Wochenlang gab er den Mahner, meinte, es würde zu viel kosten und bremste mögliche Folgelösungen aus: Christian Lindner ist kein Fan des 9-Euro-Tickets. Den Wunsch von vielen, den öffentlichen Nahverkehr bundesweit für neun Euro pro Monat nutzen zu können, bezeichnete er als "Gratismentalität". Die Demonstrationen vor der FDP-Bundeszentrale schob der Bundesfinanzminister der "Antifa" zu.
Von den Koalitionspartnern SPD und Grüne kam schon einige Wochen nach Einführung des 9-Euro-Tickets die Forderung, ein Nachfolge-Modell anzubieten. Lindner hatte diese Erwartungen jedoch immer wieder gebremst, obwohl auch sein Parteifreund und Bundesverkehrsminister Volker Wissing sich offen für ein bundesweit gültiges Nahverkehrs-Ticket gezeigt hatte.
Nach der zweitägigen Regierungsklausur im brandenburgischen Schloss Meseberg zeigt sich Lindner nun offen für ein bundesweites Nahverkehrsticket: "Volker Wissing hat mich überzeugt", schreibt er auf Twitter.
Lindner lobt seinen Minister-Kollegen: Wissing könne für einen Bruchteil der Finanzmittel des auslaufenden 9-Euro-Tickets, "ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren." Bei einer Pressekonferenz nach der Klausurtagung wurde immer wieder die Frage gestellt, wie teuer das neue Ticketmodell ausfallen werde. Lindners Antwort: Erst wenn die Finanzierung geklärt sei, könne ein Preis für das neue Ticket genannt werden.
In der Frage der Finanzierung nimmt Verkehrsminister Wissing die Bundesländer in die Pflicht: "Man kann nicht vom Bund erwarten, dass er einfach Geld auf den Tisch legt, wenn die Länder selbst keine Vorschläge haben, wie das neue Ticket aussehen soll."
Die Jugendorganisation der Grünen zeigt sich von der Ansage des Ministers nicht überzeugt. Die Länder in die Pflicht zu nehmen, reiche nicht aus, sagt Bundessprecher Timon Dzienus gegenüber watson. "Wer behauptet, ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket sei nicht zu finanzieren, will es schlicht nicht fortsetzen. Allein durch die Streichung klimaschädlicher Subventionen wäre genug Geld da." Wissing und Lindner seien in der Pflicht zu liefern, statt Ausreden zu finden, sagt Dzienus.
Auch die eigene Partei macht Druck auf die beiden Minister Wissing und Lindner: "Das Ticket ist ein riesiger Erfolg. Es nicht zu verlängern, wäre eine verpasste Chance, Menschen zu entlasten, die Inflation zu dämpfen und den so nötigen Klimaschutz im Verkehr endlich voranzutreiben", sagt FDP-Fraktionschefin Katharina Dröge.
(nav, mit Material von dpa)