Im baden-württembergischen Hesselbronn sichern Polizisten eine Durchsuchung in Räumen der "Artgemeinschaft". Bild: dpa / Jan-Philipp Strobel
Deutschland
Erneut haben Einsatzkräfte der Polizei einen koordinierten Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus in Deutschland gelandet. Nachdem Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in der vergangenen Woche die elitäre Neonazi-Gruppierung "Hammerskins Deutschland" verboten hatte, sind die Behörden nun gegen die völkische Sekte "Die Artgemeinschaft" vorgegangen.
Faeser beschreibt die inzwischen verbotene Gruppe als "sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung". Sicherheitsbehörden schreiben ihr 150 Mitglieder zu. Am Mittwochmorgen wurden nun 26 Wohnungen von 39 Mitgliedern sowie Räume des Vereins "Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" in zwölf Bundesländern durchsucht.
Was ist über die völkische Sekte bekannt und was macht "Die Artgemeinschaft" so gefährlich?
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In einer Publikation des Verfassungsschutzes von 2020 wurde die Gemeinschaft als "die derzeit größte deutsche neonazistische Vereinigung mit völkischer, rassistischer, antisemitischer sowie antichristlicher Ausprägung" bezeichnet. Ihre Mitglieder werden angehalten, möglichst viele Kinder zu bekommen.
"Die Artgemeinschaft": Sekte will "deutsche Rasse" erhalten
Die Vereinigung richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung, teilte das Innenministerium mit. So begründete die Behörde auch die Razzien, die seit mehr als einem Jahr vorbereitet wurden und sich auf Erkenntnisse des Verfassungsschutzes stützen.
Die laut Faeser "sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung" musste gestoppt werden, weil sie das Kindeswohl gefährdet habe. "Diese rechtsextremistische Gruppierung hat versucht, durch eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen", sagte die Ministerin.
Innenministerin Nancy Faeser hat sich die Bekämpfung des organisierten Rechtsextremismus auf die Fahnen geschrieben.Bild: IMAGO images / Hanno Bode
Das Verbot umfasst auch alle Teilorganisationen der 150 Mitglieder starken Bewegung. Dazu gehörten sogenannte "Gefährtschaften", "Gilden", "Freundeskreise" und ein Verein namens "Familienwerk". Durchsucht wurde den Angaben zufolge in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Mit Blick auf die in der vergangenen Woche zerschlagene Neonazi-Gruppe "Hammerskins Deutschland" erklärte Faeser: "Die Artgemeinschaft" sei vor allem durch die "manipulativ indoktrinierende Erziehung ihrer Kinder" und den Vertrieb entsprechender Schriften nicht weniger gefährlich als die "Hammerskins".
Die Polizei hat gegen "Die Artgemeinschaft" bundesweit 26 Razzien durchgeführt.Bild: dpa / Jan-Philipp Strobel
"Die Artgemeinschaft": Verbindungen zu bekannten Rechtsextremisten
Die Siedlerbewegung verbreite unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ein gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild. Zentrales Ziel sei die Erhaltung und Förderung der eigenen "Art", was mit dem nationalsozialistischen Begriff der "Rasse" gleichzusetzen sein. Es lohne sich, Verbindungen der "Artgemeinschaft" zur rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrunds" herauszuarbeiten, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic.
Zudem soll der Rechtsextremist Stephan Ernst, der 2019 den Kasseler Regierungspräsidenten, Walter Lübcke, erschossen hatte, der nun verbotenen Vereinigung zeitweilig angehört haben. Die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan sprach von einem wichtigen Schlag gegen die organisierte rechte Szene. Es brauche aber mehr als Vereinsverbote, betonte Khan. Sie sagte: "Wir müssen endlich die Finanzstrukturen der Rechtsextremisten trockenlegen, ihre Entwaffnung voranbringen und eine konsequente Gesamtstrategie gegen Rechts auflegen."
Der Verfassungsschutz führt Siedlungsbestrebungen von Rechtsextremisten in seinem aktuellen Jahresbericht gesondert auf. In dem Bericht heißt es, Ziel dieser Bewegungen sei zumeist der "Erhalt der Deutschen". "Deutschsein" werde hierbei vor allem unter Rückgriff auf den ethnischen Volksbegriff im Sinne der völkischen "Blut-und-Boden"-Ideologie definiert.
(nik / mit Material von dpa und AFP)
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