Es ist ein Vorschlag, der auf Gegenwehr stößt. Neu ist er aber nicht. In einem Bundestagsantrag schlägt die CDU/CSU eine Gebühr für die Notaufnahme vor. 20 Euro sollen Patient:innen unter bestimmten Bedingungen demnach dafür hinblättern. Das gilt dem Antrag zufolge für alle Personen, die nicht mit dem Rettungsdienst eingeliefert werden oder die keine ärztliche Einweisung haben.
Treffen beide Varianten nicht zu, müssen Patient:innen erstmal verpflichtend den Notruf 112 oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116117 anrufen. Nach einer Ersteinschätzung am Telefon gibt es dann einen Termin – oder eben nicht. Wer ohne Termin in der Notaufnahme erscheint, wird zur Kasse gebeten. So jedenfalls der Plan der CDU.
Die Idee hinter dem Vorschlag? Der Überlastung in den Notaufnahmen etwas entgegenzuwirken. Rettungsdienste und Notfallambulanzen könnten dadurch nicht nur spürbar entlastet werden. Insbesondere die Qualität und Intensität der Behandlung von echten Notfällen werde deutlich gesteigert. Das glauben zumindest die Union und der Kassenärzte-Chef.
Doch der Vorschlag stößt auf Gegenwind.
Bereits Mitte April hatte der Kassenärzte-Chef Andreas Gassen einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Als "unsozial" würde er im Gegensatz zu Kritiker:innen die Gebühr nicht bezeichnen. Ganz im Gegenteil. Er finde es unsozial, wenn Menschen ohne echte Dringlichkeit in die Notaufnahme kämen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach schmetterte die Idee ab.
Nun kommt die CDU damit wieder um die Ecke.
"Wir wollen in Deutschland ein ähnliches Modell wie in Dänemark einführen, um dafür zu sorgen, dass in den Notaufnahmen echte Notfälle schnell behandelt werden und diese nicht weiter von Patienten mit Lappalien verstopft werden", sagte der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger dem RND.
Offenbar hält sich die Begeisterung über den Vorschlag in Grenzen. Patientenschützer Eugen Brysch bezeichnete den Vorstoß etwa als "reine Polemik", FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann hält ihn für "populistisch und naiv". Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Die Forderung der Union nach einem Notaufnahme-Eintrittsgeld ist herz- und hilflos."
Er bestrafe die Falschen, so der vorherrschende Tenor in den sozialen Netzwerken. Die Stellschrauben im Gesundheitswesen liegen demnach woanders. Zudem könne ein solches Vorgehen ernste Konsequenzen nach sich ziehen und sogar gefährlich sein.
So bezeichnet die Politikerin Paula Pichotta den Vorschlag gar als "dumm". Sie ist Fachärztin für Radiologie und sitzt im Deutschen Bundestag. Ihre Meinung zu dem Thema ist klar: "Liebe Union, liebe KBV, wir hatten sowas schon mal, es hieß Praxisgebühr und hat nicht ansatzweise die erwünschten Effekte erreicht. Fehler einmal machen: Ok. Fehler wiederholen, obwohl man's besser weiß: dumm."
Andere glauben, dass eine solche Gebühr negative Folgen mit sich ziehen würde. Sie befürchten eine Benachteiligung von finanziell schwächeren Menschen. "Die Konsequenz wäre, dass halt auch Menschen, vor allem ärmere, nicht in die Notaufnahme gehen, obwohl sie es sollten. Gesundheitliche Schäden werden da in Kauf genommen, wenn nicht sogar der Tod. Die CDU macht es sich hier zu einfach", findet etwa eine Person, die seine Meinung in einem Tweet kundtut.
Andere sind überzeugt davon, dass ein solcher Ablauf sogar Menschenleben kosten könnte. Ihrer Meinung nach gehe im Notfall durch die vorherigen Anrufe und Ersteinschätzungen wertvolle Zeit verloren. Auch Fehleinschätzungen seien wahrscheinlicher.
Eine Person, die offenbar in einer Notaufnahme arbeitet, schreibt dazu: "Ich möchte ja nicht spoilern, aber das geht sowas von in die Hose und das wird einige Menschenleben kosten. (...) Gruß aus der Notaufnahme."