Moderne Technologien machen es möglich, heute einen Menschen auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Sei es durch Gesichtserkennung oder Vorratsdatenspeicherung. Das US-Unternehmen Palantir hat sich den Überwachungsstaat zum Produkt gemacht.
Es will Sicherheit bieten, andere sehen darin einen Angriff auf die Freiheit. Vor allem wird die Kritik immer lauter gegen einen möglichen Einsatz der Spitzel-Software in Deutschland.
Was hinter Palantir steckt und warum es gerade jetzt wieder eine Rolle spielt, während Union und SPD eine neue Regierung auf die Beine stellen wollen, fasst watson für euch zusammen.
Das US-Unternehmen Palantir ermöglicht es Ländern, seine Bürger:innen umfassend zu überwachen und Verbrechen aufzuklären. Es hat damit die größte Datenanalyse-Software der Welt geschaffen.
Die Firma hat ihren Sitz in Denver, im US-Bundesstaat Colorado. Die Gesichter von Palantir sind Alex Karp und Peter Thiel. Laut Medienberichten gilt das Unternehmen im Ganzen als verschwiegen und mysteriös.
Thiel mischt derzeit auch die US-Politik unter Donald Trump kräftig auf. Der Großaktionär und Verwaltungsratsvorsitzende von Palantir ist ein langjähriger Unterstützer und finanzieller Förderer von Trump sowie seinem Vize JD Vance.
Dem Programm Palantir gelingt es, Zusammenhänge zwischen Informationen über mehrere Datenbanken hinweg herzustellen. Solch ein Vorgang würde menschlichen Ermittler:innen bei der Aufklärung von Kriminalfällen nicht so einfach gelingen; vor allem nicht so schnell.
Gerade in der Terrorbekämpfung sei die Software wichtig, betonen Befürworter:innen. Denn Palantir könne Personen finden, die sich auffällig verhalten haben und zu einem Verbrechen passen.
Die Bundesländer Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen nutzen Palantir bereits. Seit Sommer 2024 benutzt die bayerische Polizei die umstrittene Software des US-Anbieters Palantir in einer etwas angepassten Version unter dem Namen VeRA ("verfahrensübergreifende Recherche und Analyse"). Um das rechtlich zu ermöglichen, änderte Bayern sein Polizeiaufgabengesetz.
Das Staatsministerium des Innern lobt laut BR24, dass bei Ermittlungen große Datenmengen aus verschiedensten Quellen zeitnah und verlässlich ausgewertet werden können. Dadurch erhalte man wichtige Erkenntnisse in hoher Geschwindigkeit, heißt es.
Auch der hessische Innenminister Roman Poseck ist wohl von dem Einsatz der Palantir-Software begeistert und soll sie an die Bundesebene weiterempfohlen haben.
Die neue Bundesregierung will der Polizei die automatisierte Datenrecherche erleichtern. So steht es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Die dafür notwendige Einigung zwischen Bund und Ländern auf eine einheitliche Software ist aber nicht in Sicht.
Bayern galt als Vorreiter mit der Version VeRA. Mittlerweile läuft die bayerische Palantir-Variante im Regelbetrieb. Dennoch wollte das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser bei VeRA nicht mitziehen. Der Wunsch: Es sollte eine eigene Software-Lösung her. Doch diese ist bis heute nicht in Sicht.
Laut Taz sei die Nutzung der Palantir-Software auf Bundesebene durchaus realistisch – zumal die CSU das Innenministerium bekommen soll. Und die Christsozialen sind ja bereits große Fans des Überwachungssystems.
Zudem befürwortet der Bundesrat jüngst, den Einsatz der Software aus dem Hause des bekennenden Trump-Anhängers und Tech-Oligarchen Peter Thiel auch bundesweit zu ermöglichen. In einem Entschließungsantrag fordert der Bundesrat eine "kurzfristige zentrale Bereitstellung einer gemeinsam betriebenen Datenanalyseplattform, wie sie bei einigen Landespolizeien im Einsatz ist".
Palantir wird im Koalitionsvertrag nicht direkt genannt, laut BR24 deutet der Antrag aber klar darauf hin. Die neue Bundesregierung könnte sich also dem Bundesratsvorhaben anschließen.
Kritiker:innen bezeichnen das Unternehmen als "Datenkrake". Besonders bei den Grünen löst das US-Unternehmen Bauchschmerzen aus. "Palantir ist seit Jahren aus vielerlei Gründen hochumstritten", warnt Grünen-Sicherheitspolitiker Konstantin von Notz im Gespräch mit der "Taz".
Laut ihm ist der Einsatz mit erheblichen europa- und verfassungsrechtlichen Risiken behaftet. Palantir-Software sei auf Landesebene wiederholt erfolgreich beklagt worden. Von Notz sagt weiter:
Er könne die Verantwortlichen der neuen Regierung daher nur warnen, Palantir auf Bundesebene doch noch Tür und Tor zu öffnen, heißt es.
Auch die Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union (HU) äußert sich besorgt über die innenpolitischen Pläne der künftigen Koalition aus CDU/CSU und SPD. "Es wäre eine Katastrophe für Demokratie und Freiheitsrechte, wenn die US-Regierung Zugriff auf sensible Daten der Bundesbürgerinnen und -bürger bekäme“, erklärt der stellvertretende HU-Landessprecher Franz-Josef Hanke in einer Pressemitteilung.
Seine größte Sorge sei Palantir-Mitgründer Peter Thiel. Er sei die "braune Eminenz hinter Elon Musk und Mark Zuckerberg“, meint Hanke. "Mit seinen Investitionen hat er beiden beim Aufbau ihrer Firmenimperien geholfen. US-Vizepräsident J. D. Vance ist Ziehsohn des erklärten Demokratiegegners."
Thiels Unternehmensziel mit Palantir sei nicht weniger als die Weltherrschaft, warnt Hanke.
Die US-Software kommt auch bei anderen Bundesländern nicht gut an. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern setzen sich laut "Tagesschau" für eine Lösung aus Europa ein, die "eine Nutzung von Produkten des marktführenden, US-amerikanischen Anbieters Palantir ausschließt".
Auch Bremen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen schließen sich dieser Haltung an. Die Bundesländer wollen ihre Polizeibehörden nicht mit Palantir-Software ausrüsten, heißt es.
"Trotz technischer Leistungsfähigkeit bestehen aus unserer Sicht Bedenken hinsichtlich langfristiger Abhängigkeiten von einem US-Anbieter und der Vereinbarkeit mit europäischen Datenschutz- und Sicherheitsstandards", so das saarländische Innenministerium laut Tagesschau.