Liebe kennt kein Geschlecht? "Doch", hieße wohl die Antwort vieler erzkonservativer, religiöser und teils rechtsgesinnter US-Republikaner. Ganz vorne dabei Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Mit seinem bekannten "Don't Say Gay"-Gesetz untermauert er seinen selbst verkündeten Krieg gegen die "woke" Welt. Doch nicht nur Florida verwandelt sich offenbar zur Hölle für Menschen, die frei lieben und leben wollen.
In vielen anderen US-Bundesstaaten werden immer mehr Anti-LGBTQ-Gesetze aus dem Boden gestampft. Vor allem trans* Menschen sind zum ultimativem Feindbild der rechten Christen in den USA geworden. In einem früheren Beitrag von watson betonte die deutsche Journalistin Annika Brockschmidt, wie schnell die rechten Christen vom anti-LGBT-Diskurs hin zum anti-trans-Diskurs gewechselt sind.
Damit konzentrieren sie sich auf eine kleinere, verletzlichere Minderheit und präsentieren sich als "starker Schutz der Kinder und der patriarchalischen Kernfamilie". Sie dämonisieren und attackieren eine "Gruppe" und rücken sich selbst ins gute Licht, nach der Devise "Wir wollen nur die Kinder schützen". Dies sei eine typische Taktik Rechter, sagte Brockschmidt.
Menschenrechtsaktivist:innen schlagen Alarm: Die zunehmende Feindlichkeit gegenüber LGBTQ-Personen verblasse das Licht der Freiheit in den USA. Land of the free – aber nicht für alle. Das zeigen diese fünf krassen Anti-LGBTQ Gesetze in den USA, die watson für euch zusammengefasst hat.
Im US-Staat West Virginia sind geschlechtsangleichende Behandlungen für Minderjährige verboten. Laut Medienberichten untersagt das Gesetz Ärzt:innen, Menschen unter 18 Jahren geschlechtsangleichende Hormonbehandlungen und reversible Pubertätsblocker anzubieten. Minderjährige dürfen sich zudem nicht geschlechtsangleichenden Operationen unterziehen.
In den konservativ regierten US-Staaten Iowa, Georgia, Mississippi, Utah und South Dakota gelten bereits vergleichbare Gesetze. In West Virginia enthält das Gesetz allerdings eine Ausnahme: Es erlaubt Ärzt:innen, einem Teenager eine Therapie zu verschreiben, sobald ein Risiko für eine Selbstverletzung oder Suizid vorliegt. In diesem Fall darf die Person Pubertätsblocker und eine Hormontherapie erhalten – braucht allerdings die Erlaubnis der Eltern und die Diagnose einer gravierenden Genderdysphorie.
Tennessee steht auf Kriegsfuß mit Dragqueens. In dem US-Bundesstaat dürfen sie in Zukunft nicht mehr in der Öffentlichkeit sowie vor Kindern und Jugendlichen auftreten. Drag-Shows sind also nur an Orten erlaubt, die deutlich als Erwachsenenunterhaltung gekennzeichnet sind. Bis zu ein Jahr Haft und Strafgelder von bis zu 2500 US-Dollar sollen bei einem Verstoß drohen.
Kritiker:innen befürchten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand nutzen könnte, um queere Menschen auf der Straße zu drangsalieren. Gegebenenfalls stehen damit auch Pride-Demonstrationen mit Verweis auf das Gesetz auf der Kippe. Brisant: Der Gouverneur des US-Staates Tennessee Bill Lee wurde selbst in Frauenkleidern gesichtet.
Der Republikaner Lee muss sich für ein Schulfoto aus dem Jahr 1977 erklären, das ihn offenbar in einem Kleid zeigt. Das Bild schlug auf Social Media hohe Wellen. Bei einer Pressekonferenz meinte Lee, die Vorwürfe seien "lächerlich". Und: "So etwas mit sexualisierter Unterhaltung vor Kindern in Verbindung zu bringen, ist ein sehr ernstes Thema." Denn ihm ginge es bei dem Gesetz vor allem um den Schutz der Kinder.
Tennessee ist dabei kein Einzelfall. In den USA gibt es nach Angaben des Online-Magazins "Vice" 36 Gesetzentwürfe in mindestens 14 anderen Staaten, die sich gegen Drag richten.
In Texas werden geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Jugendlichen als "Kindesmisshandlung" ("child abuse") eingestuft und entsprechend juristisch gegen die Beteiligten vorgegangen. "Ich warte nur darauf, dass jemand an die Tür klopft", sagen die Eltern eines trans* Kindes in Texas im Gespräch mit dem US-Magazine "Time". Sie fürchten sich vor den "Family and Protective Services" (auf Deutsch etwa Familie und Schutzdienste), die Eltern von trans* Jugendlichen ins Visier nehmen.
Im Bericht heißt es, Texas führe Ermittlungen gegen Eltern durch, die ihren Kindern möglicherweise eine Geschlechts-bejahende Betreuung zukommen lassen. Laut dem texanischen Nachrichtendienst "Kera News" haben seitdem einige Familien den Staat verlassen. Diejenigen, die bleiben, kämpfen mit der ständigen Angst.
Ein betroffener Vater sagt gegenüber "Kera News", dass die texanischen Republikaner die Anti-LGBTQ-Politik zu einem vorherrschenden Teil ihrer Agenda gemacht haben. Die Debatte werde emotionalisiert und wissenschaftliche Fakten verdrängt. "Und für mich wird es gefährlich, wenn eine Regierung anfängt, Gefühle über Fakten und Wissenschaft zu stellen", meint er.
Im Sunshine State ziehen dunkle Wolken auf. LGBTQ-Organisationen reagieren alarmiert, einige haben bereits Reisewarnungen nach Florida für Minderheiten ausgesprochen. Denn "there's a new sheriff in town", um es mit den Worten von Ron DeSantis zu sagen. Mit Floridas erzkonservativen Gouverneur ist nicht zu scherzen, wenn es um LGBTQ-Rechte geht.
2022 unterzeichnete DeSantis das "Parental Rights in Education-Gesetz". Es wurde bekannt als "Don't Say Gay"-Gesetz, denn es verbietet Lehrkräften in der Vorschule sowie den ersten beiden Klassen der Grundschule über sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten zu sprechen. Sollten Lehrkräfte das Gesetz missachten, können Eltern die Schule verklagen. DeSantis will das Gesetz nun verschärfen.
In Zukunft soll der Austausch über sexuelle Orientierung im Unterricht komplett untersagt werden. Sprich, die Richtlinie soll für alle Altersstufen gelten. Eine Ausnahme gebe es allerdings: Ein solcher Unterricht sei nur erlaubt, wenn es von den Bildungsvorschriften des Staates "ausdrücklich verlangt" werde – oder Teil eines optionalen Sexualkunde- oder eines anderen Gesundheitsunterrichts sei, heißt es in einem Dokument der Behörden.
Ein großer Gegner des Gesetzes ist etwa Floridas Freizeitpark World Disney, der seither mit DeSantis in einer Fehde liegt.
"So etwas habe ich in den Jahren, in denen ich in Mississippi gearbeitet habe, noch nie gesehen", meint Rob Hill, der Staatsdirektor der Human Rights Campaign Mississippi gegenüber dem Nachrichtendienst "Mississippi Today". Anfang des Jahres wurden demnach 31 Gesetzentwürfe eingebracht, die auf die Rechte von queeren Einwohner:innen Mississippis in Bildung und Gesundheitsversorgung abzielen.
Damit weise der Bundesstaat die höchste Anzahl von Gesetzentwürfen gegen LGBTQ im Jahr 2023 auf, Laut "queer.de" verbietet der Südstaat etwa alle "experimentellen" medizinischen Prozeduren an Jugendlichen unter 18 Jahren. Sprich, geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Hormongaben, Hormonblocker und geschlechtsangleichende Operationen. Brisant: Wer sie doch durchführt, muss mit harten Strafen rechnen.
Laut dem Bericht von "queer.de" können medizinische Mitarbeiter:innen, die etwa solch eine Behandlung durchführen, ihre Lizenzen verlieren. Ärzt:innen, die geschlechtsaffirmierende Behandlungen anbieten, können demnach wohl noch bis zu 30 Jahre später dafür verklagt werden.