International
07.07.2018, 09:3708.07.2018, 11:44
Die Briten wollen in Zukunft einen softeren Brexit-Kurs fahren. Darauf verständigte sich das Kabinett von Premierministerin Theresa May am Freitagabend.
- Am Ende eines monatelangen Gezerres stimmten die Minister am Freitag nach einer Marathonsitzung dem neuen Plan von Premierministerin Theresa May für die künftige Beziehung zur EU nach dem Brexit zu.
- Der Vorschlag sieht eine Freihandelszone für Waren und landwirtschaftliche Güter zwischen Großbritannien und der EU vor.
Teilweise nimmt die Regierung in London damit Abschied von ihrem
harten Brexit-Kurs. Dennoch dürfte der Plan in Brüssel auf Skepsis
stoßen.
Wie soll es jetzt weitergehen?
In der kommenden Woche will die Regierung ein ausführliches Dokument zur neuen Position für die Gespräche mit der EU veröffentlichen. EU-Chefunterhändler Michael Barnier twitterte am Abend, er freue sich auf die detaillierten Pläne. Er kündigte an, die Vorschläge würden darauf überprüft werden, ob sie realistisch und umsetzbar seien hinsichtlich der Verhandlungsrichtlinien der EU-Kommission.
Was steht in der Vereinbarung drin?
- Großbritannien will bei Waren und landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch nach dem Austritt aus der EU weiterhin eng an den europäischen Binnenmarkt gebunden bleiben.
- Mithilfe einer Freihandelszone soll verhindert werden, dass der grenzüberschreitende Handel und Lieferketten zwischen Großbritannien und dem Kontinent beeinträchtigt werden.
- Sichergestellt werden soll das durch ein "gemeinsames Regelbuch", in dem London Vorschriften und Produktstandards der EU übernimmt.
Theresa MayBild: REUTERS/joel rouse
Welche Punkte könnten für Ärger in Brüssel sorgen?
- 1. Die anderen drei Freiheiten des Binnenmarkts – Kapital, Arbeitskräfte und Dienstleistungen – sollen aber Beschränkungen unterworfen werden. Sie nehmen dabei in Kauf, dass Banken und Versicherungen keinen uneingeschränkten Zugang mehr zum EU-Binnenmarkt haben. Schwer zu sagen, ob Brüssel sich auf einen solchen Handel einlässt. Bislang hat sich die EU auf den Standpunkt gestellt, dass die vier Freiheiten des Binnenmarkts nicht einzeln verhandelbar sind.
- 2. Aus der Europäischen Zollunion will London weiterhin austreten, damit das Land eigene Handelsabkommen mit Drittstaaten wie den USA und China schließen kann. Um Grenzkontrollen mit dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden, will man in London zwei verschiedene Zollsätze erheben: einen für Waren, die für den europäischen Markt bestimmt sind, und einen anderen für Güter, die in Großbritannien verkauft werden sollen. Auch das dürfte in Brüssel auf Skepsis stoßen.
- 3. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) will sich London höchstens indirekt unterwerfen. Die Auslegung der gemeinsamen Vereinbarungen soll künftig in Großbritannien britischen Gerichten zufallen. Lediglich da, wo sich das Land an EU-Regeln orientiere, werde die Rechtssprechung des EuGH als Richtschnur herangezogen - so die Idee. In Streitfällen zwischen London und Brüssel solle ein gemeinsames Komitee mit der Schlichtung beauftragt oder ein unabhängiges Schiedsverfahren eingeleitet werden.
Der Streit über den Brexit-Kurs in der britischen Regierung lähmte
die Brexit-Verhandlungen in Brüssel bislang. Dabei drängt die Zeit:
Großbritannien will in weniger als neun Monaten - am 29. März 2019 -
die Staatengemeinschaft verlassen. May regiert seit einer Neuwahl im
Juni 2017 nur mit hauchdünner Mehrheit und steht von mehreren Seiten
unter Druck.
Sollte es zu keiner Einigung mit Brüssel kommen, will es London wohl
auf einen Austritt ohne Abkommen ankommen lassen. Die Vorbereitungen
dafür sollten verstärkt werden, teilte die britische Regierung mit.
(pb/dpa)
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