Juli-Chefin Franziska Brandmann kritisiert die Pläne am Hamburger Hafen.Bild: dpa / Marvin A. Ruder
Deutschland
In der Ampelkoalition rumort es. Schon wieder. Kaum hat Bundeskanzler Olaf Scholz sein Machtwort beim Thema Atomenergie gesprochen, zeichnet sich ein neuer Konflikt in der Bundesregierung ab.
Diesmal streiten nicht Grüne und FDP. Sondern die SPD gegen den Rest. Es geht um den geplanten Einstieg eines chinesischen Konzerns bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen.
Ein Terminal am Hamburger Hafen soll an einen chinesischen Konzern verkauft werden.Bild: dpa / Georg Wendt
Hintergrund des Streits ist eine 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited über eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort in der Hansestadt. Die Bundesregierung könnte den Einstieg untersagen. Aber Kanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt still.
Das regt viele Mitglieder der Regierungsparteien auf. Jetzt meldet sich auch die Jugendorganisation der FDP (Julis) zu Wort – und zwar mit einem vernichtenden Urteil.
Zu den Berichten, dass das Bundeskanzleramt offenbar den Verkauf von Anteilen des Hamburger Hafens an den chinesischen Staatskonzern Cosco durchsetzen will, äußert sich die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann.
Sie meint:
"Alle sechs an dieser Entscheidung beteiligten Bundesministerien – alle drei Ampelparteien sind beteiligt – lehnen diese Investition explizit ab und warnen davor, dass Deutschland sich sonst von China erpressbar machen könnte. Auch die EU-Kommission lehnt das Ansinnen der chinesischen Reederei Cosco ab, ein Drittel der Anteile der Hafenbetriebsgesellschaft zu übernehmen. Dass sich das Bundeskanzleramt nun aktiv einschaltet und ein Zustandekommen des Verkaufs trotzdem erzwingen will, ist unglaublich."
Ein Abschluss des Vertrags, heißt es von Brandmann weiter, bedeute den Verkauf kritischer deutscher Infrastruktur in chinesische Hände. Brandmann erinnert dabei noch daran, dass gerade der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst vor einer chinesische Einflussnahme in Deutschland gewarnt hatten.
An der deutschen Abhängigkeit von russischen Energiequellen sei zudem ersichtlich, "welche katastrophalen Auswirkungen es hat, wenn man sich von einer Diktatur abhängig macht", meint Brandmann weiter. Und: "Während die vollkommen verfehlte Russlandpolitik noch nicht hinreichend aufgearbeitet ist, will das SPD-geführte Kanzleramt nun anscheinend dafür sorgen, dass Teile unserer kritischen Infrastruktur in die Hände Chinas geraten. Das ist skurril!"
Die Volksrepublik China sei kein Partner, sondern ein "zentraler Systemrivale", findet die Juli-Vorsitzende. "Wer kritische Infrastruktur in die Hände eines Systemrivalen gibt, hat den Schuss nicht gehört!"
Strack-Zimmermann mit klarer Haltung gegen Kanzleramt
Die 28-Jährige macht auch Druck, denn man habe nicht mehr viel Zeit, den geplanten Deal noch platzen zu lassen. Brandmann sagt:
"Leider ist es so, dass das Geschäft automatisch zustande kommt, wenn es nicht in diesem Monat vom Bundeskabinett abgelehnt wird. Ich fordere deshalb Kanzleramtschef Schmidt und alle Regierungsmitglieder dringend dazu auf, diesem sicherheitspolitischen Wahnsinn Einhalt zu gebieten und den größten Hafen Deutschlands nicht in chinesische Hände zu geben."
Befürworter des Geschäfts wie der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) argumentieren, dass der Konzern keinen Zugriff auf die kritische Infrastruktur bekommt und der Grundbesitz in öffentlicher Hand bleibt.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht im geplanten Verkauf eines Hafenterminals einen Fehler.Bild: www.imago-images.de
Kritik kommt weiterhin – auch von der FDP. Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Was muss in der Welt eigentlich noch passieren, damit Deutschland in der Realität ankommt und nicht Männchen macht vor den Feinden der freien demokratischen Welt? Ein Verkauf von kritischer Infrastruktur an China ist ein krasser Fehler und gehört unterbunden." Sie sei froh, dass die beteiligten Bundesministerien gegen das Kanzleramt standhaft blieben.
(Mit Material der dpa)
Robert Habeck ist wohl eine der einprägsamsten Figuren der Politiklandschaft Deutschlands. Seit Dezember 2021 ist er Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler der Bundesrepublik. Als Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat er sich einen Namen als pragmatischer und kommunikationsstarker Politiker gemacht.