Saskia Esken ist seit Dezember 2019 Ko-Vorsitzende der SPD. Gemeinsam mit Norbert Walter-Borjans sollte sie die Partei nach links und vor allem zurück zu alter Stärke führen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Die SPD hängt in Umfragen weiter bei 15 Prozent und damit klar hinter den Grünen – von der Union ganz zu schweigen.
Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich die Ko-Vorsitzende mit viel Kritik, auch aus den eigenen Reihen, herumschlagen muss. Das zeigte sich auch im Sommerinterview mit der ARD. Bei diesem wurde ein Video des Genossen Nils Heisterhagen eingespielt, der den Führungsstil von Esken sehr deutlich kritisierte.
"Man merkt, sie hat eine sehr vitale Fangemeinde auf Twitter", merkte Heisterhagen süffisant grinsend an. "Aber in der Bundestagsfraktion hat sie keinen Rückhalt." Er nannte auch den Grund, den dies aus seiner Sicht hat. Die Deutschen, erklärte er, mögen Seriösität. "Sie mögen jemand, der an den Sachthemen arbeitet. Und zwar mit Kompetenz", fügte er spitz hinzu. Bei Esken hat er offenbar nicht den Eindruck, dass sie dies tut.
Saskia Esken versuchte, sich ein Grinsen abzuringen, was ihr nicht besonders gut gelang. "Ihr Genosse stellt ja Ihre Führung sehr grundsätzlich infrage", streute Moderatorin Tina Hassel noch ein wenig Salz in die Wunde. "Was antworten Sie Herrn Heisterhagen darauf?"
Anstatt direkt zu antworten, schlug die SPD-Chefin erstmal einen Haken. "Ich hab' jetzt den Namen gar nicht richtig verstanden", sagte sie – wohl, um erstmal Zeit zu gewinnen. Oder um klarzustellen, für wie unwichtig sie Heisterhagen und damit auch seine Kritik findet. Schließlich war der Name des Genossen ja nicht Teil der Frage. Als sie dann doch zur Antwort ansetzen wollte, unterbrach sie allerdings Hassel und erläuterte, es handele sich um einen "'SPD-Intellektuellen".
"Ja", meinte Esken dazu nur und erklärte dann, sie glaube, dass es in der SPD noch weitere Einzelpersonen gebe, die der Führung von ihr und Norbert Walter-Borjans kritisch gegenüberstünden. "Ich bekomme aber sehr viel positives Feedback", fuhr sie fort. "Wir beide." Und das beziehe sich nicht nur auf die Arbeit als Führungsduo der SPD, sondern auch auf die Arbeit in der Regierungskoalition mit CDU und CSU.
Der kritische Genosse selbst ist mit dieser Reaktion nicht besonders glücklich. Das tut er auf seinem Twitter-Account kund. Am meisten scheint ihn zu stören, dass Esken "so tut, als würde sie mich nicht kennen", wie er schreibt. Auch ihm scheint es also letztlich weniger um Inhalte und mehr um Profilierung zu gehen.
(om)