Angela Merkel warnt vor steigenden Corona-Zahlen und schlägt vor dem Gipfel mit den Ministerpräsidenten neue Maßnahmen vor.Bild: reuters / POOL
Deutschland
29.09.2020, 06:2929.09.2020, 10:31
Angesichts anhaltend hoher
Corona-Infektionszahlen schlägt der Bund für Feiern in privaten
Räumen eine Obergrenze von 25 Teilnehmern vor. In öffentlichen Räumen
solle die Grenze bei maximal 50 Teilnehmern liegen, heißt es in einem
der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Entwurf einer
Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen von Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Dienstag. Insgesamt schlägt
der Bund ein regional abgestuftes Vorgehen vor - keine pauschalen
Maßnahmen.
Angesichts der Infektionszahlen sollten derzeit keine weiteren
Öffnungsschritte zugelassen werden, heißt es in dem Papier weiter.
Die Details des Entwurfes:
Regeln für Restaurants und Alkoholausschank
Um eine korrekte Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, sollen
Ordnungsbehörden Verstöße etwa bei falschen persönlichen Angaben in
Restaurants mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro belegen können. Bund
und Länder appellieren hier laut Entwurf an die Verantwortung der
Bürgerinnen und Bürger. Diese sollten bei Bar-, Restaurant- und
Veranstaltungsbesuchen "durch Angabe richtiger und vollständiger
Personendaten und Kontaktinformationen ein schnelles Erkennen und
Eindämmen von Corona-Ausbrüchen" unterstützen.
In besonders betroffenen Regionen will der Bund zudem unter
bestimmten Bedingungen auch den Alkoholausschank begrenzen lassen. Um
Infektionen in der Gastronomie zu minimieren, müssten bei
ansteigendem Infektionsgeschehen "zeitlich eingegrenzte
Ausschankverbote für Alkohol erlassen werden".
Private Feiern und Grenzwerte bei Neuinfektionen
Offen ist, ob die genannten Maximalzahlen für private Feiern nur
gelten sollen, wenn bestimmte Grenzwerte bei den Neuinfektionen
gerissen werden. In dem Entwurf heißt es in sogenannten eckigen
Klammern, die Länder würden Regelungen zu Teilnehmerzahlen bei Festen
erlassen, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen die Zahl
von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern überschritten ist. Das
bedeutet, dass über die kritische Zahl von Neuinfektionen für diese
Regelung in der Konferenz noch verhandelt werden muss.
Eine Festlegung niedrigerer Werte durch ein Land oder eine
Kommune bleibt nach dem Entwurf jeweils möglich. Ausnahmen könnten
für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen
Hygieneplänen zugelassen werden.
Sollten in einem Landkreis innerhalb von 7 Tagen mehr als 50
Menschen pro 100 000 Einwohner infiziert werden, seien weitere
Maßnahmen zu erlassen, heißt es in dem Papier weiter. Insbesondere
solle dann die Teilnehmerzahl weiter begrenzt werden - nach den
Vorstellungen des Bundes auf höchstens 10 Teilnehmer in privaten
Räumen und höchstens 25 Teilnehmer in öffentlichen Räumen.
Frühwarnsystem geplant - Corona-Warnampel nicht ausdrücklich genannt
Eine von NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) und auch Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorgeschlagene Corona-Warnampel
wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Es heißt aber, die Länder
würden bereits vor Erreichen einer Zahl von 50 Neuinfektionen pro 100
000 Einwohnern "ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten, um
möglichst ein Überschreiten dieser Inzidenz zu vermeiden".
Fieberambulanzen für die Herbst- und Winterzeit
Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und der
gleichzeitig zu erwartenden Grippewelle in der Herbst- und Winterzeit
schlägt der Bund den Einsatz von Fieber-Ambulanzen vor. Bund und
Länder sollten zeitnah ein Konzept vorlegen, wie eine Überlastung vor
allem von Krankenhäusern und Hausarztpraxen verhindert werden könne.
Ein solches Konzept solle die Möglichkeiten von Fieber-Ambulanzen,
Schwerpunktsprechstunden und Schwerpunktpraxen ausloten. Zugleich
sollten sich gerade auch Risikogruppen vorsorglich gegen die
saisonale Grippe impfen lassen.
AHA-Formel soll durch "L" für Lüften ergänzt werden
Gerade in der kalten Jahreszeit sollen zu der gültigen
"AHA"-Formel für Abstand halten, Hygiene und Alltagsmasken zwei
weitere Buchstaben hinzugefügt werden: "C" wie Corona-Warn-App und
"L" wie Lüften. "Regelmäßiges Stoßlüften in allen privaten und
öffentlichen Räumen kann die Gefahr der Ansteckung erheblich
verringern", heißt es.
Appell an die Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger
"Angesichts der sinkenden Temperaturen, des vermehrten
Aufenthalts in geschlossenen Räumen in der Herbst- und Winterzeit
sowie der drohenden Grippesaison müssen wir jetzt besonders
vorsichtig sein", heißt es mahnend in dem Entwurf. Dies gelte gerade
im Bereich der Freizeitgestaltung und privaten Feiern, die sich
zuletzt als maßgebliche Ursachen für regionales Infektionsgeschehen
gezeigt hätten. Vorrangiges Ziel der Maßnahmen müsse sein, Schulen
und Kinderbetreuungseinrichtungen im Präsenzbetrieb weiter zu
betreiben und das Wiederanlaufen der Wirtschaft nicht zu gefährden.
Bildungsministerin Karliczek: Schulbetrieb sicherstellen
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek forderte erhöhte
Anstrengungen, um den Schulbetrieb sicherzustellen. Sie mache sich
"Sorgen, dass die Pandemie wieder den Unterricht in den Schulen
gefährdet", sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (Dienstag). Noch sei die Zahl der Schüler in Quarantäne
überschaubar, das müsse aber nicht so bleiben. Die Gesellschaft könne
es verhindern, wenn weiter die Grundregeln zur Bekämpfung der
Pandemie eingehalten würden. "Aber auch in den Schulen selbst muss
von allen Beteiligten diese Disziplin unbedingt aufgebracht werden."
Kanzlerin warnt vor exponentiellem Anstieg der Corona-Zahlen
Merkel hatte bei einer Videokonferenz des CDU-Präsidiums am
Montag nach Angaben aus Teilnehmerkreisen vor einem deutlichen
Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland gewarnt. Wenn diese
sich wöchentlich so weiterentwickelten, werde es zu Weihnachten 19.200 Neuinfektionen am Tag geben. Die Kanzlerin habe das hochrechnen
lassen, hieß es.
Zuletzt hatten Merkel und die Ministerpräsidenten Ende August
über Maßnahmen in der Pandemie beraten. Sorgen bereiteten schon
damals vor allem Feiern im privaten und Familienkreis, die als eine
der Hauptursachen für die steigenden Infektionszahlen gelten. Hier
konnten sich Bund und Länder damals nicht auf bundesweit geltende
Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen./bk/rm/DP/zb
(dpa-afxp)
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