Für Grünen-Politikerin Nyke Slawik ist unverständlich, dass Lambrechts-Nachfolgerin nicht weiblich ist.Bild: imago images/Future Image
Deutschland
Im Wahlkampf hat Olaf Scholz (SPD) versprochen, das Kabinett paritätisch zu besetzen – sollte er Kanzler werden. Kanzler wurde er. Gemeinsam mit Grünen und FDP hat er es außerdem geschafft, die Minister:innen-Posten gleichermaßen auf Frauen und Männer zu verteilen. Zumindest in der Erstauflage.
Denn nun, mit der zweiten Neubesetzung innerhalb der Ampelregierung, hat sich die SPD von der Parität verabschiedet. Boris Pistorius ist der Mann, der Christine Lambrecht (beide SPD) in Zukunft im Kabinett ersetzen wird.
Die neue Verteidigungsministerin: Boris Pistorius tritt die Nachfolge von Christine Lambrecht an.Bild: dpa / Moritz Frankenberg
Ein Vorstoß, der vor allem einer Koalitionspartei sauer aufstößt. Unter anderem Grünen-Politikerin Nyke Slawik zeigt wenig Verständnis für den Vorstoß des Kanzlers.
Männliche Lambrecht-Nachfolge trotz qualifizierter Frauen
Auf Twitter macht Nyke Slawik ihrem Unmut bezüglich der Benennung von Pistorius Luft. Sie schreibt: "Schade, dass der Kanzler und die SPD selbst gestecktes Ziel der Parität im Kabinett aufgegeben hat." Wirklich verstehen, so macht es den Eindruck, kann Slawik diesen Schritt nicht. Sie ergänzt: "Dabei waren ja gleich mehrere äußerst qualifizierte Frauen im Gespräch."
Pistorius war ein Überraschungskandidat, den Kanzler Scholz kurzfristig aus dem Ärmel geschüttelt hat. Innerhalb seiner Partei gilt der bisherige Innenminister von Niedersachsen als Anpacker. Im Gespräch waren vor der Benennung allerdings einige andere Sozialdemokrat:innen. Beispielsweise die Wehrbeauftragte Eva Högl oder auch Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller.
Ähnlich sieht es Slawiks Parteifreund Sven Kindler. Auf Twitter schreibt der Grünen-Abgeordnete: "Parität in Führungspositionen ist kein nice to have, sondern sollte 2023 eine Selbstverständlichkeit sein." Versprechen, wie die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, sollten nicht nur in Wahlkampfzeiten relevant sein, sondern "müssen gelten, wenn's drauf ankommt."
Kindler nennt es "entlarvend", dass die Frage nach der Qualifikation nur gestellt wird, wenn es um die Erfüllung der Frauenquote geht – nicht bei der großen Masse an Männern in Führungspositionen. Wie seine Vorgängerin Christine Lambrecht hat nämlich auch Pistorius bisher keinerlei Erfahrung in Verteidigungspolitik. Seine Expertise ist die innere Sicherheit.
Trotz allem, stellt Kindler klar:
"Unabhängig davon, kenne und schätze ich Boris Pistorius und wünsche ihm alles Gute im neuen Amt."
Grünen-Chef Omid Nouripour stellt außerdem klar, dass seine Partei immer einen Beitrag zur Parität – explizit auch innerhalb des Kabinetts – leisten werde. Es sei aber gut, meint der Grüne, dass der Ministerposten schnell nachbesetzt wurde. "Wir stehen vor vielen großen Herausforderungen, angefangen bei der Frage, wie wir die Ukraine weiter unterstützen können, aber auch, wie wir unsere Bundeswehr bestmöglich aufstellen können", schreibt er auf Twitter.
Union begrüßt Abkehr von Parität
Die Union hingegen, so macht es den Eindruck, hat kein großes Problem damit, dass der Kanzler die Parität aufgegeben hat. Im Gegenteil. Der Abgeordnete Chrstioph Ploß schreibt beispielsweise, er begrüße sehr, dass Scholz sein Wahlkampfversprechen gebrochen habe. "Bei der Besetzung höchster Staatsämter darf es nicht auf Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe ankommen, sondern nur auf Kompetenz."
Aus Bayern hingegen wird gestichelt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft Lambrecht vor, im Verteidigungsministerium zu viel Zeit verloren zu haben. Die Ersetzung durch Boris Pistorius findet Söder wohl gut. Er wünscht dem Sozialdemokraten "eine glückliche Hand". Schiebt im nächsten Satz seines Twitter-Postings aber noch eine Spitze an den Kanzler nach: "Das Thema Parität ist für SPD, Grüne und FDP wohl abgeschlossen."
Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten herrscht viel Ungewissheit darüber, wie es jetzt mit der Ukraine weitergeht. Es gibt nicht unbegründete Ängste davor, Trump könne dem Land bald den Geldhahn zudrehen.