6,5 Milliarden Euro sollten Schulen auf den neuesten Stand des digitalen Zeitalters befördern: im Rahmen des Digitalpakt Schule. Seit 2019 sicherte er Schulen entsprechend Gelder zu. Jedoch quasi im Top-Down-Management, also nach einem Verteilungsschlüssel anstatt nach Bedarf.
Das hatte zur Folge, dass zunächst nur wenige Gelder abgerufen wurden, die Fördermittel drohten, zu versickern. Viele Schulen wussten nichts von der Möglichkeit, einige bekamen Dinge, die sie gar nicht brauchten. Schlussendlich forderte sogar der Bundesrechnungshof nach einer Untersuchung das Ende des Digitalpakts. Er drohte, zu einem Desaster zu werden.
Am 16. Mai 2024 ist der Digitalpakt 1.0 ausgelaufen. Schülervertreter:innen und Lehrerverbände fordern seitdem vehement eine Fortsetzung. Denn jene Schulen, die etwa Software oder Tablets geordert hätten, säßen nun auf dem Trockenen, können etwa Updates nicht mehr installieren oder kaputte Tablets können nicht mehr nachbestellt werden. Damit wären die Mittel aus dem Fenster geworfen.
Stattdessen wurde in der Zwischenzeit von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) das Startchancen-Programm auf den Weg gebracht. In den kommenden zehn Jahren sollen Brennpunktschulen (zunächst rund 2000, später dann bis zu 4000 von 40.000 allgemeinbildenden Schulen) mit 20 Milliarden Euro bessere Bildungschancen zugesichert werden.
Die Inhalte des Digitalpakts werden damit allerdings nur bedingt abgedeckt. Eine sich deckende Forderung ist die nach multiprofessionellen Teams, der Fokus liegt allerdings beim Startchancen-Programm woanders.
In einem früheren Gespräch mit watson betonte Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: "Wer den Digitalpakt 2.0 verschiebt, verschiebt Deutschlands Zukunftsfähigkeit."
Florian Fabricius, ehemaliger Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, sagte in diesem Zuge: "Wir können nicht einfach Schülern Geräte in die Hand drücken und erwarten, dass sie damit umgehen können." Er warnte explizit davor, anzunehmen, dass es mit der Anschaffung der Geräte getan sei. "Digitalisierung ist eine kontinuierliche Ausgabe. Die Geräte müssen gewartet werden, es braucht Medienkompetenz – und vor allem die Infrastrukturen drumherum, mit entsprechendem Knowhow."
Daher sei eine Fortsetzung des Digitalpakts dringend notwendig.
Stephan Bayer, Bildungsexperte und Gründer der digitalen Lernplattform Sofatutor, gibt allerdings im Gespräch mit watson zu bedenken, dass die Gelder des Digitalpakts allen Schüler:innen zugutekamen und kommen würden, das Startchancen-Programm hingegen richte sich nur an Brennpunktschulen:
Die Situation beim Digitalpakt ist allerdings festgefahren, ob es eine Fortsetzung gibt: fraglich. Bayer begründet das so:
Wenn die Bundesländer die föderale Struktur im Bildungssektor aufrechterhalten und sich das Thema Bildung nicht aus der Hand nehmen lassen wollen, müssten sie darüber nachdenken, findet der Bildungsexperte.
Auch Bildungsexpertin Vera Freundl vom ifo-Institut betont im Gespräch mit watson, dass es essenziell sei, allen Kindern eine technische Infrastruktur zu bieten für eine digitale Bildungsteilhabe.
Am 10. September hat das ifo-Institut zum elften Mal sein Bildungsbarometer veröffentlicht. Es bildet in einer repräsentativen Umfrage ab, was die Meinung der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands vom Bildungssystem ist. Schulnote 3,01 gab es dieses Jahr im Bundesschnitt – weiterhin Tiefstand-Niveau. Dabei sind allerdings auch 78 Prozent der Befragten dafür, dass der Staat seine Ausgaben für Schulen erhöhen sollte.
Würden die Schüler:innen in Deutschland wieder besser, könnte das auch Auswirkungen auf das ifo-Bildungsbarometer haben. Zudem, weist Freundl hin, hätte die Geschichte gezeigt, dass sich auch die Ergebnisse der Pisa-Studie verbessert hätten, sobald in der Politik gezielt der Fokus auf Bildung gelegt wurde.
Eine Aufforderung für das Bildungsministerium unter Bettina Stark-Watzinger.