Es war ein Krimi: In den ersten beiden Wahlgängen scheiterte CDU-Politiker Kai Wegner. Obwohl seine Große Koalition eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus hat, bekam er bei der Wahl zum neuen Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt nicht genug Stimmen zusammen.
In Runde drei hat es dann aber doch geklappt. Hier liegen die Hürden niedriger, eine einfache Mehrheit reicht aus. Mit 86 Stimmen wurde der 50-Jährige schließlich gewählt. Die Freude darüber hielt aber nicht lange an. Denn kaum war das Ergebnis bekannt, folgte Kritik von allen Seiten.
Der Grund: In der Abstimmungsrunde erklärte die AfD ihre Unterstützung für Wegner. Ob – und wenn ja, wie viele – AfD-Abgeordnete letztlich für den CDU-Mann stimmten, lässt sich angesichts der geheimen Wahl nicht mit Sicherheit sagen. Für viele stellt aber allein die Möglichkeit, dass Wegners Mehrheit auf Stimmen der AfD beruht, einen Dammbruch dar.
Der Grünen-Politiker Erik Marquardt nennt die Wahl Wegners auf Twitter ein "politisches Erdbeben". Er schreibt:
Marquardt halte es zwar für ausgeschlossen, dass alle AfD-Abgeordneten für den CDU-Kandidaten gestimmt haben. Ob und wie viele Politiker:innen der rechtsaußen Partei für Wegner gestimmt hätten, sei aber völlig unklar. "Eine Vertagung hätte der GroKo die Möglichkeit geboten, einen sauberen Start hinzulegen, sie hat sich aber für einen Scherbenhaufen entschieden", fasst der Grüne zusammen.
Ähnlich ordnet seine Parteifreundin Renate Künast die Lage ein. "Wegner hängt nun der Makel AfD an", schreibt sie und zeigt sich schockiert.
Der Linkenpolitiker Carsten Schatz nennt den Wahltag einen "Tag der Schande" für Berlin. Und auch die Chefin der Berliner Jusos, Sinem Taşan-Funke, zeigt sich sichtlich unzufrieden. Auf Twitter schreibt sie:
Auch am Tag nach dem Wahl-Debakel beharren die Berliner Jusos darauf: Nach dem zweiten Wahlgang hätte erst einmal Schluss sein müssen. "Der jetzige Ausgang hat Berlin beschädigt und ist unserer Stadt nicht würdig", erklärt die SPD-Jugendorganisation. Und führt weiter aus:
Wegner selbst sagte am Abend seiner Wahl, er lasse sich nicht beirren. "Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will", sagte der neue Regierungschef in einem RBB-Spezial. Und weiter:
Mit "AfD-Jägerin" dürfte Wegner sich auf die neue Justizsenatorin Felor Badenberg beziehen, die zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete und sich auch um die Einstufung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall kümmerte.
Die AfD selbst hat eine Pressemitteilung zu ihrer Wahlentscheidung herausgegeben. Die Entscheidung, Wegner zu unterstützen, sei nicht leichtgefallen, die Fraktion stelle sich aber der "gesamtstädtischen" Verantwortung, steht darin. Und weiter:
(Mit Material der dpa)