Lehrermangel, ungleiche Bildungschancen, umständliche Bürokratie: Die Probleme im deutschen Bildungswesen sind tiefgreifend. Nicht umsonst kommen Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft am Dienstag in Berlin zu einem "Bildungsgipfel" zusammen. Eigentlich sollen dabei die grundsätzlichen Probleme in der Bildungspolitik angegangen werden. Doch daran gibt es bereits vor dem Start massive Kritik.
Die Lage an deutschen Schulen und Kitas wird größtenteils als kritisch beschrieben. Die Schulabbrecherquoten werden höher, es gibt Leistungsabfälle bei Grundschüler:innen und auch das Dauerthema Lehrkräftemangel bereitet weiter Probleme. Es geht mehr Lehrpersonal in den Ruhestand als es Nachwuchs gibt. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Schüler:innen, nicht zuletzt wegen der geflüchteten Familien aus dem Ukraine-Krieg.
Die Digitalisierung schreitet nur langsam voran. Und: Eine der größten Baustellen ist außerdem die wegen des Föderalismus schlechte Kommunikation zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Damit ist die Liste an Problemen immer noch nicht vollständig.
Laut Koalitionsvertrag soll es beim Gipfel um "eine neue Kultur in der Bildungszusammenarbeit" und engere Kooperation zwischen den einzelnen Instanzen gehen. Die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die für die Regierung an dem Treffen in Berlin teilnimmt, sagte vor dem Gipfel der "Bild am Sonntag": "Wir müssen uns jetzt zusammenraufen, schließlich geht es um unsere Kinder und ihre Chancen." Sie spricht von einer "tiefen Krise" im Bildungssystem.
Doch es hagelt kritische Stimmen. So haben mehrere Länder vor dem Gipfel eine fehlende vorherige Abstimmung über die Themen kritisiert. Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) zeigt etwa ihre geringe Erwartungshaltung von dem Treffen und kritisiert: "Ich freue mich auf hoffentlich konstruktive Gespräche, aber ich gehe ohne allzu große Erwartungen dorthin, zumal auch keine konkreten Ziele vorher mit der KMK und den Bundesländern besprochen wurden."
Einer der Hauptkritikpunkte ist zudem das Fehlen wichtiger Vertreter:innen bei der Konferenz mit eigentlich relevanten Themen. So werden die Kultusminister:innen der SPD-geführten Bundesländer von Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) vertreten. Die unionsgeführten Länder schicken nur einen Staatssekretär. Und der wird laut Programm auf dem Podium nicht einmal mitdiskutieren.
Dies sei bedauerlich, sagte ein Sprecher des Bundesbildungsministeriums der dpa:
Nicht nur die Schulministerien, auch der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt der Konferenz fern. Deutliche Kritik an allen Akteur:innen kam deshalb auch vom Chef des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Das Kompetenzgezerre im Vorfeld erinnere mehr an einen Kindergarten als an eine ernsthafte inhaltliche Diskussion:
Da hält Stark-Watzinger (FDP) zum Auftakt des Bildungsgipfels dagegen: "Bei allem Respekt vor der Leistung eines Kanzlers und unserer Ministerpräsidenten: Die Arbeit, die müssen wir machen", sagte sie am Dienstag in Berlin.
Vonseiten der Unionsländer hagelt es ebenfalls Kritik. So sprach etwa Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) von einer "Showveranstaltung". Sie sei völlig ungeeignet, um besagte Probleme anzugehen. Zudem wird der Vorwurf am Bildungsministerium laut, den Gipfel nicht professionell vorbereitet zu haben.
Denn: Normalerweise werden vor Gipfeln wie diesen bereits Papiere abgestimmt. Grund dafür ist, dass dadurch beim eigentlichen Termin nur noch zu Ende verhandelt werden muss. So kann anschließend bereits ein Ergebnis verkündet werden.
Vonseiten der Ministerin Stark-Watzinger heißt es, man habe sich in diesem Fall bewusst dagegen entschieden. Man wolle mit dem Gipfel einen Prozess anstoßen. Hauptaufgabe: eine Arbeitsgruppe von Bund, Ländern, Kommunen und Expert:innen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen eben jenen.
(Mit Material von dpa/AFP)