Ein halbes Jahr vor den richtungsweisenden Präsidentschaftswahlen in den USA biegen die Parteien und Kandidaten in die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Es ist eine komische Gemengelage: Einerseits bestimmen die zahlreichen Gerichtsverfahren des Ex- und vielleicht kommenden Präsidenten Donald Trump die Schlagzeilen seit Monaten.
Diese scheinen seine Anhänger:innen nicht großartig zu verschrecken. Zudem gibt es nur wenige, die enthusiastisch reagieren, wenn sie an eine zweite Amtszeit des mittlerweile 81-jährigen Joe – beziehungsweise "Sleepy Joe" – Biden denken. Andererseits ist auch der Zuspruch für Donald Trump nicht riesig und es gibt viele Bürger:innen, die Angst vor den Folgen einer weiteren Trump-Legislatur für die Demokratie haben.
Nun scheint Joe Biden mit der Vorverlegung eines TV-Duells zwischen Trump und ihm ein kleiner Coup gelungen zu sein. Dieser treibt so manchem Republikaner anscheinend den Angstschweiß auf die Stirn.
Eigentlich hätte erst am 16. September eine TV-Debatte zwischen den beiden stattgefunden. Biden hat Trump mit den Worten "Mach mich glücklich, Kumpel …" und "Ich habe gehört, du hast mittwochs frei …" dazu angestachelt, den Termin vorzuverlegen – mit Erfolg. Der Republikaner stimmte zu.
Stattdessen gibt es gleich zwei neue Termine: Ein Duell startet am 27. Juni und eines am 10. September. Doch was bewog Biden zu diesem Schritt und warum wird die Aktion als Coup für ihn bewertet?
Politikberater Julius van de Laar erklärte dazu gegenüber der "Berliner Morgenpost", Biden müsse seine schlechten Umfragewerte schleunigst verbessern und sieht dafür ein TV-Duell als Chance. Der ursprüngliche Termin hätte erst 10 Tage nach der Eröffnung der ersten Wahlbüros in einigen Bundesstaaten stattgefunden. Van de Laar interpretiert die Vorverlegung so:
Dass Biden in der Auseinandersetzung im Fernsehen eine bessere Figur macht als sein Widersacher, ist zwar alles andere als sicher. Dennoch lassen die beunruhigten Reaktionen einiger Republikaner-Kolleg:innen nun erahnen, dass Bidens Move eine gute Idee war.
Ein Bericht des US-Nachrichtenportals "The Hill" zitiert einige – teils anonyme – Senatsmitglieder der Republikaner. Einige von ihnen sind fast schon panisch wegen der Verlegung des TV-Duells.
Trump begründete die Annahme des Biden-Angebots mit den Worten: "Er [Biden] kann keine zwei Worte aneinanderreihen." Viele fühlen sich bei diesen Ausführungen an den vergangenen Wahlkampf erinnert.
"Das macht keinen Sinn", kommentiert ein anonymer Abgeordneter, der wie einige andere noch die TV-Duelle Trumps und Bidens von 2020 im Kopf hat. Schon damals gab sich Trump großkotzig vor den Debatten, wusste dann aber nicht zu überzeugen. "Es war eine Katastrophe. [...] Biden ist bereit, mit ihm zu debattieren und wird darauf vorbereitet sein, und Trump wird Trump sein."
Auch ein weiterer Senator, John Cornyn, findet Trumps arrogante Strategie im Vorfeld des Duells deplatziert. Man solle eher zu wenig versprechen und anschließend die Erwartungen übertreffen.
Doch nicht alle sind derart pessimistisch. Senator Markwayne Mullin sieht Trumps Kommunikationsstrategie als eine Art Marketing für das TV-Duell. "Er war schon immer ein guter Vermarkter." Trump wolle Biden damit ködern.
Ob dieser den Köder aufnimmt, bleibt bis zum 27. Juni – beziehungsweise 28. Juni deutscher Zeit – abzuwarten.