Spionage – es ist wohl eines der Felder, in denen sich Kreml-Chef Wladimir Putin besonders gut auskennt. Er selbst arbeitete Jahre lang für den sowjetischen Geheimdienst. Auch jetzt, an der Spitze des Landes, weiß er, die Macht des Abhörens und Ausspähens für sich zu nutzen. Sogar in Deutschland, wie Expert:innen warnen.
Der mutmaßliche Spionagefall in Bayern überrascht CDU-Außen- und Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter überhaupt nicht, wie er auf watson-Anfrage mitteilt. Laut ihm ist Deutschland ein Hauptziel russischer Einfluss- und Spionageoperationen – und das seit Jahren.
"Das Aufdecken ist ein Erfolg der Sicherheitsbehörden, der nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass dies keine Einzelfälle sind, sondern eine strukturelle Bedrohung besteht, die noch aufzuklären ist", führt der CDU-Politiker aus.
Zum Hintergrund: In Bayreuth wurden zwei Männer unter dem Verdacht der Spionage für Russland festgenommen. Die Deutsch-Russen hätten Anschlagsziele mit Blick auf die Militärhilfe für die Ukraine ausgekundschaftet, darunter Einrichtungen der US-Streitkräfte, teilt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit.
Wie gut ist Deutschland gegen Putins Spionageaktionen gewappnet?
Gegen Russlands Instrumentenkasten an hybriden Angriffen gegen Deutschland sei man nicht ausreichend gewappnet, meint Kiesewetter. Auch fehle in vielen Bereichen die erforderliche Sensibilität dafür.
Er sagt:
Dabei müsse man auch von einer "5. Kolonne" in Deutschland ausgehen und von gezielter Anwerbung sowie von Einflussnahme durch Russland. Auch von politischen Akteur:innen führt Kiesewetter aus.
Er warnt: "Es fehlt Wehrhaftigkeit und 'Kriegstüchtigkeit' in allen Bereichen."
Die Ermittlungserfolge sind laut Kiesewetter gut. Jedoch sind Deutschlands Nachrichtendienste, Sicherheitsbehörden und die Bundeswehr bislang nicht ausreichend auf die hybride Bedrohung und die Werkzeuge Russlands eingestellt. Bei den Diensten liege der Mangel besonders im Bereich der Spionageabwehr.
Hier fehlen ihm zufolge schlichtweg Fähigkeiten, Mittel sowohl finanziell als auch personell. Außerdem fehlten rechtliche Befugnisse, besonders im Bereich der Aufklärung von Finanzströmen. "Bei der Bundeswehr wurde viel zu spät auf die Spionagegefahr reagiert, die etwa durch das Ausspionieren von Übungsplätzen und militärischen Einrichtungen durch Drohnen besteht", meint Kiesewetter.
Weiter kritisiert er, dass es zu wenig Sensibilisierung für Versuche nachrichtendienstlicher Anbahnung gebe.
Es fehle an rechtlichen und technischen Möglichkeiten, an Ausstattung und strategischer Kultur. Zuletzt sei es immer eine Frage der Aufmerksamkeit des Einzelnen und die Frage, ob nachrichtendienstliche Warnungen und Bedrohungseinschätzungen letztlich bei den politischen Entscheidungsträger:innen Gehör finden.
"Hier stoßen wir leider in einigen Teilen auf eine Naivität gegenüber Russland und auch China, die uns offene Flanken bei der Sicherheit lässt", sagt Kiesewetter.
Laut Bundesanwaltschaft sollten die geplanten Sabotageaktionen dem Ziel dienen, "die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren". Einer der Festgenommenen, Dieter S., habe in Kontakt zu einer Person gestanden, "die an einen russischen Geheimdienst angebunden ist."