Schleuser, Drogenhändler, Waffenschmuggler – organisierte Kriminalität ist längst ein europäisches Problem. Doch wie sehr kann man sich eigentlich auf die Behörden anderer Länder und Deutschlands verlassen? Es gibt einen guten Grund, bei den Schwesterbehörden in Osteuropa und auf dem Balkan skeptisch zu sein, heißt es aus Zollkreisen.
Einmal im Jahr veröffentlicht die EU den Korruptionsindex. Und da stechen bestimmte Länder regelmäßig negativ hervor, vor allem junge EU-Mitglieder wie Bulgarien und Ungarn.
Wie Jochen Kopelke, Chef der Gewerkschaft der Polizei, in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" erklärt, ist vor allem der Datenaustausch mit diesen Ländern besonders heikel. Auf europäischer Ebene können Staaten beim Austausch sensibler Fahndungsinformationen selbst festlegen, welche Länder sie lieber nicht informieren. Das werde vor allem für diese Länder genutzt – und zwar oft.
In Ungarn würden Daten laut Kopelke für politische Zwecke missbraucht, bulgarische Behördenvertreter gelten als zu eng verbunden mit der russischen Regierung.
Das sei ein Problem für die gesamte EU. "Europas Engagement für Rechtsstaat und Demokratisierung darf nicht nachlassen", macht Kopelke deutlich. Auch mit Blick auf die Ukraine – denn dort sind aktuell massenhaft Waffen im Umlauf.
Und die finden bereits ihren Weg nach Westen: In Schweden gab es schon Fälle, in denen Schusswaffen aus ukrainischen Beständen bei Banden auftauchten. "In Deutschland kenne ich noch keinen Fall, aber das wird kommen", ist Kopelke sicher.
Doch auch hierzulande gibt es Fälle von Polizeikorruption: Zwei Bundespolizisten sollen Drogenschmuggler am Frankfurter Flughafen durchgewunken haben. In Berlin raubten Beamte Geldkuriere aus dem Bandenmilieu aus. In Hannover nahmen Polizisten albanischen Dealern Kokain ab – und meldeten es nicht.
Aufgrund dieser Vorfälle fordert der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland unter anderem die Forcierung von Korruptionsprävention, Fortbildung und Sensibilisierung. Aber auch eine Wiedereinführung eines ganzheitlichen Korruptionsdezernates im LKA mit Zuständigkeit für Ermittlungen, Prävention, Analyse und Grundsatz, mit den früheren Personalstärken hält der BDK für sinnvoll.
Wie anfällig ist die deutsche Polizei also wirklich? "Die vielen deutschen Polizisten sind dafür eher nicht anfällig. Das liegt auch am Beamtentum, also einem sicheren Job und gutem Einkommen", sagt Kopelke dem "Tagesspiegel", ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Dennoch: Die Zahl der Korruptionsfälle steigt.
Besonders im Fokus stehen mittlere Dienstjahre – also Kolleg:innen, die Schulden für Haus und Kinder haben oder mit Krankheiten und Süchten kämpfen. "Meist sind es weder Berufsanfänger noch Kollegen am Ende ihrer Karriere, sondern solche, die Höhen und Tiefen mitgemacht haben und die Abläufe kennen", erläutert der GdP-Chef.
Und die Versuchungen sind groß: An deutschen Häfen sollen Banden Beamten schon mal 40.000 Euro in bar anbieten, wenn sie bestimmte Container umstellen oder durchwinken. "Da wird mancher schwach", weiß Kopelke.
Der BDK kritisiert dazu, dass "Korruptionsprävention in Justiz und Polizei keinen großen Stellenwert hat". Die Ermittlungskapazitäten im Korruptionsbereich im LKA seien deutlich reduziert worden, "die Vorgaben des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes nur mangelhaft umgesetzt" und auf politischer Ebene würden Transparenz und Aufklärung nicht ausreichend gelebt werden.