Viktor Orban gewann die ungarischen Parlamentswahlen.Bild: Getty Images Europe / Janos Kummer
International
Ein Wahlsieg der Rechten galt als wahrscheinlich. Dass er derart klar
ausfiel, überraschte selbst das Regierungslager. Die Mehrheit der
Ungarn ist mit Viktor Orban offenbar zufrieden.
Der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orban
hat bei der Parlamentswahl in Ungarn einen unerwarteten Triumph
gefeiert. Seine Fidesz-Partei kam nach Auszählung von 96 Prozent der
Stimmen auf 53 Prozent, wie das Wahlbüro in der Nacht zum Montag
mitteilte. Damit könnte sie 135 der 199 Parlamentsmandate errungen
haben. Orban kann voraussichtlich zum vierten Mal in Folge mit einer
verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren.
Enttäuschung für die Opposition
Das Oppositionsbündnis "Ungarn in Einheit" schnitt weit unter den
Erwartungen ab. Der Zusammenschluss von sechs Parteien aus dem
linken, grünen, liberalen und rechten Spektrum kam auf nur 35 Prozent
der Stimmen und 56 Mandate. Die Meinungsumfragen vor der Wahl hatten
für die Fidesz-Partei einen Vorsprung von einem bis zehn
Prozentpunkten ermittelt.
Den Einzug ins Parlament schaffte außerdem die rechtsradikale Partei
Unsere Heimat mit sechs Prozent der Stimmen und sieben Mandaten. Ein
für Nationalitäten erreichbares Mandat ging an den Vertreter der
deutschen Minderheit, der als Verbündeter der Fidesz-Partei gilt. Die
Wahlbeteiligung lag bei knapp 70 Prozent und war damit ähnlich hoch
wie vor vier Jahren.
Konflikte mit der EU und der Ukraine
"Wir haben einen gewaltigen Sieg errungen", sagte Orban in der
Wahlnacht vor jubelnden Anhängern. "Einen so gewaltigen Sieg, dass
man ihn sogar vom Mond aus sieht, aber von Brüssel aus ganz gewiss."
Damit spielte er auf seine permanenten Konflikte mit der EU an, der
sein Land seit 2004 angehört.
"Enorme internationale Kraftzentren haben sich gegen uns in Stellung
gebracht", führte er weiter aus. Unter die zahlreichen Feinde seiner
nationalistischen Politik zählte er "die internationale Linke,
Brüssel, die internationalen Medien und den ukrainischen
Präsidenten." Wolodymyr Selenskyj hatte Orban zuletzt aufgefordert,
von Kremlchef Wladimir Putin abzurücken und sich auf die Seite der
von Russland angegriffenen Ukraine zu stellen.
Spitzenkandidat bezieht Stellung
Der Spitzenkandidat der Opposition, Peter Marki-Zay, gestand die
Niederlage ein. "Unter ungleichen Bedingungen,
mit zusammengebundenen Beinen, mit einer Lanze im Rücken sind wir in
diesen Kampf gegangen, doch wir haben nicht gewonnen."
"Es war ein ungleicher und chancenloser Kampf, aber wir haben uns ihm gestellt"
Peter Marki-Zay
Marki-Zay, ein parteiloser Konservativer, ist Bürgermeister der
südostungarischen Kleinstadt Hodmezövasarhely. Die Oppositionsallianz
hatte ihn im vergangenen Herbst in selbst organisierten Vorwahlen zu
ihrem Spitzenkandidaten gekürt.
Gründe für Orbans großen Erfolg
Wahlforscher führten den unerwartet deutlichen Erfolg des
Regierungslagers darauf zurück, dass die Mehrheit der Wähler mit den
Zuständen im Land zufrieden sei. In der seit zwölf Jahren währenden
Regierungszeit Orbans hatten sich die Lebensbedingungen für viele
Ungarn verbessert.
Zugleich sei es dem Regierungschef gelungen, die Gemüter angesichts
des russischen Kriegs gegen die Ukraine zu beruhigen. Mit seiner
Beteuerung, dass nur er "Ungarn aus dem Krieg heraushalten" könne,
täuschte er über sein enges Verhältnis zur Führung in Moskau hinweg.
Die Sanktionsmaßnahmen der EU gegen Russland trug er halbherzig mit.
Die Opposition beschuldigte er wiederum, ohne Beweise vorzulegen,
dass sie das Land "in den Krieg hineinziehen" würde.
Kontrolle der Medien
Orbans Dominanz über die Politik in Ungarn weist Kritikern zufolge
autoritäre Züge auf. Unabhängige Zeitungen, Radiosender und
Internet-Portale schaltete er aus, meist indem er sie von ihm
nahestehenden Oligarchen aufkaufen ließ. Im Wahlkampf war der
Opposition im Vergleich zur Fidesz-Werbung gerade mal ein Achtel der
Plakatflächen zugeteilt worden. In den öffentlich-rechtlichen Medien
wird die Orban-Regierung seit zwölf Jahren kritiklos gelobt, während
Oppositionelle entweder ignoriert oder diffamiert werden.
(crl / dpa)
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Ganz anders als sein Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Der will trotzdem Kanzlerkandidat seiner Partei werden.