Der Bundeshaushalt, über den am Dienstag erstmals im Bundestag beraten wird, ist mit manch bitteren Einschnitten verbunden. Grund ist das strikte Festhalten an der Schuldenbremse, worauf vor allem Finanzminister Christian Lindner (FDP) pocht. Zugleich ist es auch Lindner, der sich gegen eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen sperrt, etwa durch höhere Steuern für Gutverdiener:innen oder den Abbau klimaschädlicher Subventionen.
Nach den massiven Ausgabenprogrammen der Corona-Zeit sowie für die Energiepreisbremse und Belastungen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will die Regierung die Schuldenaufnahme wieder auf Normalmaß zurückfahren. Zugleich gibt es massive Mehrkosten wegen steigender Zinsen, der hohen Inflation und als Folge relativ hoher Tarifabschlüsse sowie weiterhin durch Kosten wegen des Ukraine-Krieges.
Insgesamt will Lindner 2024 445,7 Milliarden Euro ausgeben und maximal 16,6 Milliarden an Schulden aufnehmen. Wo dem Entwurf zufolge vor allem gespart werden soll, erfährst du im Folgenden.
Der Bundeszuschuss für die gesetzliche Pflegeversicherung soll komplett entfallen. Um dennoch Leistungskürzungen zu vermeiden, werden in gleicher Höhe Zahlungen in den Vorsorgefonds vermieden, der eigentlich für langfristige Beitragsstabilität sorgen soll. Zudem dürften Mehrkosten etwa aktuell durch die Anhebung des Pflege-Mindestlohns die ohnehin hohen Eigenanteile der Pflegebedürftigen weiter in die Höhe treiben.
Gekürzt wird auch der Bundeszuschuss für die Rentenkassen. Zwar gibt es dort noch Rücklagen, auch diese hätten jedoch eigentlich dazu beitragen sollen, Beiträge länger stabil zu halten. Der Zuschuss für die Krankenkassen bleibt zwar formal stabil. Da es hier in den vergangenen Jahren aber Sonderzuschüsse gab, steht den Krankenkassen tatsächlich weniger Geld zur Verfügung. Zudem werden Kosten aus dem Bundeshaushalt zur Bundesagentur für Arbeit verschoben.
Beim Elterngeld wird die Einkommensgrenze, bis zu der die Leistung gezahlt wird, auf 150.000 Euro halbiert. Der Wert für Alleinerziehende bleibt auf dieser Höhe. Das Finanzressort hatte stattdessen Leistungskürzungen ins Gespräch gebracht, die so aber vermieden werden.
Mitte August hat das Kabinett bereits einen entsprechenden Entwurf von Lindner zu der Änderung verabschiedet. Dem ist zu entnehmen, dass der Bund durch die Kürzungen beim Elterngeld perspektivisch bis zu 500 Millionen Euro im Jahr sparen könnte. An den Kürzungsplänen gibt es dennoch heftige Kritik. Laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hätten etwa 60.000 Familien damit keinen Anspruch auf Elterngeld mehr.
Das Deutsche Kinderhilfswerk hat die geplanten Kürzungen im Haushalt des Bundesfamilienministeriums als "verheerendes Zeichen" kritisiert. "Der geplante Haushalt des Familienministeriums wird zu harten Einschnitten vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe führen", erklärte Verbandspräsident Thomas Krüger am Dienstag in Berlin. Er verwies konkret auf geplante Kürzungen beispielsweise bei den Maßnahmen der Integrations- und Migrationsforschung sowie beim Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit, beim Bundesfreiwilligendienst oder den "Kahlschlag bei den Zuschüssen für Familienferienstätten".
All dies dürfe "nicht realisiert werden", forderte Krüger. "Das mit den geplanten Kürzungen im Haushalt verbundene Zusammenstreichen des Kinder- und Jugendplans des Bundes um annähernd 20 Prozent wird zur Folge haben, dass viele aus kinderrechtlicher Sicht wichtige Projekte vor dem Aus stehen werden", warnte er. Die Finanzmittel des Bundesfamilienministeriums sollten vielmehr "auf ein Finanzvolumen angehoben werden, mit dem eine ausreichende Förderung von Kinder- und Jugendprojekten" möglich sei.
Obwohl die Bundesregierung die Digitalisierung der deutschen Behörden zu einem ihrer wichtigen Anliegen erklärt hat, will sie im kommenden Jahr nur ein Bruchteil des Geldes ausgeben, das 2023 dafür aufgewandt wird. Im Haushaltsplan sind für 2024 3,3 Millionen Euro für die Behörden-Digitalisierung eingeplant. In diesem Jahr waren es noch 377 Millionen Euro.
Ein Sprecher des Bundesdigitalministeriums versicherte jedoch, es werde im kommenden Haushalt "kein Finanzproblem bei der Digitalisierung" geben. "Für die zentralen Hebelprojekte der Digitalstrategie ist die Finanzierung gesichert", sagte der Ministeriumssprecher.
Nominal kleiner wird auch der Etat des Entwicklungsministeriums. Allerdings argumentiert die Regierung, dass dort mehr Ausgaben eingeplant sind als ursprünglich in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Für humanitäre Krisenhilfe steht jedoch weniger Geld zur Verfügung.
Überhaupt führt der Sparkurs zu zahlreichen kleineren Kürzungen in unterschiedlichen Bereichen, die aber dort oft schwerwiegende Folgen haben. So fehlen bisherige Mittel für Freiwilligendienste, wodurch tausende Stellen wegfallen könnten, für Beratungsstellen für Geflüchtete, die Förderung neuer Radwege sowie für das Programm "Demokratie leben" zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen. Sogar Sachmittel für Polizei und Nachrichtendienste sowie für Digitalisierungsprojekte werden zusammengestrichen. Zusätzliches Personal soll es generell nicht geben.
Der Verteidigungshaushalt ist angesichts der angespannten Sicherheitslage von den Sparvorgaben ausgenommen. Gleichwohl reicht das Geld im Wehretat nicht aus, um den von Ressortchef Boris Pistorius (SPD) angemeldeten Bedarf zu decken. Zwar werden Lücken teilweise mit Geld aus dem Bundeswehr-Sondervermögen geschlossen, dieses war jedoch eigentlich für größere, zusätzliche Investitionen vorgesehen. Auch die dauerhafte Umsetzung der Zwei-Prozent-Quote der Nato ist finanziell bislang nicht gesichert.
(nik/mit Material von dpa und AFP)