In München ist der CSU-Parteitag gestartet. Überschattet wird er von Streitigkeiten in der Koalition über den Verbleib des Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen, von der trotzigen Haltung Italiens in der Migrationsfrage und nicht zuletzt von schlechten Umfragewerten, die der CSU ein desaströses Wahlergebnis in Bayern voraussagen.
Zuletzt hatte die CSU in Umfragen nur noch bei 35 Prozent gelegen, 2013 bei der Landtagswahl hatten die Christsozialen noch 47,7 Prozent der Stimmen und damit die absolute Mehrheit im Landtag geholt.
Horst Seehofer, CSU-Chef und Bundesinnenminister, stellte sich mit seiner Rede auf dem Parteitag wie ein Fels in den politischen Wirbelsturm. Alles wird gut quasi – solange die Parteikollegen Zuversicht, Geschlossenheit und Einsatz zeigen.
Das waren die Kernaussagen seiner Rede:
"Wir brauchen jetzt in den nächsten vier Wochen Zuversicht statt Ängstlichkeit, Geschlossenheit statt Nörgelei, Einsatz statt Gemütlichkeit", sagte Seehofer.
Mit gelebter Geschlossenheit und einem riesigen Einsatz aller werde die CSU bei der Wahl am 14. Oktober stark abschneiden.
Seehofer hat bezahlbare Wohnungen als "die soziale Frage unserer Zeit" bezeichnet. Die Bundesregierung habe mit ihren jüngsten Beschlüssen die richtigen Antworten darauf gegeben, sagte er. Das Baukindergeld, die Förderung der Städte oder die Mieterschutznovelle seien wichtige Gesellschaftspolitik.
Der in seinem Ressort auch für das Thema Bau zuständige Seehofer sagte, ein solches Programm für den Wohnungsbau und für den Mieterschutz habe es in Deutschland "nie zuvor" gegeben.
Auf dem Wohngipfel am kommenden Freitag im Kanzleramt solle auch überlegt werden, das Baurecht zu vereinfachen.
Seehofer äußerte sich vor dem Hintergrund einer am Samstagnachmittag in München geplanten Großdemonstration für bezahlbares Wohnen. Dazu werden etwa 10.000 Menschen erwartet.
Seehofer gibt sich außerdem zuversichtlich, dass Italien ein Flüchtlingsabkommen mit Deutschland unterzeichnen wird.
Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte am Freitag die von Seehofer verkündete Einigung auf ein Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen, die über Italien nach Deutschland gekommen waren, dementiert. "Meine Unterschrift ist noch nicht vorhanden, weil ich auf eine weitere Klärung warte", sagte Salvini.
Seehofer hatte erklärt, dass nach den Abkommen mit Spanien und Griechenland über die Rücknahme von Flüchtlingen auch mit Italien eine Vereinbarung erzielt worden sei. Seine Unterschrift und die von Salvini fehlten aber noch. Die Abkommen sind Teil eines Kompromisses in der großen Koalition, mit dem Anfang Juli ein wochenlanger Streit zwischen CDU und CSU über die Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze vorerst beendet worden war.
Seehofer verteidigte vor den Delegierten in München seinen Kurs in der Migrationsfrage:
Seehofer bekräftigte seine Absicht, ein Einwanderungsgesetz vorzulegen, um Fachkräften die legale Immigration nach Deutschland zu ermöglichen. Das bedeute aber nicht offene Türen für jedermann.
Voraussetzung seien das Beherrschen der deutschen Sprache, eine berufliche Qualifikation, und dass die neuen Arbeitskräfte selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten.
Die SPD und deren Bundesarbeitsminister Hubertus Heil forderten Seehofer auf, im Streit um das bayerische Familiengeld nachzugeben.
Heils Linie ist, das Familiengeld auf Hartz IV anzurechnen. Heil solle endlich "diesen Unsinn" beenden und das Familiengeld anrechnungsfrei stellen. "Das ist die einzige richtige Antwort."
Bayern zahlt seit Anfang September Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat und Kind. Der Streit geht darum, ob das Familiengeld auf Grundsicherung angerechnet wird, die Hartz-IV-Leistung also um 250 Euro gekürzt wird. Der Bund sieht das als nötig an, damit bundesweit gleiches Recht gilt. Die bayerische Staatsregierung sieht das anders und beruft sich auf eine Ausnahmeregelung im Sozialgesetzbuch – was der Bund nicht akzeptiert.
Seehofer teilt die Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass der Zwist um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen keine Gefahr für die große Koalition ist.
Das sagte der CSU-Chef vor Beginn des CSU-Parteitags in München vor Journalisten. Seehofer wollte sich nicht dazu äußern, wie der Streit gelöst werden kann. Die drei Parteivorsitzenden hätten Stillschweigen bis zu ihrem Treffen am Dienstag vereinbart.
Schon vor dem Parteitag betonte Seehofer gegenüber Journalisten, dass er seine Partei trotz schlechter Umfragewerte nicht unter Druck sehe vor der Bayernwahl.
Ziel der CSU sei es, so stark wie möglich zu werden. Im Wahlkampf müsse die Partei nun zusammenstehen "und nicht nörgeln". Er selbst werde seinen Beitrag dazu leisten und eng mit dem Spitzenkandidaten, Ministerpräsident Markus Söder, zusammenarbeiten. Eine besondere Demonstration der Geschlossenheit sei nicht erforderlich, sie müsse einfach gelebt werden:
(sg/dpa/afp/reuters)