Zwei Namen, zwei Identitäten, eine Person. Er ist SPD-Fraktionär im Berliner Ortsverband und Journalist beim "Handelsblatt". Nun fliegt das berufliche Doppelleben des SPD-Genossen auf – dabei versuchte er, sich mit einem Fake-Bart zu tarnen.
Als "Matthias Brückmann" machte der Journalist Mathias Brüggmann Politik für die SPD. Er war von 2018 bis 2022 Co-Vorsitzender des Ortsverbands Kollwitzplatz, Winskiez, Kastanienallee. Bereits seit 1999 arbeitet er beim "Handelsblatt". Erst als Büroleiter in Moskau, später als internationaler Korrespondent. Das geht aus seiner öffentlich einsehbaren Vita auf dem sozialen Netzwerk Linkedin hervor.
Er hat demnach mehrere Fächer in Hamburg und Leningrad studiert: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Slawistik, Soziologie, Volkswirtschaft. In dieser Zeit habe er "schon das erste Treffen mit Putin" gehabt. Bevor er zum "Handelsblatt" kam, arbeitete er für den Axel-Springer-Auslandsdienst (SAD) in Moskau, Brüssel und Südamerika. Brisant: Für das Handelsblatt berichtete er laut "Tagesspiegel" ab und an auch über die SPD.
Seit Jahren ist es Brüggmann gelungen, jeweils beide beruflichen Wege zu verschleiern. Dem "Tagesspiegel" zufolge hielt er sich auf Fotos im Hintergrund, schickte E-Mails unter falschem Namen und versuchte, selbst auf Parteitagen, unerkannt zu bleiben. 2016 soll er als einer von nur zwei SPD-Delegierten gegen die Spitzenkandidatur von Michael Müller (SPD) votiert haben. Doch ein Auftritt wurde ihm und seinem Versteckspiel wohl zum Verhängnis: seine impulsive Rede vor Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).
Bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Pankow rechnete er mit seiner Landesvorsitzenden Giffey ab: Ein "Wählerschreck" sei sie im Wahlkampf gewesen. Nun habe sie sich der CDU an den Hals geworfen und führe die Partei in den sicheren Abstieg. Eine Ansage mit Folgen.
"Brückmann" rückte durch seine Rede in den Fokus der Medien. So berichtete etwa die "Abendschau" des RBB über seine Wutrede. Plötzlich stand er im Rampenlicht. Er, der SPD-Genosse Matthias Brückmann, den es so eigentlich gar nicht geben dürfte.
Laut "Tagesspiegel" entbrannte daraufhin eine hitzige Diskussion über Brüggmann in einer Whatsapp-Gruppe der SPD Pankow. Der Chat liege dem "Tagesspiegel" vor. Demnach nennt dort Alfonso Pantisano, Beisitzer im Kreisvorstand, den Auftritt ein "Armutszeugnis". Ihn ärgert vor allem ein Umstand: "Was ich ganz großartig finde – das Maul groß aufreißen und dann (wie früher) mit falschem Bart und heute mit falschen Namen einen auf Wutbürger machen und nicht mit offenem Visier arbeiten", schreibt Pantisano. War die Identität Brüggmanns (aka. Brückmann) ein offenes Geheimnis bei der SPD?
Die SPD selbst hat sich noch nicht zu dem Fall geäußert. Allerdings: Laut Mitteilung des "Handelsblatt" ist der Journalist als Redakteur Mathias Brüggmann nun "beurlaubt". Der Chefredaktion sei das politische Amt ihres Mitarbeiters nicht bekannt gewesen, heißt es. Man werde nun eine Kommission zusammenstellen, die Brüggmanns Texte untersucht. Es soll festgestellt werden, ob sie dem Anspruch an journalistische Unabhängigkeit gerecht werden. Brüggmann selbst hat sich zu den Vorwürfen zu seiner Person noch nicht geäußert.