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Experte zu Grüne-Jugend-Beben: Eine schwierige Zukunft steht den Grünen bevor

25.11.2023, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Katharina Stolla (l) und Svenja Appuhn, die Vorsitzenden der Grüne Jugend, nehmen am Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen teil. Die Bundesdelegiertenkonf ...
Mit einem Knall hat der Vorstand der Grünen Jugend, Svenja Appuhn und Katharina Stolla, seinen Austritt verkündet. Bild: dpa / Kay Nietfeld
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Beben bei der Grünen Jugend: Warum darin auch eine Chance für die Partei steckt

04.10.2024, 16:35
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Beben bei der Grünen Jugend: Zahlreiche Mitglieder der Jugendorganisation haben nicht nur ihre Rücktritte aus den Vorständen angekündigt, sondern auch ihren Austritt aus der Partei. Sowohl auf Bundesebene als auch in zahlreichen Landesverbänden.

Sie wollen den Kurs der Grünen nicht länger mittragen. Ein Schlag ins Gesicht, der die Krise der Partei weiter verstärkt.

Da stellt sich die Frage, wie es nun weitergeht – und ob womöglich sogar eine neue, linke Bewegung entstehen könnte. Expert:innen sehen in der Krise eine große Herausforderung für die Partei, aber auch Chancen.

Grüne-Jugend-Mitglieder distanzieren sich von der Parteipolitik der Grünen

In mehreren Bundesländern – darunter Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz – gaben Mitglieder der Grünen Jugend ihre Austritte bekannt. Auch in Brandenburg äußerten sich einige Führungspersonen kritisch und vollzogen denselben Schritt.

Die ehemaligen Vorsitzenden der Bundesebene, Katharina Stolla und Svenja Appuhn, erläutern ihre Gründe in einem Interview mit "Zeit online". Appuhn erklärte: "Viele von uns sind in den drei vergangenen Jahren Regierungsbeteiligung sehr enttäuscht worden."

25.11.2023, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Katharina Stolla (l) und Svenja Appuhn, die Vorsitzenden der Grünen Jugend, nehmen am Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen teil. Die Bundesdelegiertenkon ...
Svenja Appuhn und Katharina Stolla haben genug von der Parteipolitik.Bild: dpa / Kay Nietfeld

Besonders prägend waren demnach Entfremdungsmomente wie das Sondervermögen für die Bundeswehr, die Abbaggerung von Lützerath, eine Sparpolitik, die in Krisenzeiten keine ausreichende Unterstützung biete, und die jüngsten Verschärfungen im Asylrecht.

Die Mehrheit der Landesverbände der Grünen Jugend teilt diese Kritik. So erklärte die gesamte achtköpfige Spitze des Bayerischen Landesverbandes, dass sie den aktuellen Kurs der Grünen "nicht länger mittragen" könne. Rukia Soubbotina, ehemaliges Mitglied der Doppelspitze der Grünen Jugend in Niedersachsen, kritisierte den mangelnden Fokus auf soziale Fragen.

Beben bei der Grünen Jugend ist ein "schwerer Schlag" für die Grünen

Für die Grünen bedeutet der Abgang ihres Nachwuchses ein ernsthaftes Problem. Frank Brettschneider, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Hohenheim, sieht die Partei in einer schwierigen Situation: "Für die Grünen ist das ein schwerer Schlag. Sie waren bei den jungen Erwachsenen immer besonders erfolgreich", sagt er "Focus Online".

Bei den vergangenen Wahlen hat die Partei deutlich an Zustimmung in der jungen Wählergruppe verloren. Bei der Europawahl im Juni sank die Zustimmung der Unter-25-Jährigen um ganze 23 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl im Jahr 2019. Auch bei der jüngsten Landtagswahl in Brandenburg fiel die Unterstützung der 16- bis 24-Jährigen um 21 Prozentpunkte. Mit Augenmerk auf die aktuellen Entwicklungen sagt Brettschneider: "Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Partei."

Spannungen zwischen Grüner Jugend und Partei werden wohl anhalten

Doch wie kann es nun weitergehen mit den vielen jungen Mitgliedern, die sich von der Grünen Partei enttäuscht abwenden? Frank Brettschneider schätzt die Chancen einer neuen Bewegung skeptisch ein. Ein solcher Versuch wäre laut des Experten aufgrund früherer Misserfolge, wie etwa der Klimaliste, wenig erfolgversprechend.

Zudem gibt es bereits etablierte Parteien im linken Spektrum, wie die Linke oder das mögliche Bündnis von Sahra Wagenknecht, die bereits um die linke Wählerschaft konkurrieren.

Ob der Rückzug der beiden Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour das Image der Grünen aufpolieren kann, bleibt fraglich. In vielen Umfragen liegen die Grünen derzeit nur bei rund zehn Prozent der Wählerstimmen.

Das Augenmerk der Öffentlichkeit habe sich zudem verschoben – weg vom Klimaschutz und hin zu Themen wie dem Ukraine-Krieg und der Asylpolitik, analysiert Brettschneider.

Vom 18. bis 20. Oktober wird die Grüne Jugend auf einem Bundeskongress zusammenkommen. Dort entscheidet sich, wer die neue Führungsriege der Nachwuchsorganisation übernimmt und welche Ziele zukünftig im Mittelpunkt stehen werden. Brettschneider erwartet jedoch, dass die Auseinandersetzungen zwischen der Bundespartei und der Jugendorganisation anhalten werden. Insbesondere die Themen Klimaschutz und Asylpolitik bleiben ihm zufolge Zündstoff.

Hubert Kleinert, Professor für Politik an der Hessischen Hochschule für Öffentliches Management und Sicherheit, sieht laut "Focus Online" hingegen auch eine Chance in der jüngsten Entwicklung. Er sagt: "Wer aus den Grünen eine 'Klassenpartei' machen wollte, lag schon immer falsch." Klein glaubt, dass diese Auftritte eher die Chancen für eine realpolitische Erneuerung sein könnten.

Die brauchen die Grünen jetzt jedenfalls dringend.

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