Der Historiker Alexander Friedman fürchtet, dass Putin nach seiner Wiederwahl noch aggressiver sein könnte.Bild: imago images / Xinhua/ Cao Yang
International
Gerade erst hat sich der russische Machthaber in seinem Amt bestätigen lassen – oder mittels Scheinwahlen selbst bestätigt. Zumindest legt die Wahlbeteiligung in einigen Regionen, etwa den besetzten Gebieten in der Ukraine, das nahe.
Hinzu kommt, dass bei der Wahl die Grundsätze demokratischer Wahlen nicht eingehalten wurden. Videos belegen, wie russische Militärs in Wahlkabinen stürmten und überprüften, wo das Kreuzchen war. Unabhängige Wahlbeobachter:innen durften die Abstimmung ebenfalls nicht begleiten.
In einem Interview mit NTV wagt der Historiker Alexander Friedman nun eine Putin-Prognose. Der Kreml-Chef, meint er, könnte nach diesen Scheinwahlen noch gefährlicher werden.
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Historiker fürchtet, Putin könnte noch aggressiver werden
Der Historiker geht davon aus, dass Putin nach dieser Wahl noch aggressiver vorgehen wird. Der Grund: Putin ist 71 Jahre alt, es könnte sich womöglich um seine letzte Amtszeit handeln. Friedman sagt im Interview mit dem Sender Ntv, Putin habe möglicherweise nicht mehr viel Zeit, seine Ziele zu erreichen. "Nämlich die Fehler von 1989/1991 – der Zerfall der Sowjetunion war ja aus seiner Sicht ein Fehler – zu korrigieren, Russland wieder zu einer Großmacht zu etablieren", stellt Friedmann dar.
Das könnte im Umkehrschluss zu einer weiteren Radikalisierung der Politik des Kreml-Chefs führen. Der Historiker macht darauf aufmerksam, auch die Gefahr eines Atomschlags zumindest zu berücksichtigen. Trotzdem geht er davon aus, dass Putin eigentlich einem anderen Kalkül folgt. Friedmann sagt: "Er hält den Westen für schwach, für viel zu dekadent. Und er ist überzeugt, dass er mit seinen Drohungen seine Ziele erreicht, ohne einen Weltkrieg führen zu müssen."
Der Historiker glaube Putin, wenn dieser behauptete, keinen Weltkrieg führen zu wollen. Vielmehr geht er davon aus, dass Putin mit den Ängsten des Westens spielt.
Kriegswirtschaft bringt Russland in Bredouille
Der russische Ökonom Andrei Yakovlev legt in der "Wirtschaftswoche" einen weiteren Grund dar, warum Putin den Krieg bis zum bitteren Ende laufen lassen könnte: Russlands Wirtschaft. Aus Sicht des Ökonomen könnte die russische Wirtschaft es nämlich nicht verkraften, zur Normalität zurückzukehren.
Der russische Machthaber hat sein Land auf Kriegswirtschaft eingeschworen, das heißt: Wo früher Alltagsprodukte hergestellt wurden, sind heute Fabriken für Drohnen und Kriegsgerät. Demnach würden private Unternehmen auf Anweisung des Staates für die Rüstung arbeiten. Yakovlev nennt das ein nordkoreanisches Modell, auf das sich Russland zubewegen würde.
Damit gehe auch die Gefahr einher, dass die russische Kriegswirtschaft überhitze. Und zwar, weil der russische Staat so viel Geld in den Krieg pumpt. Wie die "Bild" berichtet, soll Russland allein 2024 etwa 14,3 Billionen Rubel (knapp 143 Milliarden Euro) für den Krieg ausgegeben haben. Noch könne sich Putin den Krieg laut Yakovlev allerdings leisten.
Schon seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Diskussion um die Wehrpflicht wieder Fahrt aufgenommen. Die Ampel änderte während ihrer Regierungszeit nichts am aktuellen System. Durch die Neuwahlen könnten aber bald schon wieder junge Menschen verpflichtet werden.