den Kreistag in Grevesmühlen zu stürmen.
So wollten sie die Abstimmung zum Bau des Containerdorfes verhindern. Wie die "BZ" einen Polizeisprecher zitiert, seien auffällig viele Neonazis vor Ort gewesen.
In Greifswald (ebenfalls Mecklenburg-Vorpommern) brauchte ein Oberbürgerbürgermeister beim Verlassen einer Ortsversammlung polizeilichen Geleitschutz. Thema der Versammlung: Der Bau eines Containerdorfes für Geflüchtete.
Im sächsischen Bautzen haben Brandstifter:innen Ende 2022 einen Anschlag auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft verübt. Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) vermutete bei einem Ortsbesuch, das Ziel der Unbekannten sei gewesen, das ehemalige Hotel "komplett in Schutt und Asche zu legen". So zitiert ihn der MDR.
Die Anzahl der Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte ist 2022 erstmals seit 2015 wieder gestiegen. Parallel zu den steigenden Zahlen Geflüchteter. Wie werden die Einrichtungen geschützt? Watson hat bei Trägern von Unterkünften nachgefragt.
2022 gab es 121 Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätliche Angriffe auf solche Unterkünfte. Ein Plus von 73 Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Das geht aus vorläufigen Zahlen des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vorliegt.
Zwar wurden 2015 noch 1047 solcher Angriffe registriert, doch nun steigt dieser Wert zum ersten Mal wieder an.
Die Behörden verzeichneten 2022 zudem 1248 Angriffe gegen Asylbewerber oder Geflüchtete außerhalb von Unterkünften. Das waren in etwa so viele wie im Vorjahr mit 1259 Fällen. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Geflüchteten insgesamt deutlich angestiegen, vor allem infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Im bayerischen Unterfranken, heißt es auf watson-Anfrage, ist es in der jüngeren Vergangenheit zu keinerlei Angriffen auf Unterkünfte gekommen. Zumindest nicht auf die Unterkünfte, die in der Trägerschaft der Regierung Unterfranken sind. "Auch niederschwelliges aggressives Verhalten wie Drohanrufe oder Protestaktionen vor Unterkünften waren nicht zu verzeichnen", erklärt ein Sprecher.
Die Regierung von Unterfranken betreibt eine Ankereinrichtung sowie zahlreiche Gemeinschaftsunterkünfte – Ankereinrichtungen sind Erstaufnahmeeinrichtungen. Das Niveau der Schutzmaßnahmen dort orientiere sich an der Anzahl der untergebrachten Personen sowie der Lage der jeweiligen Unterkunft, erklärt der Sprecher. Er konkretisiert:
Außerdem sei die Einrichtung komplett eingezäunt und nur über einen zentralen Eingang zu betreten – auch das trägt aus Sicht der Regierung Unterfranken zur Sicherheit der Geflüchteten bei. Am Eingang würden Identität und Zugangsberechtigung der Menschen geprüft. Unbefugte dürften also nicht auf das Gelände kommen. Sollten sie es doch schaffen, müssten sie zeitnah auf einer der 300 Sicherheitskameras zu sehen sein. In diesem Fall greift der Sicherheitsdienst ein, sagt der Sprecher.
Auch in Gemeinschaftsunterkünften, die entweder eine hohe Bewohnerzahl hätten oder abgelegen seien, sei ein Sicherheitsdienst im Einsatz. Gleichzeitig seien die jeweiligen Unterkunftsleitungen im Austausch mit den örtlichen Polizeiinspektionen, um so den besten Schutz für die Bewohner:innen zu gewährleisten.
Da die Lage in Unterfranken aktuell ruhig und die Schutzmaßnahmen aus Sicht der Regierung Unterfranken ohnehin hoch seien, sind keine Veränderungen geplant. Angespannter ist die Situation in Sachsen.
Die Amadeu Antonio Stiftung spricht von einer "Progromstimmung gegen Geflüchtete", die sich dort wie auch in Mecklenburg-Vorpommern zuspitze. Die Rechten hätten zu ihrem Kernthema, dem Hass auf Geflüchtete, zurückgefunden, ordnet die Stiftung ein.
So habe die AfD drei Tage bevor die Brandstifter:innen in Bautzen die geplante Geflüchtetenunterkunft attackiert hatten, eine Protestkundgebung vor Ort abgehalten. Dabei sollen auch Drohungen ausgesprochen worden sein. Das Problem würden "die Leute hier schon lösen", habe laut der Stiftung ein Teilnehmer gerufen.
Vonseiten der Landesdirektion Sachsen heißt es auf watson-Anfrage, die staatlichen Aufnahmeeinrichtungen seien durch ein Sicherheitskonzept und die enge Abstimmung mit der Polizei geschützt. Aktuell sei die Polizei aufgrund der konkreten Lage noch mehr vor Ort. Zudem würden Wachschutzunternehmen für die Sicherheit im Inneren des Objektes sorgen.
(Mit Material der dpa)