Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wenig von queeren Menschen hält, ist weithin bekannt. Doch als EU-Beitrittskandidat waren die Möglichkeiten, seinen Hass auszuleben, allerdings meist begrenzt. Und das sind sie eigentlich noch immer.
Doch kommt es nicht selten vor, dass sich der türkische Präsident abfällig und beleidigend über queere Menschen äußert und dafür dann Applaus von seinen Wähler:innen bekommt. Im Herbst 2022 hat er bereits härtere Schritte gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und trans* Menschen angekündigt. Seine Argumentation: Die traditionelle Familie sei in Gefahr – und damit auch der Staat.
"Eine starke Nation setzt eine starke Familie voraus", sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu im Oktober. Und: "In letzter Zeit haben sie der Gesellschaft LGBT untergejubelt. Mit LGBT streben sie danach, unsere Familienstruktur zu degenerieren".
Nun – wenige Wochen vor den Wahlen in der Türkei – hat Erdoğan neue Drohungen in Richtung der LGBT-Community ausgesprochen. Und auch die lassen in Sachen Abwertung nichts zu wünschen übrig.
"Wir werden aktiv gegen perverse Tendenzen wie LGBT vorgehen, die unsere Familienstruktur bedrohen", sagte Erdogan am Montagabend laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
Teilen der Opposition machte der Präsident hingegen einen Vorwurf daraus, sich für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans* Menschen auszusprechen.
Erdoğan, seine regierende AKP sowie ihr Partner, die ultranationalistische MHP, tragen ihre homo- und transfeindliche Gesinnung offen zur Schau und finden damit Anklang in ultrakonservativen Wählerkreisen.
Tausende im Land gingen 2022 auf die Straße, um ihre Ablehnung der LGBT-Community zu demonstrieren. Den Austritt aus der Istanbul-Konvention zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen 2021 rechtfertigte die Regierung etwa damit, dass das Abkommen Homosexualität normalisiere.
Menschenrechtler:innen und Aktivist:innenen kritisieren seit Jahren ein zunehmend feindliches Klima, vermehrte Hassrede gegen und Unterdrückung von LGBT in der Türkei.
Zu den Wahlen am 14. Mai um das Präsidentenamt und das Parlament tritt Erdogan unter anderem im Bündnis mit islamistischen Parteien an. Sie, aber auch die dem größten Oppositionsbündnis angehörende Saadet Partei, äußern sich offen LGBT-feindlich.
(jor/dpa)