Das Gebäudeenergiegesetz – auch als Heizungsgesetz bekannt – war eine Zerreißprobe für die Ampelkoalitionäre. Monatelang hat die Regierung um die Ausgestaltung des Gesetzentwurfes gerungen. Ein früher Entwurf wurde sogar an die Medien durchgestochen und sorgte prompt für die wahrscheinlich erwünschte Empörung.
Nun aber haben sich FDP, Grüne und SPD geeinigt. Noch vor der Sommerpause sollte das Gesetz durchs Parlament gewuchtet werden. Ein Blitzverfahren quasi. Zu schnell für die Opposition. Der CDU-Politiker Thomas Heilmann hat deshalb das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingeschaltet – und das Gericht hat das Schnellverfahren gestoppt. Vor der Sommerpause wird nicht abgestimmt.
Eine Entscheidung, die offensichtlich nicht nur die Opposition im Bundestag freut, sondern auch den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Auf Twitter lässt er seiner Begeisterung freien Lauf – und wird prompt in die Realität zurückgeholt.
Der Abgeordnete Thomas Heilmann von der CDU hat in Karlsruhe eine einstweilige Anordnung beantragt, um dem Parlament die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz zu untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens zwei Wochen vorher schriftlich vorliegt – was nicht der Fall war.
Heilmanns Argumentation: durch das Gesetzgebungsverfahren seien seine Rechte als Abgeordneter erheblich verletzt worden. "Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-Minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren", lautet sein Vorwurf. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle im Parlament könne man keine Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.
Und das Gericht gibt ihm recht: "Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten." Die Folgeabwägung führe zum Ergebnis, "dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen".
Gerade für die Union ist diese Entscheidung Wasser auf die Mühlen. "Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz!", schreibt Heilmann auf Twitter.
Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz schreibt: "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz. Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben."
Klimaschutz gelinge nicht mit der Brechstange, sondern nur durch gründliche Beratungen im Parlament. Die Regierung, meint er, solle das Urteil dazu nutzen, um innezuhalten. "So wie bisher kann es im Bundestag nicht weitergehen", schreibt Merz.
Auch der Chef der CDU-Schwesterpartei CSU, Markus Söder, fühlt sich und seine Politik durch die Karlsruher Entscheidung bestätigt. Vor wenigen Tagen erst hatte er in der Talkshow von Sandra Maischberger angekündigt, die Union werde das Heizungsgesetz nach der nächsten Bundestagswahl direkt wieder abschaffen. Damit implizierte der Bayer auch, dass die Union nach der nächsten Wahl wieder regieren wird.
Durch die Karlsruher Entscheidung sieht er sich in dieser ablehnenden Haltung gegenüber dem Gesetz bestätigt. Er schreibt auf Twitter:
Zuspruch findet sich unter dem Tweet allerdings nicht. Stattdessen verweisen einige Kommentator:innen auf ein ganz anderes Thema: Die geplatzte PKW-Maut, die die Bundesrepublik nun 243 Millionen Euro kostet. Schuld an der hohen Summe: Allen voran der frühere CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer.
Zu seiner Zeit als Minister gab es den CSU-Prestigeplan, eine Maut auf deutschen Autobahnen einzuführen – damit deutsche Fahrer:innen allerdings nicht belastet werden, sollten sie die Mautgebühr über die Kfz-Steuer zurückbekommen. Ursprünglich sollte der Plan 2020 in Kraft treten. Der Europäische Gerichtshof hat aber bereits 2019 einen Riegel davor geschoben. Der Grund: Diskriminierung ausländischer Verkehrsteilnehmer.
Die Befürchtung, dass die Maut nicht mit EU-Recht vereinbar sein könnte, gab es bereits vor dem Urteil. Das hat Scheuer aber nicht davon abgehalten, bereits Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die sich um die Durchführung der Maut kümmern sollen. Und die musste er natürlich nach dem Urteil des Gerichtes platzen lassen – gegen eine immense Entschädigung.
"Das ist eine ganz wunderbare Methode, um von der Vergeudung von 243 Millionen Euro abzulenken, die CSU-Bundesverkehrsminister Andi Scheuer zu verantworten hat", schreibt ein Nutzer.
Andere merken außerdem an, dass nicht das geplante Gesetz von Karlsruhe gekippt worden sei – sondern lediglich die eilige Verabschiedung verhindert. Viele fragen Söder, warum er darüber lüge.
(Mit Material der dpa)