Deutschland
10.09.2018, 06:1810.09.2018, 07:36
Hans-Georg Maaßen muss sich an diesen Tagen einiges anhören. Nach seinen Aussagen zur Dimension der fremdenfeindlichen
Ausschreitungen in Chemnitz hagelte es nicht nur Kritik aus der Öffentlichkeit, auch die Bundesregierung will jetzt von Maaßen wissen, was der Chef der Verfassungsschutzes da jetzt eigentlich genau gemeint hat.
Denn in den Augen von Maaßen waren die Verfolgungs-Videos ein Fake:
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet vom Chef des
Inlandsgeheimdienstes in dieser Sache nach eigenen Worten bis zu
diesem Montag einen Bericht – und zugleich eine Begründung, auf
welche Indizien Maaßen seine am Freitag via "Bild"-Zeitung publik
gemachten Thesen stütze.
Das ist die These von Maaßen:
- Maaßen hatte unter anderem gesagt, es lägen seinem Amt
keine belastbaren Informationen darüber vor, dass Hetzjagden auf
Ausländer stattgefunden hätten.
- Es lägen auch keine Belege dafür vor,
dass ein im Internet kursierendes Video zu einer angeblichen Hetzjagd
authentisch sei.
- Er sprach sogar von möglicherweise gezielten
Falschinformationen.
Damit widersprach Maaßen Bundeskanzlerin Angela
Merkel und deren Regierungssprecher Steffen Seibert, die zuvor
beide von "Hetzjagden" in Chemnitz gesprochen hatten.
Die öffentliche Kritik hagelte geradezu nieder:
Forderungen nach einer Entlassung Maaßens werden seitdem immer lauter.
Grünen-Chef Robert Habeck sagte am Montag:
"Maaßen ist nicht mehr haltbar und muss gehen, um weiteren Schaden
von den Institutionen abzuwenden, die eigentlich unsere Verfassung
schützen sollen."
"Rheinischen Post"
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert
zugleich den Rücktritt Seehofers, der sich schnell vor Maaßen
gestellt und ihm auch am Sonntagabend im ARD-"Bericht aus Berlin"
nochmals sein "uneingeschränktes Vertrauen" ausgesprochen hatte. Ein
Innenminister, der rechts zündele, sei ebenso wenig tragbar wie ein
Geheimdienstler, der "durch das Streuen von Gerüchten unseren
Rechtsstaat» destabilisiere, sagte Hofreiter der "Passauer Neuen
Presse".
FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte die SPD auf, notfalls die
Koalition zu verlassen. Die Sozialdemokraten hatten Maaßen am
Wochenende selbst scharf kritisiert.
Kubicki sagte:
"Wer wie Frau Nahles dicke
Backen macht, muss auch die Konsequenzen ziehen und sagen: Entweder
Horst Seehofer verlässt das Kabinett oder die SPD verlässt es"
Saarbrücker Zeitung
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann sagte der Deutschen
Presse-Agentur, die Kanzlerin müsse nun "von ihrer
Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und für Klarheit sorgen".
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider forderte eine
umfassende Erklärung von Maaßen.
"Herr Maaßen muss jetzt schnell
Klarheit schaffen. Wenn sich seine Äußerungen als falsch
herausstellen, muss das Konsequenzen haben. Für ihn und den
Bundesinnenminister"
Passauer Neuen Presse
"Maaßens Äußerungen sind schon eine äußerst steile These. Er
behauptet ja nichts anderes, als dass es ein manipuliertes Video
gegeben habe, um von dem Mord abzulenken."
Die Forderung Seehofers
In Chemnitz war vor zwei Wochen ein Deutscher erstochen worden,
tatverdächtig sind drei Asylbewerber, von denen einer noch gesucht
wird. Nach der Tat kam es in der Stadt zu Trauermärschen und
Protesten und auch zu fremdenfeindlichen Übergriffen.
Seehofer sagte am Sonntagabend, der Geheimdienstchef habe ihn
selbst und das Ministerium über seine Zweifel an dem Video vorab
informiert.
- "Und wenn solche Zweifel vorhanden sind, darf man diese
Meinung als Minister nicht unterdrücken."
- Der Innenminister betonte
aber auch, Maaßen selbst trage die Verantwortung für "Formulierungen und seine Thesen".
Der Chef der Geheimdienst-Kontrolleure im Bundestag, Armin
Schuster (CDU), übte ebenfalls Kritik an Maaßen, wies
Rücktrittsforderungen aber als absurd zurück. "Die ursprüngliche
Absicht von Maaßen war genau richtig. Die nur auf das Thema Hetzjagd
zugespitzte Art und Weise ging allerdings gründlich daneben", sagte
Schuster. SPD-Rücktrittsforderungen und Grünen-Rufe nach
einer Auflösung des Verfassungsschutzes seien aber "nur noch
kleinkariertes politisches Drama und absurd angesichts der
Ernsthaftigkeit des eigentlichen Themas".
Auch im sachsen-anhaltinischen Köthen folgten am Sonntagabend
Hunderte Menschen Aufrufen zu Kundgebungen, nachdem in der Stadt ein
Deutscher nach einem Streit ums Leben gekommen war. Zwei Afghanen
wurden als Tatverdächtige festgenommen.
Hier die Entwicklungen von Köthen im Detail:
(mbi/dpa)
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