Der Grünenpolitiker Jürgen Trittin hält nichts von dem Vorschlag der Linksfraktion, im Ukrainekrieg statt auf Waffenlieferungen nur auf Gespräche zu setzen. Bild: IMAGO/photothek / imago images
Deutschland
Mit dem Antrag "Diplomatie statt Panzer" wollte die Linksfraktion im Bundestag für einen sofortigen Waffenstillstand werben. Viel Zuspruch gab es dafür nicht. Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine. Zugleich sagte er, es sei falsch, Befürworter eines Waffenstillstands als "Putin-Knechte" zu bezeichnen.
Als Idee brachte Gysi ins Spiel, die Nato solle einen Verzicht auf weitere Waffenlieferungen versprechen, sofern Russland einen Waffenstillstand akzeptiere. Der Antrag forderte auch eine diplomatische Initiative für Friedensverhandlungen und mehr humanitäre Hilfe an die Ukraine. Grünenpolitiker Jürgen Trittin will davon nichts wissen.
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Trittin stellt klar: Die Annahme, dass Deutschland nur Waffen liefere, aber keine zivile Unterstützung leiste, sei falsch. Diplomatie sei außerdem auch, Sanktionen gegen Russland durchzusetzen, um den Aggressor so an den Verhandlungstisch zu bekommen. Er sagt:
"Man muss [die Ukraine, Anm. d. Red] ausrüsten und man muss politischen Druck entwickeln, damit endlich verhandelt wird, um diese Verbrechen zu beenden."
Trittin: Gysi hat politischen Kompass verloren
Was aus seiner Sicht nicht helfe: Demonstrationen gemeinsam mit Rechten. Damit spielt Trittin auf die Großdemonstration am Tag nach dem Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine an. Die Publizistin Alice Schwarzer und Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht hatten zu einer Friedenskundgebung geladen. Willkommen war dort jede:r, die:der für Frieden steht – auch Rechte.
Vorangegangen war dieser Demo das "Manifest für den Frieden", das Wagenknecht und Schwarzer verfasst haben. Ein Pamphlet, das ähnlich wie der Antrag der Linksfraktion gegen Waffenlieferungen und für einen Kompromiss-Frieden wirbt. Einer der Erstunterzeichnenden: Gregor Gysi. Trittin spricht seinen Bundestagskollegen direkt an: "Ich finde, lieber Kollege Gregor Gysi, Sie haben den politischen Kompass in dieser Situation vollständig verloren."
Gregor Gysi (Linke) ist Unterzeichner des Wagenknecht-Manifests.Bild: IMAGO/Metodi Popow / imago images
AfD-Politiker springt Gysi zur Seite
Gysi wiederum bekommt Unterstützung von ungeahnter Seite: Auf Trittin folgt AfD-Politiker Petr Bystron am Rednerpult. Und der macht dem Grünen einen schweren Vorwurf, der, den Gesichtern nach zu urteilen, auch die Abgeordneten der Linksfraktion überrascht. Bystron sagt an Trittin und einen weiteren Vorredner gewandt:
"Sie haben bewundernswert versucht, jetzt gerade einen Keil zu treiben so zwischen die Linken, aber auch zwischen die Linken und die rechte Seite des Parlaments."
Die Grünenpolitikerin Jamila Schäfer kommentiert diese Aussage auf Twitter mit den Worten "What a time to be alive".
Die Hufeisen-Theorie, mit der früher das politische Spektrum von rechts nach links dargestellt wurde, sei mittlerweile überholt, meint Bystron. Viel wichtiger sei, anzuerkennen, dass Menschen gemeinsam auf der Straße für Frieden demonstrieren. "Es ist völlig egal, ob Jürgen Elsässer, Sahra Wagenknecht oder Peter Bystron dazu aufrufen", sagt er.
Friedensschwurbler könnten eine Querfront bilden
Jürgen Elsässer ist der Herausgeber des rechtsextremen "Compact-Magazin". Und er arbeitet mit seiner Publikation wohl an der Verwirklichung einer Querfront. Bereits im Dezember 2022 irritierte sein Magazin mit der Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht auf dem Cover. Der Titel dazu: "Die beste Kanzlerin. Eine Kandidatin für links und rechts". Auch das Buch "Ami, it's time to go" von Oskar Lafontaine, dem Ehemann von Wagenknecht und selbst ehemaliger Linkenpolitiker, findet sich im Shop des Verlags.
Das "Katapult-Magazin" hat Sahra Wagenknecht und Jürgen Elsässer als "die Gesichter der Querfront" miteinander verglichen. Der Begriff Querfront stammt aus der Weimarer Republik. Damals haben antidemokratische Kräfte versucht, Nationalismus und Sozialismus zu vermischen, um an den bestehenden Verhältnissen zu sägen. Die Nazi-Herrschaft, der Holocaust und der Zweite Weltkrieg, zeigen, für welche Seite sich das mehr gelohnt hatte.
Bis heute beschreibt die Querfront die Zusammenarbeit und Vermischung von rechten und linken Gruppierungen, um lagerübergreifende Aktionsbündnisse zu schaffen und die Positionen so durchzudrücken.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Innenministeriums zeigt: Jede:r dritte:r Polizeibeamt:in hat bei Kolleg:innen rassistisches Verhalten bemerkt. Autor und Journalist Mohamed Amjahid forscht seit Jahren zum strukturellen Rassismusproblem der Polizei und hat darüber ein Buch geschrieben. Im Gespräch mit watson erläutert er die vielschichtige Problematik.