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Koalitionsbildung zwischen CDU, SPD, CSU: Alle Infos im Überblick

ARCHIV - 28.03.2025, Berlin: Markus Söder (CSU, l-r), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, Lars Klingbeil, SPD-Fraktion ...
Söder, Merz, Klingbeil und Esken (vlnr) bei der Vorstellung der Ergebnisse.Bild: dpa / Christoph Soeder
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Koalition zwischen CDU, CSU und SPD: Das ist geplant

Die Verteilung der Ministerien, die wichtigsten Inhalten des Koalitionsvertrags, der weitere Weg bis Friedrich Merz der neue Kanzler wird: Hier findest du alle Infos.
09.04.2025, 19:0609.04.2025, 19:06
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An einem Tag, an dem die neue Koalition ihre Pläne für die kommenden vier Jahre vorstellt, geht die ein oder andere Information schnell mal unter: Deswegen gibt es hier das vorerst Wichtigste zur Koalition der CDU, SPD und CSU im Überblick.

Ministerien: Verteilung zwischen CDU, SPD, CSU

Die neue Koalition läutet ihre Zukunftspläne neben den inhaltlichen Schwerpunkten auch mit einem neuen Modell der Fachministerien ein. So soll es ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung und ein Ministerium für Forschung und Raumfahrt geben. Der Klimabereich wandert aus dem Wirtschaftsministerium zum Umweltministerium.

Die CDU wird folgende sechs Fachministerien leiten:

  • Auswärtiges Amt (übrigens das erste Mal seit knapp 60 Jahren, dass eine Partei Kanzler:in und Außenminister:in gleichzeitig stellt)
  • Ministerium für Wirtschaft und Energie
  • Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
  • Gesundheitsministerium
  • Ministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Sport
  • Verkehrsministerium

Die kleinste Partei an der Regierung, die bayrische CSU, erhält die folgenden drei Ressorts:

  • Innenministerium
  • Ministerium für Forschung und Raumfahrt
  • Landwirtschaftsministerium

Die SPD wird sieben Minister:innen stellen:

  • Finanzministerium
  • Verteidigungsministerium
  • Ministerium für Arbeit und Soziales
  • Umwelt- und Klimaministerium
  • Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
  • Entwicklungsministerium
  • Bauministerium

Koalition plant Rentenreform

Die Schwarz-Rote Koalition hat im Koalitionsvertrag einige Pläne zu einer Rentenreform vorgestellt.

Das Rentenniveau in Deutschland soll bis 2031 stabil bei 48 Prozent bleiben – ein Kernanliegen der SPD. Die dadurch entstehenden Mehrkosten sollen aus Steuermitteln gedeckt werden.

Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren bleibt weiterhin möglich. Statt einer Anhebung des gesetzlichen Rentenalters setzt die Koalition auf mehr Flexibilität beim Übergang in den Ruhestand. Mit der Einführung einer "Aktivrente" soll Arbeiten im Alter attraktiver werden – wer über das Rentenalter hinaus freiwillig weiterarbeitet, kann bis zu 2000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen.

Auch die Mütterrente wird ausgebaut: Alle Mütter erhalten künftig drei Rentenpunkte, unabhängig vom Geburtsjahr ihrer Kinder.

Verteidigungsfähigkeit soll gestärkt werden

Die Parteien haben sich auf eine umfassende sicherheitspolitische Neuausrichtung verständigt. Ein zentrales Vorhaben ist die deutliche und stringente Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die bis zum Ende der Legislaturperiode erfolgen soll. Konkrete Zahlen werden im Vertrag jedoch nicht genannt. Vorgesehen ist ein mehrjähriger Investitionsplan, um die Verteidigungsfähigkeit langfristig zu stärken.

Ergänzend dazu plant die Koalition die Einführung eines neuen Wehrdienstes nach schwedischem Vorbild, der zunächst freiwillig sein soll. Noch im selben Jahr sollen Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.

Darüber hinaus soll ein Nationaler Sicherheitsrat etabliert werden. Dieser soll etwa die Koordination einer integrierten Sicherheitspolitik übernehmen und Lagebewertungen vornehmen.

Klimaneutralität und Klima-Maßnahmen

Union und SPD wollen eine umfassende Klimaanpassungsstrategie umsetzen. Bestehende Förderprogramme werden gezielt angepasst, um den Hochwasser- und Küstenschutz zu beschleunigen und Vorsorgemaßnahmen gegen Extremwetter (Starkregen, Dürre) finanziell zu stärken.

Die Deutsche Bahn soll grundlegend reformiert werden; Investitionen in Straßen und Schienen sollen vorangetrieben werden. Die Grünen hatten zuletzt 100 Milliarden Euro in die Schuldenreform der neuen Koalition verhandelt, diese fließen nun in den Klima- und Transformationsfonds. Zudem soll die Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz verankert werden.

Die neue Koalition will das bestehende Heizungsgesetz abschaffen. Laut Koalitionsvertrag soll ein neues, technologieoffenes und flexibles Gebäudeenergiegesetz eingeführt werden, bei dem CO2-Vermeidung als zentraler Steuerungsfaktor gilt. Auch das deutsche Lieferkettengesetz soll weichen.

Union und SPD planen keine Prüfung der Rückkehr zur Atomkraft. Stattdessen soll die Forschung an neuartigen Klimatechnologien, insbesondere die Fusionsforschung, ausgebaut werden.

Kurswechsel in der Migrationspolitik

Im Koalitionsvertrag ist eine deutlich restriktivere Linie in der Migrationspolitik festgelegt. Geplant ist eine "Rückführungsoffensive", mit der Abschiebungen konsequenter umgesetzt werden sollen. Freiwillige Aufnahmeprogramme des Bundes sollen weitestgehend eingestellt werden.

Ein zentrales Element ist die bundesweite Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber:innen, begleitet von Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch.

Die von der Ampel eingeführte Turbo-Einbürgerung nach nur drei Jahren Aufenthalt wird abgeschafft. Auch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts soll in Teilen zurückgenommen werden.

Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird deutlich eingeschränkt: Für zwei Jahre soll er grundsätzlich entfallen und danach nur noch in Härtefällen möglich sein – das bisherige Kontingent von 1000 Personen monatlich fällt weg.

Bürgergeld soll abgeschafft werden

Das Bürgergeld soll abgeschafft und durch eine "neue Grundsicherung für Arbeitssuchende" ersetzt werden. Gleichzeitig wird es eine Verschärfung inklusive Sanktionsmechanismus geben: Künftig sollen sich Erwerbslose aktiv um Arbeit bemühen. Zusätzlich sollen Vermittlungshürden abgebaut und Mitwirkungspflichten verschärft werden.

Auch für Geflüchtete aus der Ukraine sind Änderungen geplant: Wer ab dem 1. April 2025 nach Deutschland kommt, soll nicht mehr automatisch Bürgergeld, sondern – bei nachgewiesener Bedürftigkeit – Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, wobei es sich um geringere Summen handelt.

Steuersenkungen sollen entlasten

Die Parteien planen umfassende Steuer- und Entlastungsmaßnahmen. Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen soll in etwa zwei Jahren reduziert werden – Details bleiben offen. Überstundenzuschläge werden künftig steuerfrei, und ab 2026 gilt die Pendlerpauschale bereits ab 38 Cent pro Kilometer.

In der Gastronomie sinkt ab 2026 der Mehrwertsteuersatz auf sieben Prozent, während in der Landwirtschaft die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder eingeführt wird.

Wochen-Arbeitszeit ersetzt acht-Stunden-Tag

Union und SPD wollen den traditionellen Acht-Stunden-Tag abschaffen und einen wöchentlichen Arbeitszeitrahmen einführen. In Abstimmung mit Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften sollen zudem unbürokratische Regelungen zur elektronischen Zeiterfassung geschaffen werden.

Außerdem steht im Papier: "Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar", verklausuliert formuliert heißt das übersetzt: Man möchte den Mindestlohn in 2026 auf 15 Euro erhöhen, ist sich über die Finanzierung aber noch nicht einig.

Sparen, sparen und noch mehr sparen

Der Koalitionsvertrag steht unter dem Vorbehalt ausreichender Finanzmittel. SPD-Chef Lars Klingbeil warnt vor überzogenen Erwartungen: Viele Vorhaben seien bewusst mit "wir wollen" statt "wir werden" formuliert.

Um die großen Vorhaben finanzieren zu können, sind umfassende Einsparmaßnahmen geplant. Eine Milliarde Euro soll bei Förderprogrammen gekürzt, freiwillige Beiträge an internationale Organisationen reduziert und die Ausgaben für externe Berater:innen gesenkt werden.

In der Bundesverwaltung sollen außerdem in vier Jahren acht Prozent der Stellen gestrichen werden – ausgenommen sind Sicherheitsbehörden. Die Zahl der Bundesbeauftragten wird halbiert, Verwaltungsausgaben bis 2029 um zehn Prozent reduziert. Einsparungen in Grundsicherung und Entwicklungszusammenarbeit werden wohl kommen.

Bafög, Cannabis, E-Autos und Corona-Analyse

Für Herbst 2025 ist eine ergebnisoffene Überprüfung der Cannabis-Legalisierung geplant; eine Rücknahme ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen.

Die neue Koalition will die Nachfrage nach Elektroautos deutlich steigern. Umsetzen möchte sie das unter anderem mit Kaufanreizen zur Unterstützung der E-Mobilität.

Der Bundestag soll die Corona-Krise in einer Enquete-Kommission umfassend analysieren. Abgeordnete, Wissenschaftler:innen und Expert:innen werden gemeinsam die staatlichen Maßnahmen aufarbeiten, um Lehren für künftige Pandemien zu ziehen.

Die Koalition will das Elterngeld erhöhen – sowohl beim Mindest- als auch beim Höchstsatz. Außerdem soll es künftig einen gesetzlichen Mutterschutzanspruch für selbstständige Mütter geben.

Auch eine Erhöhung des Bafög ist geplant: Die Wohnpauschale soll bis Wintersemester 2026/27 von 380 auf 440 Euro steigen. Der Grundbedarf soll bis 2028 schrittweise auf Niveau der Grundsicherung angepasst werden.

Da die Lese-, Schreib- und Rechenleistungen von Grundschüler:innen sinken, plant die Koalition bundesweit verpflichtende Sprach- und Entwicklungstests für Vierjährige.

Neue Koalition: So geht es weiter für CDU, CSU, SPD

Der Koalitionsvertrag muss noch von den Parteien intern bestätigt werden.

Die SPD plant eine digitale Mitgliederbefragung, die etwa zehn Tage dauern soll. Die CDU will am 28. April auf einer Sitzung des Bundesausschusses darüber entscheiden. Bei der CSU stimmen Vorstand, Landesgruppe und Landtagsfraktion per Schalte ab.

Die Kanzlerwahl ist ab dem 5. Mai geplant, dabei ist eine absolute Mehrheit nötig. Nach der Wahl werden Kanzler und Kabinett ernannt, im Bundestag vereidigt und die konstituierende Kabinettssitzung findet statt.

(mit Material von dpa und afp)

Bafög, Wehrdienst, Rente: Was der neue Koalitionsvertrag verspricht

Ein großer Schritt in Richtung der neuen Regierung steht: Sechseinhalb Wochen nach der Bundestagswahl haben sich Union und SPD am Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Die Parteichefs Friedrich Merz, Markus Söder sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken stellten die Ergebnisse am Nachmittag vor.

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