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Linke: Gericht urteilt hart über Minderjährige in MeToo-Partei-Skandal

Berlin, Women s March Deutschland, Berlin - 19/01/2019: Mehrere hundert Menschen demonstrieren gegen Sexismus und Diskriminierung f�r Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Teilnehmerin mit Venussym ...
Sexismus bei der Linken? 2022 erschütterte ein MeToo-Skandal die Partei. Bild: imago / Christian Spicker
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Das späte Echo des MeToo-Skandals bei der Linken: Gericht verhängt hartes Urteil

23.10.2024, 15:48
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Der größte Feind der Linken sind die Linken. Hinter diesem Leitspruch steckt nicht erst seit der Gründung des BSW ein harter Kern Wahrheit. Denn lange bevor sich Sahra Wagenknecht aus der Linkspartei verabschiedete, knallte es ordentlich im Getriebe bei Deutschlands kleinster Bundestagspartei.

Ein Sex-Skandal erschütterte 2022 Basis und Gremien. Auf X, das damals noch Twitter hieß, trendete der Hashtag #linkemetoo. Über 60 Frauen, die meisten davon im Jugendverband, erhoben schwere Vorwürfe, die von Sprüchen unter der Gürtellinie bis zu Grapschereien reichten.

Im Auge des Sturms fand sich der damalige Partner der Ex-Parteivorsitzenden Janine Wissler wieder. Eine Studentin, noch dazu minderjährig, beschuldigte ihn eines schweren strafbaren Verbrechens. Nun fällt ein Wiesbadener Amtsgericht ein hartes Urteil.

Berlin, Pressekonferenz mit Janine Wissler und Martin Schirdewan Janine Wissler und Martin Schirdewan Vorsitzende der Partei DIE LINKE geben am 19.08.2024 eine Pressekonferenz zu aktuellen politischen ...
Der damalige Partner der Ex-Parteivorsitzenden Janine Wissler stand im Mittelpunkt des Skandals.Bild: imago images / Christian Spicker

Ex-Linken-Politiker intim mit Minderjähriger? Gericht sieht keine Beweise

Verurteilt wurde allerdings nicht der mittlerweile aus der Partei ausgetretene Politiker. Der Richterspruch traf die Studentin, die die Vorwürfe erhoben hatte.

Konkret hatte sie dem deutlich älteren Mann vorgeworfen, zunächst Bilder in sexuellen Posen von ihr geschossen zu haben. In der Nacht nach dem Zusammentreffen soll er dann über ihren Balkon in ihr Zimmer gestiegen sein. Anschließend hätten die beiden Geschlechtsverkehr gehabt.

Vertieft wurde der Sex-Skandal, weil die Studentin behauptete, sich bei der Parteivorsitzenden Janine Wissler mit den Vorwürfen persönlich gemeldet zu haben. Wissler, die damals mit dem Mann in einer Beziehung war, so der Vorwurf, soll den Vorhaltungen ausgewichen sein.

Weil sie in Parteikreisen und bei Wissler selbst auf taube Ohren gestoßen war, wandte sie sich letztlich an die Öffentlichkeit. Auf X verbreitete sie ihre Geschichte und löste damit eine Welle der Anschuldigungen innerhalb der Linken aus. Die damalige Parteivorsitzende bestreitet bis heute, mit den Vorwürfen konfrontiert worden zu sein.

Linke in der Krise: MeToo-Vorwürfe, Putin-nähe und Sahra Wagenknecht

Speziell im hessischen Landesverband wurden zahlreiche Vorwürfe vom Sexismus über Machtmissbrauch bis zu Übergriffen laut. Die Linke, damals bereits wegen ihrer milden Haltung gegenüber Russland und Putin in der Kritik, nahm weiteren Schaden. Wie die "taz" damals berichtete, traten rund 6000 der 60.000 Mitglieder im Krisenjahr 2022 aus der Partei aus.

Die öffentlich ausgebreiteten Anschuldigungen erwiesen sich für die Studentin nun als Boomerang. Denn von den massiven Vorwürfen hielt vor dem Amtsgericht keiner stand. Der Parteifunktionär hatte von Beginn jegliche Involvierung dementiert. Die Studentin ließ sich letztlich zu einem Teilgeständnis erweichen, hielt aber an den wesentlichen Punkten fest.

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Im September wurde sie vom Gericht deshalb wegen übler Nachrede zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich verhängte die Kammer eine Geldstrafe von 2000 Euro sowie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Freiheitsstrafe und Schmerzensgeld: Anschuldigungen auf X werden teuer

Der Beschuldigte erreichte mit dem Prozess nicht nur, dass sein Name von den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen geklärt wurde. Als Nebenkläger sprach ihm das Gericht Schmerzensgeld in Höhe von 5000 Euro zu.

Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Die Studentin, die im Kern an den Anschuldigungen festhält, legte Berufung ein. Ihr Strafverteidiger fand gegenüber der "Frankfurter Rundschau" drastische Worte für den Richterspruch. Es sei das "unverhältnismäßigste Urteil, das ich bisher gefangen habe." Seine Mandantin sei ein "Bauernopfer".

Ob die Anschuldigungen ihre Berechtigung haben, muss nun eine höhere Instanz klären. Die große Zahl konkreter Vorwürfe lassen zumindest den Eindruck zu, dass in Teilen der Partei eine Atmosphäre des Sexismus herrschte.

Wie man am besten nicht mit Vorwürfen von Sexismus und Übergriffen umgeht, zeigt das Zitat eines männlichen Parteimitglieds gegenüber einer mutmaßlichen Betroffenen, das die "taz" in einem Artikel von 2022: "Ich finde eure Ausführungen peinlich. Als ich in deinem Alter war, galt die Devise: Wer zweimal mit dem gleichen pennt, gehört schon zum Establishment."

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