Man hätte meinen können, der Heizungsstreit der Ampel wird nun übergangslos vom Streit um den Bundeshaushalt und die damit verbunden Kürzungen am Elterngeld abgelöst.
Doch gelöst ist die Debatte um das Heizungsgesetz weiterhin nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte nach einem Antrag des CDU-Politikers Thomas Heilmann kurzfristig entschieden, dass das Gesetz erst nach der Sommerpause verabschiedet werden darf. Grund für den Antrag war eine verkürzte Beratungszeit für die Abgeordneten. Heilmann sah sich in seinen Rechten verletzt, sich ausreichend mit dem Gesetz zu beschäftigen.
Das Gesetzgebungsverfahren ist also vorerst auf Eis gelegt. Dafür brodelt es nun in der Ampel-Regierung wegen des Elterngeldes.
SPD-Chef Lars Klingbeil wärmt eine alte Idee wieder auf, während sich FDP und Grüne zoffen. In der ARD-Talkshow "Anne Will" haben sich am Sonntagabend zwei deutliche Lager aufgetan.
Ursprünglich kam der Vorschlag, im Grünen-geführten Familienministerium am Elterngeld zu sparen, vom FDP-geführten Finanzministerium. Zumindest, wenn man auf Twitter veröffentlichten Briefen glaubt. Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es indes, konkrete Vorgaben zur Art der Einsparung habe es nicht gegeben.
Bisher erhalten das Elterngeld Paare, deren gemeinsam zu versteuerndes Einkommen unter 300.000 Euro liegt. Im Zuge der Haushaltsplanung für das kommende Jahr und den von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forcierten Ausgabenkürzungen zur Schuldenbegrenzung plant Familienministerin Lisa Paus (Grüne), die Grenze auf 150.000 Euro zu senken.
Bei Anne Will verteidigt Paus ihre Sparmaßnahme vehement. Auf Nachfrage der Talkshow-Gastgeberin antwortet die Familienministerin: "Ich habe mir das angeschaut und bin unter all den schlechten anderen Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen." Sie sei jedoch offen für bessere Vorschläge.
"Jeder muss kriegen, was ihm zusteht", forderte dahingegen der Vizevorsitzende der FDP, Johannes Vogel, bei "Anne Will". Dafür sei nicht einmal mehr Geld nötig, sondern "harte Sozialpolitik".
Die FDP schlägt eine andere Aufteilung der Leistung vor – stößt bei Paus damit aber auf Ablehnung. Vogel sagt: "Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir reden über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte."
Der Parlamentsgeschäftsführer unterstützte einen Vorschlag aus seiner Partei, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen – wenn das nicht geschieht, soll nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch "im Bereich der zahlreichen Förderprogramme noch ein gewisses Einsparpotenzial", sagt Vogel.
Das weist die Familienministerin in der Sendung direkt von sich: "Wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung", sagt sie. "Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen."
Alternative Sparmöglichkeiten wären nach ihren Worten nur Kürzungen beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie nicht, wie Paus deutlich macht. Bei den freien Programmen kürze sie bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für Freiwilligendienste geben.
Die SPD findet sich in dieser Debatte zwischen den beiden Fronten der Grünen und der FDP wieder. Lars Klingbeil nutzt diesen Zwist, um eine alte Idee wieder hervorzuholen: statt Elterngeld-Kürzung solle das Ehegattensplitting für neue Ehen abgeschafft werden.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagt Klingbeil: "Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab. Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen."
Ehegattensplitting bezeichnet das Verfahren, nach dem Ehepaare und Lebenspartnerschaften besteuert werden, die keine Einzelveranlagung wählen. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.
Den Staat kostet das laut Bundeszentrale für politische Bildung jährlich 20 Milliarden Euro (Stand 2020). Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland schon häufiger für das Ehegattensplitting kritisiert – mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.
Klingbeil sagt: "Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen. Aber Verteilungsfragen klärt man über die Steuerpolitik, nicht über das Elterngeld", sagte Klingbeil. Das Elterngeld sei keine Sozialleistung, sondern solle Männer motivieren, mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen.
(Mit Material der dpa)