In der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar forderte ein ukrainischer Angriff in Makijiwka möglicherweise hunderte von russischen Toten. Während die Ukraine von 400 toten russischen Soldaten sprach, bestätigte Russland zunächst nur deren 63. Am Dienstagabend wurde die Zahl dann nach oben, auf 89, korrigiert.
Laut dem russischen Generalleutnant Sergej Sewrjukow seien die Ukrainer nur auf das nun völlig zerstörte Gebäude aufmerksam geworden, weil die russischen Soldaten ihre Handys benutzt hätten. Die Opfer seien selbst schuld.
Der Generalleutnant bedient sich hier der Rhetorik der Schuldabwälzung. Es ist ein Versuch, den schweren Schlag gegen Russland zu relativieren. Dasselbe versucht auch Kreml-Propagandist Wladimir Solowjow. Allerdings schlägt er dafür eine andere Route ein. Im russischen Staats-TV spielt er am Montag den Tod herunter und sagt schlicht: "Das Leben wird völlig überbewertet."
Er habe mit dem Kriegshelden, dem General Apti Alaudinov, gesprochen. Er habe ihn gefragt: "Fürchtest du dich vor dem Tod?" Daraufhin habe dieser geantwortet, dass er ein religiöser Mann sei und deswegen den Tod gar nicht fürchten könne. Und weiter: "Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe Angst davor, Menschen zu enttäuschen."
Solowjow stimmt der Meinung des Kriegshelden zu und knüpft an:
An wen dieser ganze Monolog gerichtet war, kommt vor allem bei der folgenden Aussage zum Ausdruck:
Solowjow sorgt sich – um nicht zu sagen, fürchtet sich – offensichtlich davor, dass sich kampffähige Russen von solchen Rückschlägen wie in Makijiwka verunsichern lassen. Schon die Teilmobilisierung war sehr harzig verlaufen und die vielen Todesmeldungen bestätigen die Befürchtung vieler Soldaten, dass sie bloß als Kanonenfutter in die Ukraine geschickt würden.
"Und wenn auch!", denkt sich wohl Solowjow. Mit seinen Aussagen möchte er den Russen den Märtyrertod schmackhaft machen: "Es lohnt sich nur für etwas zu leben, für das man sterben kann, so sollte es auch sein."
Bereits gestorben sind die Männer der "Soldaten-Witwen Russlands". Die Frauen der bisher nicht bekannten Gruppe sind stolz auf den Einsatz ihrer verstorbenen Männer, fordern aber weitere Maßnahmen von Putin. Ihr Appell verbreitet sich derzeit in den sozialen Medien.
In ihrer Telegram-Gruppe – die erst seit einem Monat existiert – schreiben sie:
Zudem soll allen kriegsfähigen Männern das Verlassen des Landes verboten werden. Sie hätten das volle moralische Recht, dies vom Präsidenten einzufordern, so die Gruppe.
Weiter wünschen sie sich, dass sich Putin an Stalin ein Vorbild nimmt. Dieser habe sich nämlich bei seinem Streben nach dem Sieg nicht um irgendwelche Einschätzungen oder die Unzufriedenheit von Dissidenten gekümmert.
Gegenüber Reuters erklären sie, dass sie ihre Arbeit vor etwa zwei Monaten begonnen hätten, um die Frauen von gefallenen russischen Soldaten zu betreuen. Wer aber glaubt, dass der Tod der Männer bei den zurückgebliebenen Frauen Kritik und Wut geschürt habe, irrt sich. Im Gegenteil: Ganz in Solowjows Manier zelebriert die Gruppe den heldenhaften Tod der Soldaten. In ihrem ersten Telegram-Beitrag Anfang Dezember schrieben sie:
Die Botschaft von Putins Propagandisten Solowjow und der Witwengruppe ist klar: Der Tod einiger dutzend Soldaten ist noch lange kein Grund, den Krieg infrage zu stellen oder sich vor einem Einsatz zu drücken.
In anderen Worten: Ein Tod für Putins Mission ist eigentlich gar nicht so schlimm.