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Ukraine: Wagner-Chef Prigoschin teilt erneut gegen Kreml aus

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Bachmut soll derzeit zwar in russischer Hand sein. Wenn man Jewgenij Prigoschins Aussagen Glauben schenkt, sind seine Wagner-Truppen jedoch aufgerieben.Bild: ap / Prigozhin Press Service / Uncredited
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Ukraine: Wagner-Chef Prigoschin teilt erneut gegen Kreml aus

24.05.2023, 18:05
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Der Chef der als blutrünstig berüchtigten Wagner-Gruppe, Jewgenij Prigoschin, ist für Russlands schmutzige Geschäfte zuständig. Er gilt als Putins Koch.

Dennoch will der Kreml weiterhin offiziell nichts mit den Machenschaften der Söldner-Truppen zu tun haben.

Zuletzt klagte Prigoschin, vor einem Berg an russischen Soldaten-Leichen stehend, ihm gehe die Munition aus. Seine Söldner könnten sich deshalb nicht mehr verteidigen.

Doch auch die Söldner selbst gehen ihm scheinbar zunehmend aus. So lässt es zumindest eine kürzlich veröffentlichte Stellenanzeige der Söldner-Gruppe vermuten, in der händeringend nach neuen Soldaten gesucht wurde.

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Prigoschin machte kürzlich mehrfach klar, was er vermeintlich von der Kremlführung hält. Nun wird er in einem neuen Video deutlicher denn je.

Prigoschin warnt vor Niederlage Russlands

Vergangene Woche verkündete Wagner-Chef Prigoschin noch, die Stadt Bachmut sei von Russland eingenommen worden. Am Rande des G7-Gipfels dementierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dies jedoch.

Trotzdem hat Prigoschin in einem Interview mit dem kremlnahen Blogger Konstantin Dolgow nun sogar vor einer Niederlage Russlands gewarnt. "Wir müssen uns auf einen sehr schweren Krieg vorbereiten", sagte der Wagner-Chef demnach in dem in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichten Video.

Er ist überzeugt: Damit Russland nicht verliert, muss das Land den Kriegszustand ausrufen und die Wirtschaft auf die Produktion von Munition umstellen. "Wir sollten neue Mobilmachungen einleiten", sagte der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin. Alle sollten nur für den Krieg arbeiten.

Weiter stritt er ab, dass die Wagner-Gruppe die "militärische Spezialoperation", wie sie immer noch in Russland genannt wird, begonnen habe. Das seien andere gewesen. Der Krieg wurde am 24. Februar 2022 durch Putin angeordnet. Prigoschin erinnerte an die zahlreichen Niederlagen der russischen Streitkräfte, beschrieb, dass diese sich vor Kiew und Cherson in die "Hose gemacht" hätten. Er betonte allerdings ebenso, dass der begonnene Kampf nun auch zu Ende gebracht werden müsse.

HANDOUT - 20.05.2023, Ukraine, ---: Das Standbild aus einem vom Prigoschin-Pressedienst via AP am 20.05.2023 veröffentlichten Video soll zeigen, wie Angehörige der Wagner-Gruppe eine russische Nationa ...
Ein Standbild eines Videos des Prigoschin-Pressedienstes soll zeigen, dass die Wagner-Gruppe Bachmut eingenommen habe.Bild: Prigozhin Press Service / Uncredited

Wagner-Chef Prigoschin lobt ukrainisches Militär

Darüber hinaus äußerte sich Prigoschin sogar positiv über die Ukraine. Das Land habe heute viel mehr und schwerere Waffen und mehr kämpfendes Personal als vor dem Krieg. Russland habe das Land in Wahrheit "militarisiert" – und nicht etwa das Gegenteil, wie es eigentlich von Putin propagiert wird.

Der Wagner-Chef lobte sogar die ukrainische Armee als eine der besten der Welt:

"Sie verfügen über ein hohes Maß an Organisation, ein hohes Ausbildungsniveau, ein hohes Maß an geheimdienstlicher Aufklärung. Sie haben verschiedene Waffen. Sie arbeiten mit allen Systemen – sowjetischen oder von der Nato – gleichermaßen erfolgreich."

Die Kremlführung hingegen kritisierte Prigoschin zum wiederholten Male. Weder die geforderte Munition noch die benötigten Söldner habe Prigoschin bisher bekommen. Er meint: Der gesamte Donbass könnte schon erobert sein, wenn er die 200.000 angeforderten Soldaten Verstärkung bekommen hätte.

Wagner habe heute 6000 Männer, die eine Kompanie führen könnten. Diese wiederum könnten laut ihm eine Armee von 600.000 Soldaten steuern.

Das Ignorieren der Forderung begründete Prigoschin mit Ängsten in der Militärführung Russlands. Die Wagner-Truppen könnten sich demnach womöglich gegen den russischen Machtapparat stellen und am Ende in Moskau einmarschieren, sagte er.

Die eigenen Verluste bei der Schlacht um die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk gab der Wagner-Chef erstmals mit 20.000 getöteten Soldaten an, davon die Hälfte Rekrutierte aus Gefängnissen. Experten gehen von höheren Todeszahlen aus.

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Verteidigungsminister Sergei Schoigu ist immer wieder die Zielscheibe Prigoschins.Bild: IMAGO images/ITAR-TASS

Warnung vor Revolution

In dem auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichten Video warnt Prigoschin sogar vor einer Revolution, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Er sagte, wenn Zivilisten in Russland ihre Kinder in Särgen zurückbekämen, während sich die Kinder der Staats- und Militärführung im Ausland sonnten, werde es früher oder später zu Unruhen kommen. "Das kann in einem Bürgerkrieg und in einer Revolution enden."

Um das zu verhindern, müsste die russische Militärführung den Konflikt "endlich ernst nehmen". Er forderte: "Militärisch sind wir in einem Zustand, in dem wir Russland als Land verlieren könnten. Deshalb müssen wir das Kriegsrecht ausrufen."

Zudem machte er erneut Verteidigungsminister Sergei Schoigu und den Generalstabschef der russischen Armee, Waleri Gerassimow, verantwortlich für Russlands Verluste. Sie müssten ausgetauscht werden.

(Mit Material der dpa)

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